Hamburg. Weiterentwicklung zum Quartiersparken mit Erleichterungen für Firmen und Vereine liegt auf Eis. Was das für Betroffene bedeutet.
Das Anwohnerparken erhitzt weiterhin die Gemüter im Bund und in Hamburg – weil nun ausgerechnet ein FDP-Bundesminister eine Reform zugunsten von Handwerkern und Betrieben ausbremst.
Hintergrund: Der grüne Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks hatte zusammen mit anderen Bundesländern über den Bundesrat eine Weiterentwicklung des offiziell als „Bewohnerparken“ bezeichneten Systems zu einem Quartiersparken vorangetrieben. Dafür sollte das bundesweit gültige Straßenverkehrsgesetz so geändert werden, dass ansässige Unternehmen und soziale Institutionen, aber auch Sport- und Sozialverbände die gleichen Parkrechte bekommen wie Anwohnerinnen und Anwohner. Der Bundesrat stimmte zu.
Anwohnerparken: FDP-Minister stellt sich gegen Wünsche der Wirtschaft
Der Bundestag aber segnete das Vorhaben nicht direkt ab, sondern forderte die Bundesregierung erst einmal auf, einen rechtssicheren Entwurf vorzulegen, um das Bewohnerparken bundesweit zu reformieren. Dieser Auftrag liegt nun im Ministerium von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) – und der sieht die Idee des für die Hamburger Wirtschaft so wichtigen Quartiersparkens offenbar kritisch und hat es jedenfalls nicht eilig, sie umzusetzen.
„Die Weiterentwicklung des Bewohnerparkens zu einem Quartiersparken bedarf einer eingehenden Prüfung“, schrieb das Bundesverkehrsministerium jetzt auf eine Abendblatt-Anfrage. „Die Ausdehnung von Parkvorrechten auf gebietsansässige Betriebe und Institutionen wirft unter anderem die Frage auf, ob Folgeregelungen erforderlich sind.“ Das Ministerium betonte, dass die Länder bereits heute „Handwerkerparkausweise oder Ausnahmegenehmigungen im Einzelfall erteilen“ könnten. Die Straßenverkehrsordnung ermögliche schon jetzt „passgenauere Lösungen, die den Handlungsbedarf vor Ort stärker berücksichtigen als eine bundesweite Regelung“.
Parken in Hamburg: Ausgerechnet FDP-Minister bremst Reform aus
Mithin: Der FDP-Minister legt offenbar keinen gesteigerten Wert auf die in Hamburg etwa von Handwerks- oder Handelskammer geforderte generelle Öffnung des Bewohnerparkens für Firmen, Vereine oder soziale Einrichtungen – und stellt sich damit gegen die Wünsche der Hamburger Wirtschaft.
Damit ist nun völlig unklar, wie es mit dem Bewohnerparken weitergeht. Den Unternehmen bleibt zunächst keine andere Wahl, als auch weiterhin massenhaft Sondergenehmigungen für Parkplätze zu beantragen und auf viele Bewilligungen zu hoffen. Statt einer einfachen Lösung wird es also weiterhin bei einem Bürokratiewust bleiben.
Handwerkskammer: Kaum noch pragmatische Lösungen für konkrete Probleme
„Das Ganze zeigt, wie schwierig es mittlerweile in Deutschland ist, schnell pragmatische Lösungen für konkrete Probleme zu finden. Erstaunlich ist auch, dass ausgerechnet ein FDP-Minister hier bremst“, sagte Handwerkskammer-Präsident Hjalmar Stemmann dem Abendblatt. „Dass die Weiterentwicklung des Bewohnerparkens zu einem Quartiersparken auch für Betriebe erst mal wieder vom Tisch ist, ist wirklich ärgerlich. Mit Ausnahmegenehmigungen kann man den Wirtschaftsverkehr zeitweise über Wasser halten. Eine Dauerlösung, zumal in einer Metropole wie Hamburg, muss jedoch anders aussehen.“
In der Behörde des grünen Verkehrssenators Tjarks ist man zwar enttäuscht, dass der Vorstoß zum Quartiersparken im Bund nicht sofort umgesetzt wurde. Man betont aber, dass die Stadt mittlerweile sehr viele Sondergenehmigungen ausstellt. „Die Verkehrsbehörde hat in Abstimmung mit dem runden Tisch Parkraummanagement auf Basis der aktuell geltenden bundesweiten Rechtslage die Kriterien für Ausnahmegenehmigungen noch einmal gelockert und flexibilisiert“, sagte Tjarks-Sprecher Dennis Heinert. „In der Folge werden seitdem fast 90 Prozent der Anträge auf das Parken am Betriebssitz positiv beschieden – 2020 lag dieser Wert bei rund 30 Prozent. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.“
Verkehr Hamburg: Stadt erteilt immer mehr Ausnahmegenehmigungen
Tatsächlich zeigt auch eine Senatsantwort auf eine CDU-Anfrage, dass mittlerweile die allermeisten Anträge auf Sondergenehmigungen bewilligt werden. Bei den Anträgen auf „Parken beim Kunden“ lag die Genehmigungsquote bis Ende November demnach bei fast 97 Prozent. Die Anträge auf „Parken am Standort“ wurden in insgesamt 77 Prozent der Fälle genehmigt (im September sogar zu 90 Prozent) und die auf Schichtdienst-Kontingente zu 100 Prozent. Seit dem vergangenen Sommer sind die Genehmigungsquoten deutlich gestiegen.
„Der Murks beim Anwohnerparken geht weiter“, sagte CDU-Fraktionschef Dennis Thering dem Abendblatt. „Nachdem SPD und Grüne in der gesamten Stadt ohne Sinn und Verstand Bewohnerparkgebiete eingeführt haben, ist es jetzt völlig unklar, wie es in Hamburg weitergeht.“
CDU Hamburg: „Verweis auf den Bund ist eine Nebelkerze des grünen Verkehrssenators“
Zwar zeige die Senatsantwort, dass die Genehmigungsquote für das wichtige Parken am Standort „nach dem massiven Druck aus der Hamburger Wirtschaft und der CDU Hamburg mittlerweile auf knapp 77 Prozent gestiegen“ sei, „aber dies ist noch immer viel zu niedrig“, so Thering. „Bedrückend ist auch, dass die Genehmigungsquote im Oktober wieder gefallen ist.“
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Kritik daran, dass die CDU im Bund gegen die von der Wirtschaft gewünschte Weiterentwicklung zu einem Quartiersparken gestimmt hat, lässt Thering nicht gelten. Auch ohne gesetzliche Änderungen habe der Senat bereits genug Möglichkeiten. „Der Verweis des Verkehrssenators Tjarks auf die Bundesebene ist eine Nebelkerze“, so Thering. „Es liegt schon lange im Ermessen der Behörde, mehr Ausnahmegenehmigungen für Handwerksbetriebe auszustellen und diese viel serviceorientierter zu organisieren. Die Stadt Köln macht es beispielhaft vor. Wenn SPD und Grüne es wollten, könnten Sie Handwerkern das Leben sofort erleichtern – davon profitieren alle Hamburgerinnen und Hamburger, die ohnehin lange auf Handwerkerleistungen warten müssen.“
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Die Verkehrsbehörde weist die Kritik zurück. Eines aber ist auch für die Tjarks-Behörde klar: Eine Ausweitung des Bewohnerparkens werde es angesichts der unklaren Lage in Hamburg zunächst weiterhin nicht geben, so Behördensprecher Heinert. „Das Moratorium gilt weiter.“