Hamburg. Hamburg will seit Jahresbeginn Unterbringung im Gewahrsam in Rechnung stellen – nach festen Sätzen. Bisher jedoch kein Cent kassiert.

Anfang dieses Jahres verkündete die Hamburger Innenbehörde, dass für Ingewahrsamnahmen nunmehr Gebühren fällig werden. Seitdem wurden in Hamburg bis Ende November 8274 solche freiheitsentziehenden Maßnahmen nach dem Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, kurz SOG, durchgeführt. Gebühren kassiert hat die Stadt seither aber nicht. Selbst sieben Klimaaktivisten der Letzten Generation, die zwei bis neun Tage nach dem SOG in der Untersuchungshaftanstalt festgehalten worden waren, zahlten trotz mehrerer zugestellter Bescheide bislang keinen Cent. Das ergab die Antwort des rot-grünen Senats auf eine Kleine Anfrage der CDU.

Letzte Generation: „Klimakleber“ zahlten trotz Gebührenbescheids nichts

Eigentlich sollten die festgehaltenen „Klimakleber“ Beträge zwischen 643,62 Euro und 1646,65 Euro, insgesamt 8198,51 Euro, für ihre zwei- bis neuntägige „Unterbringung“ bezahlen, durch die verhindert wurde, dass sie sich in der Zeit an weiteren Blockaden oder vergleichbaren Aktionen beteiligten.

„In zwei der genannten Fälle kam es nicht zu einer Gebührenerhebung, da das Landgericht Hamburg zuvor die Rechtswidrigkeit der Ingewahrsamnahme im Einzelfall festgestellt hatte“, heißt es vom rot-grünen Senat. Und weiter: „In insgesamt drei Fällen wurden Widersprüche gegen die jeweiligen Gebührenbescheide eingelegt“. Deren Bearbeitung wurde von der Behörde zunächst eingestellt, da gegen die Maßnahme der Ingewahrsamnahme bereits weitere Beschwerden beim Landgericht anhängig sind. Nach Abschluss der Verfahren sei jedoch die Weiterbearbeitung im Rahmen der Widerspruchsverfahren gegen die Gebührenerhebung vorgesehen.

Eigentlich hatte der Senat durch die Gebühren für Ingewahrsamnahmen mit Einnahmen von rund einer Million Euro pro Jahr gerechnet. Die setzten sich aus allerlei Einzelposten zusammen. So wird die Fahrt zum Verwahrraum mit einem Polizeifahrzeug mit mindestens einem Euro pro Kilometer berechnet. Der zwangsweise Aufenthalt im Polizeigewahrsam kostet die ersten sechs Stunden 40 Euro. Der Einsatz von Polizisten im Zusammenhang mit einer Ingewahrsamnahme wird mit 33,20 Euro pro jeder angefangenen halben Stunde je Beamter angesetzt. Ab Januar soll dieser Satz um 1,90 Euro auf 35,10 Euro angehoben werden.

Sechs Stunden im Gewahrsam kosten 40 Euro

Bei der Einführung der Gebühren für Ingewahrsamnahmen, die immer dann durchgeführt werden, wenn eine Gefahr von einer Person ausgeht oder sie sich selbst etwas antun könnte, ohne dass es bereits zu einer Straftat kam, hatte man noch darauf gehofft, in 7000 Fällen durchschnittlich 145 Euro einnehmen zu können. Nicht zur Kasse gebeten werden Personen, die keinen festen Wohnsitz haben. Der Aufwand ist der Behörde offenbar zu hoch.

Wie viele potenzielle Gebührenbescheide deshalb in diesem Jahr wegfielen, weiß der Senat nicht, da es nicht statistisch erhoben wird.

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Die meisten Personen, die in Gewahrsam genommen wurden, blieben unter sechs Stunden bei der Polizei. Das betraf 5558 Personen und entspricht knapp über 67 Prozent aller Ingewahrsamnahmen. Mehr als 20 Stunden blieben lediglich 20 Personen in diesem Jahr in Hamburg in Polizeigewahrsam. Darin sind nicht die sieben Langzeitingewahrsamnahmen der Klimaaktivisten der Letzten Generation enthalten.

CDU kritisiert: Falschparker müssen bezahlen, andere nicht

Dennis Thering, Fraktionsvorsitzender der CDU in der Hamburgischen Bürgerschaft, ist erbost. „Seit fast einem Jahr werden in Hamburg Gebühren für polizeiliche Ingewahrsamnahmen erhoben. Das aber nur theoretisch“, so Thering. Die Praxis zeige, dass der Senat kaum entsprechende Bescheide erlässt, noch das Geld eintreibt. „In Anbetracht leerer Kassen und dem Umstand, dass er beispielsweise Falschparker regelmäßig zur Kasse bittet, ist das absolut nicht nachvollziehbar“, findet Thering.

Er fragt sich, wozu Innensenator Andy Grote erst Regelungen erließ, sie dann aber „ins Leere“ laufen ließ. Auch Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) ist enttäuscht. „Man kann nur hoffen, dass, welche Probleme auch immer bestehen, diese mit dem kommenden Jahr behoben werden.“