Hamburg. Hamburger soll Rollerfahrer gedroht und andere gefährdet haben. „Ich hatte Angst“, so das Opfer. Angeklagter sieht alles ganz anders.

Er ist kein furchtsamer Mensch. Als Berufssoldat, der auch schon Einsätze im Ausland absolviert hat, hat Manfred W. (alle Namen geändert) gelernt, mit gefährlichen Situationen umzugehen. Doch damals, im Straßenverkehr, sei es wirklich brenzlich geworden, sagt der Mann. Es war jener Moment, als er im Nordosten von Hamburg auf seiner Vespa von einem Porschefahrer abgedrängt worden sei. „Das hat mir Angst gemacht. Sehr eindrücklich.“

Kraftfahrzeuge gegen Roller- oder Fahrradfahrer: Immer wieder kommt es auf den Straßen zu Situationen, die höchst problematisch sind, bei denen jemand meint, seine Vorfahrt sei missachtet worden oder ein anderer sei schlicht rücksichtslos in Rowdy-Manier unterwegs. Im Extremfall wird jemand verletzt oder sogar getötet. Und damals, an einem Sommertag vergangenen Jahres, „wäre es beinahe schiefgegangen“, meint Manfred W. als Zeuge im Prozess vor dem Amtsgericht. Weil ein Sportwagen ihm bedrohlich nahe gekommen sei, habe er auf seiner Vespa nach rechts ausweichen müssen. „Es wäre zu einem Unfall gekommen, wenn da nicht zufällig ein abgesenkter Bordstein gewesen wäre“, ist der 47-Jährige überzeugt.

Prozess Hamburg: Anklage lautet auf Gefährdung des Straßenverkehrs

Auch die Staatsanwaltschaft geht von einer riskanten Situation aus. Deshalb muss sich Porschefahrer Guido M. unter anderem wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in einem Prozess verantworten. Laut Anklage war der 40-Jährige, obwohl er vorher Marihuana konsumiert hatte, am Nachmittag des 18. August vergangenen Jahres mit seinem Porsche Boxster Cabrio unterwegs. Dabei habe er zunächst einen Radfahrer beim Überholen so geschnitten, dass dieser ausweichen musste, um einen Unfall zu vermeiden.

Als dann der Vespafahrer, der den Vorfall beobachtet hatte, den Autofahrer auf dessen Fehlverhalten aufmerksam machte, habe dieser nun wiederum den Rollerfahrer abgedrängt. Dabei soll Guido M. geäußert haben: „Was willst du, du Schwuchtel, auf deinem kleinen Roller? Du kannst mein Abgas schmecken.“ Kurz darauf, als der 40-Jährige von drei Polizeibeamten kontrolliert wurde, soll er eine Flasche in Richtung der Beamten geworfen, diese aber verfehlt haben.

Angeklagter: „Es gab keine Unfallgefahr oder Gefahr für Leib oder Leben“

Aus Sicht des Angeklagten, ein schlanker Mann mit hoher Stirn, stellt sich die Situation damals allerdings viel harmloser dar. „Es gab keine Unfallgefahr oder eine Gefahr für Leib oder Leben“, verteidigt sich der Hamburger. Er sei, als er mit seinem Cabrio vom Einkaufen nach Hause fuhr, „von hinten angeherrscht worden. Ich habe nicht genau verstanden, worum es dabei ging.“ Offenbar habe sich der Vespafahrer über etwas echauffiert und ihm gedroht, dass er „sich das merken“ werde. Er habe sich von der Aufgeregtheit des anderen provozieren lassen, habe zweimal gehupt. „Dann bin ich dicht aufgefahren und habe ihn überholt.“

Zu keinem Zeitpunkt sei der Vespafahrer gefährdet gewesen. Doch trotzdem habe dieser offensichtlich die Polizei alarmiert. Als die Beamten ankamen, habe er gerade joggen gehen wollen, sei dann, als ein Polizist nach ihm gegriffen habe, „spontan losgelaufen“ und habe dabei eine Trinkflasche, die er dabeihatte, fallen gelassen. „Es gab keinen Wurf meinerseits mit einer Flasche auf die Polizeibeamten“, beteuert der Angeklagte.

Zeuge: „Ich hatte den Eindruck, dass es für mich nicht gut ausgegangen wäre“

Vielmehr sei man mit ihm, nachdem er noch versucht hatte, durch die im Nordosten Hamburgs noch seichte Alster zu fliehen, bei der Festnahme ruppig umgegangen. Und in einer Zelle habe er mehrere Stunden verbleiben müssen. Eine Bekannte, der er später Details auf der Polizeiwache geschildert habe, habe sich an „kommunistische Foltermethoden erinnert“ gefühlt.

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Überhaupt ist Guido ein Angeklagter, der sich eher in der Opferrolle sieht und dies in den schillerndsten Tönen darlegt. So auch, als Vespafahrer Manfred W. als Zeuge schildert, dass ihm der Porsche gefährlich nahe gekommen sei und er gezwungen gewesen sei, sich mit seinem Roller auf den Gehweg zu retten. Nur weil zufällig an dieser Stelle der Bordstein abgesenkt war, sei alles glimpflich ausgegangen. „Wenn ich da gestürzt wäre oder wenn er mich gestellt hätte: Ich hatte den Eindruck, dass das für mich nicht gut ausgegangen wäre“, meint der Zeuge und sagt über den Porschefahrer: „Ich hatte auch Angst vor ihm.“

Richterin: „Sie haben ein äußerst gefährliches Manöver herbeigeführt“

Da reagiert der Angeklagte erbost. „Sie sind im Tötungshandwerk geschult“, wettert er gegen den Zeugen in Anspielung auf dessen Funktion als Berufssoldat. „Und andererseits versuchen Sie, mich hier als Monster darzustellen!“ In diesem Moment ruft die Amtsrichterin den Angeklagten zur Ordnung. Solche Worte wie „Tötungshandwerk“ seien vollkommen unangemessen. Guido M. möge sich mäßigen.

Am Ende verhängt die Richterin gegen den Angeklagten eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30 Euro, also insgesamt 2400 Euro. Der Führerschein des 40-Jährigen, der seit 14 Monaten eingezogen ist, bleibt weitere drei Monate gesperrt, entscheidet die Richterin. Der Angriff gegen die Polizeibeamten mit der Flasche sei nicht sicher nachzuweisen. Wohl aber sei sie überzeugt, dass Guido M. sich im Straßenverkehr vollkommen falsch verhalten habe. Er habe Menschenleben gefährdet, hält die Vorsitzende dem Angeklagten vor. „Sie haben ein äußerst gefährliches Manöver herbeigeführt.“