Hamburg. Ihre Familie hat noch immer keine Schulbegleitung für Amelia gefunden – und ist verzweifelt. Das sagt die Behörde zu dem Fall.

Seit Beginn des Schuljahres ist die neun Jahre alte Amelia an ihrer Schule in Ohlsdorf nur mehr geduldet. Die Hamburger Grundschülerin hat sich nichts zuschulden kommen lassen, doch sie hat ein gesundheitliches Problem. Das Mädchen leidet seit April 2022 an Diabetes Typ 1, einer Autoimmunerkrankung.

Die Viertklässlerin muss deshalb ihren Blutzucker stets im Blick behalten. Weil das aber eine komplizierte Angelegenheit ist, überwachen ihre Mutter Stephanie Kock und ihre Großmutter Angela Gabriel mit ihren Handys den Sensor an Amelias Arm. Wenn der Sensor Alarm schlägt, eilt meist ihre Oma zur nahe gelegenen Grundschule Ballerstaedtweg, um bei ihrer Enkelin vor Ort den Blutzucker mittels eines Bluttests zu überprüfen und ihr bei Bedarf Traubenzucker zu geben. Insulingaben seien während des Schultags meistens nicht nötig, sagt ihre Oma.

Grundschule Hamburg: Leitung setzte Mädchen mit Diabetes Ultimatum

Die Schulleitung verlangt allerdings, dass das Mädchen eine medizinische Assistenz bekommt, die den ganzen Tag mit im Unterricht sitzen soll. „Ich darf die Schule nicht mehr betreten“, sagt Angela Gabriel. Mit einem Schreiben vom 12. Juli hatte die Schulleitung Amelias Familie ein Ultimatum gesetzt. „Ich setze Ihnen mit Beginn des Unterrichts nach den Sommerferien eine vierwöchige Frist bis zum 22. 09. 2023, um eine solche Assistenz zu finden“, heißt es in einer Mail an die Familie.

„Wir rufen dort fast täglich an“, sagt Angela Gabriel. Dort habe Amelia inzwischen die Fallnummer 1821, aber häufig seien die Zuständigen nicht zu erreichen und die versprochenen Rückrufe seien bislang ausgeblieben. „Wir haben leider noch immer niemanden gefunden“, sagt Gabriel.

Schule Hamburg: Diabeteskrankes Mädchen fühlt sich sehr beobachtet

Sie macht auch keinen Hehl daraus, dass sie weiterhin gern die medizinische Betreuung ihrer Enkelin übernehmen würde, weil sie bereits viel Erfahrung auf dem Gebiet hat. Auch ihre Tochter, Amelias Mutter, hat Diabetes Typ 1. „Aber um Amelias Schulbesuch nicht zu gefährden, stimmen wir der Schulbegleitung natürlich zu.“

Amelia gehe es nicht gut seit Schulbeginn. „Sie ist sehr empfindlich geworden, weil sie sich sehr beobachtet fühlt. Wir möchten einfach, dass sie unbelastet zur Schule gehen kann.“ Es laste ein großer Druck auf der ganzen Familie.

Allerdings rechnet Gabriel der Schule, die bislang Diabetesschulungen der Lehrerschaft nicht zugestimmt hatte, hoch an, dass es inzwischen eine Schulung des Personals im Umgang mit Diabetes, aber auch anderen Krankheiten wie Asthma gegeben hat.

Amelia soll zur Selbstständigkeit beim Prüfen der Zuckerwerte erzogen werden

Peter Albrecht, Sprecher der Hamburger Schulbehörde, bestätigt das: „Die Schulleitung hat sich von dem Leiter der Schularztstelle Nord im Kollegium beraten lassen. Ein Schulwechsel kommt aus Sicht der Schule in Jahrgang 4 nicht infrage, da es keinen Anlass gibt.“ Allerdings wäre das auch ohnehin niemals in ihrem oder Amelias Sinn, sagen ihre Mutter und Großmutter.

Albrecht versichert, dass die Schule zu guten Lösungsansätzen gekommen sei – in der Hoffnung, dass die Familie diese mitgehen könne. Dazu gehört, dass die Schule auch bei spontanen Ausflügen in die Nachbarschaft transparent über den Aufenthalt der Kinder informiert. Amelia solle außerdem zur Selbstständigkeit beim Prüfen der Zuckerwerte vor oder nach der Pause sowie vor oder nach dem Sportunterricht oder bei Unwohlsein erzogen werden.

Schule Hamburg – Behörde: Mädchen muss Traubenzucker dabei haben

Zur Absicherung wird ihr Handy im Unterricht nicht gesperrt, „damit Lehrkräfte die Werte ebenfalls checken können. Das Glukosemessgerät muss ein akustisches Signal abgeben, damit die Umgebung auch über Warnungen informiert ist“, so Albrecht. Das Mädchen müsse zudem Traubenzucker verlässlich dabei haben.

„Die Schule legt von allen chronisch erkrankten Kindern einen internen Notfallpass in dem Ordner mit den Notfallkontaktdaten an – inklusive Foto, Kontaktdaten, Medikamenten und verlässlichem Aufbewahrungsort dieser“, so Albrecht.

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Von der Forderung nach einer externen Diabetes-Assistenz rückt die Schule jedoch nicht ab. Wie es nun für Amelia konkret weitergeht, wird das Gespräch zwischen Familie und Schule zeigen. Denn kurz vor Ablauf der Frist hat die Schule das Ultimatum noch einmal um ein paar Tage verlängert. Am kommenden Montag soll es zu einem persönlichen Gespräch zwischen Schulleitung und der Familie kommen.