Hamburg. Ampel-Koalition in Berlin plant Millionen-Kürzungen bei Freiwilligendiensten. Fast jede zehnte Stelle in Hamburg könnte wegfallen.

Schulbegleitungen leisten einen notwendigen Beitrag zum Gelingen der Inklusion in Schulen. Im vergangenen Schuljahr unterstützten 1989 Frauen und Männer Schüler und Schülerinnen mit komplexen psychosozialen Problemlagen oder schwerwiegenden geistigen sowie körperlich-motorischen Beeinträchtigungen: auf dem Schulweg, zum Teil aber auch im Unterricht. Knapp die Hälfte der Schulbegleiter – 929 zumeist junge Menschen – nehmen am Freiwilligen Sozialen Jahr oder dem Bundesfreiwilligendienst teil.

Schule Hamburg: Rund zehn Prozent der Schulbegleitungen drohen wegzufallen

Geplante Kürzungen der Ampel-Koalition in Berlin könnten nun zu erheblichen Einschränkungen bei den Schulbegleitungen führen. Der von der Bundesregierung vorgelegte Haushaltsplanentwurf sieht vor, bei den Freiwilligendiensten 78 Millionen Euro einzusparen. Davon sollen 25 Millionen Euro auf die Jugendfreiwilligendienste und 53 Millionen Euro auf den Bundesfreiwilligendienst entfallen. Im Jahr 2025 ist eine weitere Kürzung um 35 Millionen Euro vorgesehen. Insgesamt sollen 128 Millionen Euro eingespart werden, was nach Berechnungen der Linken-Bürgerschaftsfraktion den Wegfall jeder vierten Stelle bei den Freiwilligendiensten führen würde.

„Würden die geplanten Kürzungen umgesetzt, hieße das ein Wegfall von 232 Stellen, das sind fast zehn Prozent der jetzigen Schulbegleitungen. Bei den ohnehin schon riesigen Problemen ist das ein unvorstellbares Szenario“, sagt die Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. „Wir sehen in den Plänen der Bundesregierung eine Katastrophe für die Träger und Einsatzstellen und einen Schlag ins Gesicht derer, die sich engagieren.“ Erst die Schulbegleitungen ermöglichten Schülerinnen und Schülern mit großem Unterstützungsbedarf einen gesicherten Schulbesuch und soziale Kontakte.

Laut Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage von Boeddinghaus erhielten insgesamt 2143 Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2022/23 eine Schulbegleitung. Darunter waren 930 Kinder und Jugendliche mit psychosozialen Beeinträchtigungen sowie 1113 Jungen und Mädchen mit Behinderungen. Auf die Grundschulen entfielen 755 Begleitungen, auf die Stadtteilschulen 489 und auf die Sonderschulen und Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) 678 Begleitungen.

Die Kosten sind von drei Millionen Euro 2014 auf mehr als 17 Millionen Euro gestiegen

Laut Senat ist die Schulbegleitung eine „Hilfeleistung, die immer erst dann zum Einsatz kommt, wenn alle anderen regulär zur Verfügung stehenden pädagogischen, sozial- und sonderpädagogischen Angebote sowie pflegerische Leistungen nicht ausreichen, um eine angemessene Teilhabe am Bildungsprozess zu ermöglichen“. Seit 2014 ist das Antragsverfahren für Schulbegleitungen erheblich vereinfacht worden, und Eltern sind dadurch entlastet worden, dass die Schulbehörde die Suche nach einer passenden Schulbegleitung übernommen hat.

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Mit der Einführung der schulischen Inklusion wurde nach Angaben des Senats auch die Schulbegleitung erheblich ausgebaut. Während die Gesamtausgaben für die Begleitungen vor 2014 bei rund drei Millionen Euro lagen, stieg das Volumen auf mehr als 17 Millionen Euro im Jahr 2021 an. Außer den Teilnehmenden an den Freiwilligendiensten wurden im vergangenen Schuljahr 766 sozial erfahrene Frauen und Männer, 256 pädagogisch, pflegerisch oder therapeutisch ausgebildete Menschen sowie 38 Sozialpädagogen eingesetzt.

Schule Hamburg: Für die Linke ist das Modell bereits „unterfinanziert und unterbesetzt“

In einem Bürgerschaftsantrag fordert die Linken-Fraktion den Senat auf, die drohenden Kürzungen aus dem Landeshaushalt auszugleichen. „Das Mindeste wäre, bis zu einer tragfähigen, personell und finanziell auskömmlichen Lösung den Freiwilligeneinsatz sicherzustellen. Sonst droht das Recht auf Bildung von vielen jungen Menschen mit Bedarf an Schulbegleitung unter die Räder zu kommen“, heißt es in dem Antrag der Linken.

Aus Sicht der Oppositionsfraktion ist das Modell der Schulbegleitungen durch Freiwilligendienste „schon jetzt unterfinanziert und unterbesetzt“. Das Freiwillige Soziale Jahr wird mit einem „Taschengeld“ in Höhe von höchstens 423 Euro pro Monat vergütet. „Angesichts der hohen Lebenshaltungskosten vor allem in Großstädten wie Hamburg können sich viele junge Menschen den Freiwilligendienst sowieso nicht leisten, wenn sie nicht von ihren Eltern unterstützt werden“, heißt es in dem Linken-Antrag. Vorbild sei der Stadtstaat Berlin, der immerhin eine Landesförderung zur Erhöhung des Taschengeldes gewähre.