Hamburg. Innensenator fehlte im Ausschuss mit Corona. Scheidender Flughafenchef will nach Geiselnahme siebenstellig in Sicherheit investieren.
Der Sitzungssaal im zweiten Stock am Adolphsplatz 6 war bis auf den letzten Platz besetzt, als am späten Donnerstagnachmittag noch einmal das Geiseldrama am Hamburger Flughafen politisch aufgearbeitet wurde. Wobei: Ein prominenter Platz blieb beim gemeinsamen Innen- und Wirtschaftsausschuss dann doch frei. Andy Grote musste sich entschuldigen lassen. Der ärgerliche Grund, der derzeit auch nicht vor dem Innensenator halt macht: Corona.
Flughafen Hamburg: Flughafenchef will massiv in die Sicherheit investieren
Ohne Grote wurde noch einmal zwei Stunden lang der Ablauf und die Lehren aus der Geiselnahme vom 5. und 6. November debatiert. Zur Erinnerung: Ein Vater hatte seine vierjährige Tochter entführt und war anschließend mit ihr zum Flughafen gefahren, wo er eine Reise in seine türkische Heimat erpressen wollte. Knapp 19 Stunden lang hielt der Täter das Mädchen in seiner Gewalt – und ganz Hamburg in Atem. Am Ende ging das Drama ohne Verletzte gut aus, zog aber die Frage nach sich, warum der Mann mit einem Privatauto auf das Rollfeld gelangen konnte und ob die Sicherheitsmaßnahmen am Hamburger Flughafen ausreichen.
Die eindeutige Antwort auf die letzte Frage: nein. So schilderte der in der kommenden Woche scheidende Flughafenchef Michael Eggenschwiler, welches Maßnahmenpaket unmittelbar nach dem Ende der Geiselnahme für eine verbesserte Sicherheit am Airport verabschiedet wurde. Massive Falttore und hydraulisch versenkbare Poller sollen an den Zu- und Ausfahrten ein unberechtigtes Eindringen auf das Flugfeld verhindern, sagte der Schweizer bei einer gemeinsamen Anhörung des Innen- und Wirtschaftsausschusses. Notfalltore würden mit Betonpollern verstärkt, die mit Stahlseilen verbunden würden.
Baumaßnahmen am Hamburger Flughafen sollen mehr als eine Million Euro kosten
Die Kosten der Maßnahmen sollen eine Million Euro übersteigen. Allerdings könnte es gut angelegtes Geld sein. So erläuterte Eggenschwiler, dass die Geiselnahme den Flughafen einen Erlösaufall von rund 500.000 Euro eingebrockt hätte – zudem hätten die Sofortmaßnahmen an dem Wochenende rund 50.000 Euro verschlungen.
Doch auch bundesweit sollen die Standards überprüft werden. Hamburgs Staatsrat Thomas Schuster, der den kranken Grote vertrat, erläuterte, dass die Innenministerkonferenz in der vergangenen Woche den Bund nach dem Vorfall aufgefordert hatte, bundeseinheitliche Regelungen zu prüfen, mit denen ein Eindringen auf Flughafengelände künftig verhindert werden könne. Zudem habe man um eine Anpassung der Rechtslage erbeten. Denn was kaum einer weiß: Anders als beispielsweise die Flughäfen von Frankfurt oder München gehört Hamburgs Airport nicht zur kritischen Infrastruktur.
Flughafen Hamburg: Nicht alle Detailfragen zur Sicherheit konnten beantwortet werden
Wie anfällig der Flughafen schon in der Vergangenheit war, zeigte auch ein Zwischenfall im Sommer. So hatten am ersten Tag der Sommerferien Klimaaktiven der „Letzten Generation“ den Zaun ganz einfach aufgeschnitten und waren mit Fahrrädern auf das Rollfeld gelangt. Nach Angaben des Flughafens vom Freitag fielen in der Folge insgesamt 68 Flüge aus, rund 10.000 Passagiere waren verspätet oder gar nicht zu ihren Urlaubszielen gekommen.
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Nun habe man neue Spezialkameras mit einer ganz besonderen Alarm-Sensorik am Zaun als Testinstalation bis Ende 2023 aufgebaut, sagte Eggenschwiler. Obwohl der Flughaen eine 22 Kilometer lange Grenze zwischen Landeseite und Sicherheitsbereich habe, soll ein ähnlicher Vorfall nun nicht mehr möglich sein.
Weitere Sicherheitsrelevanten Detailfragen wollten die Flughafenverantwortlichen mit dem Verweis auf die Sicherheitslage in dem öffentlichen Ausschuss nicht beantworten. Allerdings würde man das zeitnahe in einer nicht-öffentlichen Befragung nachholen können. Dann sicherlich auch wieder mit dem bis dahin hoffentlich genesenen Innensenator Andy Grote.