Hamburg. Polizei genehmigt Protest am Sonnabend in der Innenstadt unter Auflagen. Unterstützer verbreiten im Netz wirre Vorwürfe gegen Israel.

Mehrere Hundert Menschen haben sich in Hamburg zu einer„Pro-Palästina-Demo“ versammelt. Unter dem Motto „Solidarität mit den Menschen in Palästina“ zogen sie am Sonnabend ab 15 Uhr durch die Innenstadt. Zuvor wurde in den sozialen Medien dafür stark geworben. Die Polizei sprach zunächst von 350 Teilnehmern, die am Hachmannplatz am Hamburger Hauptbahnhof in Richtung der Gerichte am Sievekingsplatz gestartet sind. Dort angekommen, registrierten die Beamten 1200 Demonstranten. Die Anmelder erwarten etwa 500 Teilnehmer.

Die Demonstranten hielten Plakate und Schilder mit Sätzen wie „Stoppt die Islamhetze“ sowie mit Aufschriften gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu in die Luft. Auch viele Palästina-Flaggen waren zu sehen. Zu Zwischenfällen ist es den Angaben zufolge bis zum späten Nachmittag nicht gekommen. Es sei alles friedlich, sagte ein Polizeisprecher.

Polizei Hamburg: Komplizierte Erfahrungen mit Pro-Palästina-Demos

Krude Behauptungen gab es auch im Vorfeld der geplanten Demonstration, die über die sozialen Netzwerke verbreitet wurden. So wird Israel als Terrorstaat bezeichnet. In einzelnen Beiträgen wird zudem beispielsweise behauptet, dass die Menschen bei dem Massaker während des Festivals Reʿim am 7. Oktober von Israel selbst getötet worden seien oder es keine Vergewaltigungen gegeben habe.

Propalästinensische Demonstrationen - Hamburg
Seit dem blutigen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober gibt es auch in Deutschland immer wieder Solidaritätsbekundungen, so wie hier in Hamburg. © picture alliance/dpa | Markus Scholz

Diese Beiträge stehen teilweise auf bislang harmlos wirkenden Konten, wie etwa das von einem Food-Blogger für orientalische Gerichte mit mehr als 70.000 Abonnenten, der bis zum 8. Oktober in den vorangegangenen knapp zwei Jahren lediglich Rezepte postete und sich seitdem auf pro-palästinensische Beiträge verlegt hat.

Polizei stoppt Pro-Palästina-Demo im Oktober

Aber es sind auch Beiträge zu finden, deren Verfasser in den vergangenen Jahren nahezu völlig untätig durch soziale Netzwerke dümpelten und jetzt auf das Thema aufgesprungen sind. Andere Beiträge verraten eine Sichtweise der Verfasser, die eine extremistische Einstellung vermuten lässt.

Im Internet mobilisieren Unterstützer mit diesen Worten für die Demo: „Wir lassen die Ermordung von über 20.000 Menschen in Gaza nicht unkommentiert.“ Man wolle auf die Straße gehen, um „für Palästina, Gerechtigkeit und Befreiung“ zu kämpfen.

Wie schwierig Protestmärsche im Angesicht der aufgeheizten Stimmung sein können, hatte sich bereits bei der ersten zugelassenen Pro-Palästina-Demo am 25. Oktober gezeigt. Die stationäre Kundgebung in St. Georg, unweit mehrerer Moscheen, zu der statt der erwarteten 1500 rund 800 Teilnehmer gekommen waren, brach der Veranstalter, die Schura, vorzeitig ab, weil sich zahlreiche Teilnehmer nicht lenken ließen und gegen Auflagen verstießen. Im Anschluss stoppte die Polizei einen spontanen Aufzug von 400 Personen und löste ihn auf.

Versammlungsbehörde genehmigt Pro-Palästina-Demo in der Hamburger City

Die Versammlungsbehörde hat der heutigen Demo mehrere Auflagen erteilt. Der Anmelder und die Versammlungsleiterin gelten als „erfahren“ und hatten in der Vergangenheit bereits mehrere pro-palästinensische Demos durchgeführt. Die Polizei kündigte an, dass man bei Verstößen gegen Auflagen einschreiten werde.

An der Genehmigung der Demonstration änderte auch nichts, dass die Allgemeinverfügung, die seit dem 15. Oktober gilt, seitdem immer wieder – jetzt bis zum 6. Dezember – verlängert wurde. Sie untersagt Aufzüge und Kundgebungen, die „inhaltlich einen Bezug zur Unterstützung der Hamas oder deren Angriffe auf das Staatsgebiet Israels aufweisen“. Es handele sich „hier um ein Verbot spontaner Demonstrationen“, so ein Polizeisprecher.

Alle anderen Kundgebungen können angemeldet werden und werden durch die Versammlungsbehörde geprüft. Die meisten Versuche, pro-palästinensische Demonstrationen genehmigt zu bekommen, scheiterten allerdings seitdem.

Polizei Hamburg vor arbeitsreichen Tagen

Bislang konnte auch die Allgemeinverfügung weitgehend durchgesetzt werden. Lediglich Ende Oktober musste die Polizei massiv einschreiten, nachdem sich unangemeldet zunächst 70, dann eineinhalb Stunden später rund 500 Personen im Bereich Steindamm versammelt hatten, die pro-palästinensische Parolen skandierten und auch Einsatzkräfte attackiert hatten. Dabei waren drei Polizisten verletzt worden.

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„Dass man in Hamburg die Situation bislang so gut unter Kontrolle hat, ist der hohen Einsatzbereitschaft der Kollegen zu verdanken“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Dafür waren über Wochen die Alarmhundertschaften aufgerufen gewesen, was bereits deutliche Mehrarbeit nicht nur für die Bereitschaftspolizei, sondern auch für die Beamten der Hamburger Wachen bedeutete.

Neben Hamburg gab es auch in anderen Städten in Deutschland am Sonnabend propalästinensische Demonstrationen.