Hamburg. Eine ältere Frau allein verlor 339.000 Euro. Gericht verurteilt Angeklagte zu Haftstrafen. Wie sich die Männer erklärten.

Am Ende, als sie ihr Geld und ihren Schmuck herausgegeben hatte, wünschte die Seniorin ihrem Gegenüber noch gut gelaunt einen „fröhlichen Tag“. Sie glaubte, sie habe es mit einem Polizeibeamten namens Fröhlich zu tun, und sie verließ sich darauf, dass ihr Erspartes nun in guten Händen sei. Doch der Mann, dem sie ihre Wertsachen anvertraute, hieß nicht Fröhlich, war vor allem kein Freund und Helfer – sondern vielmehr Teil eines Netzwerks, das es darauf anlegte, als „falsche Polizisten“ insbesondere ältere Menschen um ihr Vermögen zu bringen.

Am Dienstag verurteilte das Landgericht Hamburg drei Männer, die sich an der perfiden Betrugsmasche beteiligt hatten. Gegen zwei der 25 bis 27 Jahre alten Männer verhängte die Kammer zweieinhalb beziehungsweise zwei Jahre und fünf Monate Freiheitsstrafe wegen Betruges und Amtsanmaßung. Ein dritter Angeklagter erhielt in dem Prozess eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten wegen Betruges. Sie seien „keine kleinen Rädchen“ gewesen, sagte die Vorsitzende Richterin an die Adresse der Angeklagten.

Prozess in Landgericht Hamburg: „Falsche Polizisten“ betrügen Seniorin um fast eine halbe Million

Die Staatsanwaltschaft hatte den Männern vorgeworfen, gemeinsam mit Komplizen insgesamt 458.000 Euro von den Hamburger Opfern erbeutet zu haben. Allein eine Frau verlor demnach 339.000 Euro. Die Senioren hatten Anrufe erhalten, in denen sich jemand als Kriminalbeamter ausgab und die Legende verbreitete, der jeweilige Hamburger stehe auf der Liste einer Einbrecherbande, die demnächst die Wohnung heimsuchen und Wertsachen stehlen werde. Deshalb solle man Geld und Schmuck der Polizei übergeben. Der Kollege, ein erfahrener und vertrauenswürdiger Kripomann, werde gleich vorbeikommen und die Pretiosen dann sicher verwahren.

Ein Opfer packte pflichtschuldigst sein Geld in einen Beutel und deponierte ihn auf der Fußmatte vor der Wohnungstür. Eine Frau steckte, wie geheißen, ihre EC-Karte in einen Briefumschlag und warf diesen vom Balkon – angeblich in die Hände eines Polizeibeamten. Eine weitere Geschädigte wurde unter anderem zur Bank begleitet, wo sie ihr Geld abhob und auch ihr Schließfach mit Wertgegenständen leerte. Ihr war erzählt worden, dass ein Sparkassenmitarbeiter mit der Einbrecherbande unter einer Decke stecke. Die Opfer waren 82, 79 und 65 Jahre alt, Letztere stark sehbehindert.

Ein Auftraggeber wurde jüngst zu fast fünf Jahren Haft verurteilt

Der Mann, der den Ermittlungen zufolge Auftraggeber für die Betrugstaten der „falschen Polizisten“ ist, hat sich mittlerweile in einem anderen Prozess vor Gericht verantworten müssen. Er erhielt vier Jahre und zehn Monate Freiheitsstrafe.

Die abgefeimte Betrugsmasche der „falschen Polizisten“ reiht sich ein in weitere Straftaten wie der sogenannte Enkeltrick oder die Schockanrufe. Ziel der Täter ist es jeweils, älteren Menschen gegenüber eine Bedrohungs- oder Notlage vorzutäuschen und sie so dazu zu bewegen, Geld und andere Wertsachen herauszugeben. In einer Vielzahl von Anrufen wird so viel psychischer Druck aufgebaut, dass die Opfer den Legenden letztlich Glauben schenken und ihre Wertsachen in fremde Hände geben. Nicht selten bedeutet das für die Geschädigten den finanziellen Ruin.

Die Angeklagten haben die Taten vor Landgericht Hamburg gestanden

Die Angeklagten hatte am ersten Prozesstag im Wesentlichen gestanden, sich an den Taten beteiligt zu haben. Dabei hatten sie eingeräumt, im Auftrag eines Bekannten gehandelt zu haben. Von diesem hätten sie das Angebot bekommen, nebenbei Geld zu verdienen, und dann die Anweisungen bekommen, zu bestimmten Adressen in Hamburg zu fahren und beispielsweise Umschläge abzuholen. Zwei von ihnen gestanden auch, die älteren Hamburger zur Bank begleitet zu haben, wo diese in gutem Glauben ihre Schließfächer leerten und Geld und Schmuck herausgaben. Ein Großteil des ertrogenen Geldes, das von der 65-Jährigen erbeutet worden war, konnte allerdings laut Urteil nicht den Angeklagten zugerechnet werden. Ihnen sei in diesem Fall nicht nachzuweisen, dass sie in die entsprechenden Handlungen eingeweiht waren.

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Der 27 Jahre alte Beschuldigte hatte im Prozess gesagt, er habe nicht gewusst, dass es um den Betrug älterer Menschen gehe. Sonst hätte er sich an den Straftaten nicht beteiligt. Ein anderer hatte erklärt, ihm sei klar gewesen, dass es „nichts Legales“ war, und gedacht, „dass es vielleicht um Drogen ging“. Für einen Botengang habe er 1800 Euro erhalten. Alle Angeklagten bekundeten, sie bedauerten den Betrug an den Senioren. Einer meinte, er schäme sich. Alle drei Männer hatten Schadenswiedergutmachung geleistet. Einer brachte 25.000 Euro auf, einer 20.000 Euro und einer 12.000 Euro, die jetzt jeweils den Opfern zugutekommen.

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Diese Schadenswiedergutmachung rechne das Gericht den Angeklagten „hoch an“, betonte die Vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung. Dies wie auch die Geständnisse seien erheblich strafmildernd berücksichtigt worden.

Überführt wurden die drei Männer unter anderem durch Auswertung von Überwachungskameras und von Handydaten. Die Angeklagten seien bei der Betrugsmasche der „falschen Polizisten“ als Abholer eingesetzt worden, wo das Entdeckungsrisiko am höchsten war, hieß es im Urteil. Aber ohne Abholer funktioniere der Trick nicht, sei also Teil des Vortäuschens. „Ihnen war klar, dass Sie durch Ihr Agieren die Rolle als Polizeibeamten einnahmen“, hielt die Vorsitzende den Angeklagten vor. Zwei von ihnen hätten zudem direkten Kontakt zu den Geschädigten gehabt. Den Opfern sei auch noch vorgespiegelt worden, sie hätten konspirativ mitgeholfen, einer Einbrecherbande das Handwerk zu legen.