Hamburg. Neue Details zum Mega-Projekt und überraschende Aussagen zur Fertigstellung. Senat will Elbtower nicht selbst fertig bauen.

100 Meter ist er bislang hoch, 245 Meter sollen es werden – doch der Elbtower in Hamburg droht zu einer Bauruine zu werden, die den Senat noch Jahre beschäftigen könnte. Das befürchten Kritiker.

Die Baustelle an den Elbbrücken wird zwar gut bewacht, ist aber von den Bauarbeitern weitestgehend verlassen worden. Denn die Immobilienfirma Signa, aus der sich der umstrittene österreichische Investor René Benko zurückziehen soll, hat die Zahlungen offenbar nicht in dem Umfang an die Baufirmen geleistet, wie es vorgesehen war – Baustopp. Weitere Bauprojekte der Signa in Hamburg wie am Gänsemarkt sind ebenfalls betroffen.

Doch der Elbtower, den der damalige Bürgermeister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch auf den Weg brachte, ist das Prestigeprojekt. Nun räumte der Senat auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Heike Sudmann weitere Details aus den Verträgen der HafenCity GmbH mit Signa ein. Sie drehen sich um die Bauverzögerung und einen denkbaren Rückkauf des halb bebauten Grundstücks durch die Stadt.

Die Antwort des Senats liegt dem Abendblatt vor. Gleichzeitig gab es im Haushaltsausschuss der Bürgerschaft am Freitag eine heftige Debatte um den Elbtower, eine möglicherweise drohende Signa-Pleite und den geplanten Fertigstellungstermin. Ursprünglich hieß es immer, im Jahr 2025 sei der Elbtower fertig. Nun sagte Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD): „Wir gehen von Juli 2028 aus.“

Elbtower Hamburg: Eine Bauruine bis 2029?

Sudmann fragte den Senat: „Ab wann kann der Senat seine Wiederkaufsrechte gemäß Paragraf 19.1.1 des Vertrages mit der Bauherrin geltend machen, falls der Rohbau nicht fristgerecht fertiggestellt wird?“ Das ist deshalb bedeutsam, weil Stadtentwicklungssenatorin Pein (SPD) schon vor Tagen erklärt hatte, der Senat könne ja das Grundstück zurückkaufen, abreißen oder einen anderen Investor beauftragen, das Gebäude fertigzustellen.

Der Elbtower sollte ursprünglich bis 2025 stehen. Falls „Meilensteine“ beim Baufortschritt nicht eingehalten werden, so Pein, würden zunächst Vertragsstrafen fällig und dann ein Recht auf Rückkauf des Grundstücks. „Dies ermöglicht es der Stadt Hamburg unter anderem, die bislang erbrachte Bauleistung rückzubauen, diese an einen Dritten zur Vollendung zu veräußern oder den Bau selbst fertigzustellen.“ Im Ausschuss sagte Pein jetzt: „Dass die Stadt das Gebäude selbst fertigbaut, kann ich mir nicht vorstellen.“

Elbtower-Protest der Linken-Fraktion mit der stadtentwicklungspolitischen Sprecherin Heike Sudmann vor der Sitzung des Haushaltsausschusses der Bürgerschaft.
Elbtower-Protest der Linken-Fraktion mit der stadtentwicklungspolitischen Sprecherin Heike Sudmann vor der Sitzung des Haushaltsausschusses der Bürgerschaft. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Und der Senat räumt in seiner Antwort an die Stadtentwicklungsexpertin Sudmann ein: „Das Wiederkaufsrecht kann geltend gemacht werden, wenn der Rohbau nicht spätestens innerhalb von 73 Monaten nach Übergabe des Kaufgrundstücks (also bis Januar 2029) fertiggestellt ist.“ So stehe es in dem von Sudmann angesprochenen Paragrafen 19.1.1 (e). Das bedeutet: Bis 2029 kann Signa versuchen, den Elbtower zu vollenden, einen anderen Investor suchen, sich wirtschaftlich konsolidieren oder das zumindest versuchen. Vorher hätte der Senat kein Recht, die schon als „Kurzer Olaf“ verspottete unfertige Baustelle zu übernehmen.

2025 oder 2029? Wann soll der Elbtower fertig sein?

Sudmann ist empört über einen „schlecht verhandelten Vertrag“ für den Elbtower und die überraschend neuen Angaben zur Fertigstellung in 2028 statt 2025. Der Senat habe sich zudem auf eine Bank verlassen (Tauglicher Finanzierer), die erklärt habe, die Vorvermietungsquote von 30 Prozent der Elbtower-Flächen sei erreicht. Dabei hafte diese Bank nicht dafür, und der Senat könne nicht in die Verträge von Signa mit potenziellen Mietern sehen. „Das haben Olaf Scholz und der Senat saumäßig schlecht gemacht. Sie haben alle Warnungen vor Benko ignoriert, es ging ihnen die ganze Zeit nur um ihren prestigeträchtigen Turm. Jetzt haben wir ein Desaster – und dafür müssen Scholz und der Senat die Verantwortung übernehmen.“

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Senatorin Pein entgegnete: Sie teile diese Einschätzung nicht. Der Vertrag sei sogar nachteilig für den Investor. „Eine Insolvenz (von Signa, die Red.) würde das Wiederkaufsrecht unmittelbar auslösen.“ Doch was täte die Stadt dann mit einem Rohbau auf dem Grundstück? Damit und mit anderen Spekulationen befasse man sich nicht, sagte Pein. Die Senatorin räumte ein, das Projekt sei an Signa gegangen, weil die „Eigenkapitalstärke“ ein „wesentliches Kriterium der Auswahl“ gewesen sei.

HafenCity GmbH: Baustopp war nicht erkennbar

HafenCity-Geschäftsführer Andreas Kleinau gab im Ausschuss zu: „Es war nicht erkennbar, dass eine Bauunterbrechung unmittelbar bevorstand.“ Das Abendblatt hatte vor drei Wochen enthüllt, dass die Arbeiten wegen fehlender Zahlungen eingestellt wurden. Signa hat einen Controller bestellt, der dem Senat regelmäßig über den Baufortschritt berichtet. Hatte dessen Berichte niemand intensiv gelesen? Die Öffentlichkeit wurde von einem Teil der Ausschusssitzung ausgeschlossen.

SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf meinte: „Das ist keine glückliche Situation.“ Allerdings sei die Lage im Bausektor deutschlandweit generell angespannt. Und er beharrte: „Vonseiten der Regierungsfraktionen haben wir immer klargemacht, dass für den Elbtower keine Steuergelder verwandt werden.“