Hamburg. In einigen Restaurants kommt man mit Münzen und Scheinen nicht weit. Immer mehr Betreiber setzen auf Kartenzahlung – die Gründe.

Das Café Good One in Eimsbüttel hat es schon getan, die Bar Le Lion an der Rathausstraße ebenfalls und auch die Kette Public Coffee Roasters: Sie haben die Barzahlung in ihren Geschäften abgeschafft. In diesen und vielen weiteren Lokalitäten in Hamburg können die Kunden ausschließlich mit der Karte oder dem Smartphone bezahlen. Wieso immer mehr Betreiber Abstand von der Barzahlung nehmen.

Im Restaurant Koer an der Maria-Louisen-Straße in Winterhude hat noch nie ein Schein den Besitzer gewechselt. Seit Geschäftsführer und Restaurantleiter Joshua Stagraczynski seine Gastronomie im Herbst eröffnet hat, können Gäste hier ausschließlich mit der Karte zahlen. Bisher sei er mit seiner Entscheidung „superglücklich“, denn „in der Gesamtkostenrechnung ist das deutlich günstiger für uns“, sagt der junge Unternehmer.

Restaurant Hamburg: Wieso diese Gastronomen auf Bargeld verzichten

Zwar zahlen Betreiber je Kartenzahlung Transaktionskosten, erzählt er. Doch das stünde in keinem Verhältnis zu den Zusatzkosten, die ihm die Bargeldzahlung verursacht. „Man muss das Geld nicht ständig zur Bank bringen, spart an Versicherungen oder einem Safe, und die Abrechnung ist nur ein Knopfdruck“, so Stagraczynski. Insbesondere Letzteres, die abendliche Abrechnung, könnte unter Umständen stundenlang dauern, was Personalkosten bedeute – gerade weil zu später Stunde Nachtzuschläge anfallen. Auch Einbrecher, die es auf die Bargeldkasse abgesehen haben, brauche er nicht zu fürchten.

„Politisch möchte ich das gar nicht bewerten“, so Stagraczynski. „Wir haben uns aus betriebswirtschaftlichen Gründen dafür entschieden.“ Obwohl er verstehen könne, dass sich mancher Sorgen darum macht, aufgrund der vielen Kartenzahlung im Alltag zum „gläsernen Bürger“, also rückverfolgbar, zu werden. Positiv überrascht sei er daher ob des Zuspruchs seiner Kunden. Einwände gegen die Kartenzahlung habe er bislang beinahe keine angetragen bekommen.

Gastronom berichtet: Viele geben trotz Kartenzahlung Trinkgeld

Ähnlich glücklich über die Entscheidung, auf Bargeld zu verzichten, ist Julian Münder, Geschäftsführer des Bar-Restaurant-Hybriden Player in Altona-Ottensen. Bis zu 600 Bestellungen nehmen die Angestellten hier am Abend entgegen. Dass dementsprechend große Bargeldmengen im Minutentakt den Besitzer wechseln, hält Münder nicht für sinnvoll. „Dann müsste ich dreimal in der Woche zur Bank und Münzrollen für das Wechselgeld holen“, sagt er, „und für die Abrechnungen wären die Mitarbeiter abends mindestens eine Stunde länger da. Am nächsten Tag muss das auch noch jemand nachzählen und kontrollieren.“ Ein vermeidbarer Akt angesichts der Schwierigkeiten, Personal zu finden, meint Münder.

Fünf bis acht Cent Transaktionskosten zahle er je Kartenzahlung, „das ist immer noch dramatisch viel günstiger als alles, was mit Bargeld zu tun hat.“ Ihm zufolge würden die Gäste zudem mehr Trinkgeld geben, wenn sie mit der Karte zahlen. Denn das Lesegerät schlage Trinkgeld-Beträge, die auf prozentualen Anteilen an der Gesamtsumme beruhen, vor. „Viele geben dann solide zehn Prozent“, sagt Münder.

„Keine Querelen, kein Falschgeld“, zählt der Gastronom weitere Vorteile der Kartenzahlung auf. Beschwerden erreichten ihn kaum, und seit er die minderwertigeren gegen qualitativere Kartengeräte getauscht hat, gebe es auch keine technischen Probleme mehr.

Kartenzahlung gegen Schwarzgeld: Gastronomen wehren sich gegen Vorurteile

Julia Bode, Sprecherin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Hamburg (Dehoga), berichtet von einem Trend zur Kartenzahlung in der Gastronomie. „Die Gründe hierfür sind sicher vielfältig“, so die Sprecherin. „Banken nehmen für Bargeld-Handling Gebühren, Gäste geben mehr Geld aus, wenn sie mit Karte zahlen, Gastronomen müssen aufgrund von Personalmangel mit weniger Personal arbeiten und können so Bestell- und Bezahlprozesse verschlanken.“

Das Schwarzgeld-Vorurteil treffe die Branche noch immer hart. Ein nicht unerheblicher Teil der Gastronomen wolle daher mit der Kartenzahlung auch signalisieren, dass Steuerhinterziehung durch den Geldeinzug mit Schnittstelle zum Finanzamt nicht möglich ist, sagt Bode.

Dazu zählt auch Joshua Stagraczynski aus dem Koer. Der junge Unternehmer schätzt an der Kartenzahlung die eigene Gewissheit, dass hinsichtlich der Geldflüsse alles mit rechten Dingen zugeht. Wäre in seinem Betrieb Bargeldzahlung erlaubt, würde das Finanzamt das Restaurant als „bargeldintensiven Betrieb“ listen, erklärt er. „Dann könnte das Finanzamt schon bei einem kleinen Fehler unsere Buchhaltung kippen.“ Dank der Kartenzahlung sieht er sich auf der sicheren Seite.

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Weitere Hamburger Lokalitäten, in denen kein Bargeld mehr akzeptiert wird, sind zum Beispiel die Donutkette Brammibals am Gänsemarkt, der Hatkortstraße, am Neuen Kamp und in der Wandelhalle, die vegane Bäckerei Kjeks in der Sternschanze, die Burgerkette Vincent Vegan mit Filialen in der Europa Passage und dem Hauptbahnhof, das Café Ændrè am Lehmweg oder die vietnamesische Ban Canteen am Weg Beim Grünen Jäger.

Noch sei es allerdings nicht so weit, dass Betriebe von Gästen erwarten sollten, dass jeder seinen Kaffee mit Karte bezahlen kann und möchte, warnt Dehoga-Sprecherin Bode. „Zumindest bekommen wir das Feedback aus den Betrieben, dass Gäste sich die Freiheit, den Bezahlprozess selber zu bestimmen, nach wie vor wünschen.“ Das bestätigen auch Zahlen des Handelsforschungsinstituts EHI. Dem EHI zufolge wurden beispielsweise im Jahr 2022 noch immer 59,4 Prozent aller Zahlungen an Ladenkassen mit Bargeld getätigt.