Hamburg. Tierschutzverein einigt sich mit der Stadt auf eine Erhöhung der Entgelte. Doch die finanzielle Lage des Tierheims bleibe „prekär“.
Der Hamburger Tierschutzverein (HTV) und die Stadt Hamburg haben sich geeinigt: Das Tierheim an der Süderstraße wird auch weiterhin im Auftrag der Hansestadt herrenlose Tiere aufnehmen. Dafür bekommt der Verein deutlich mehr Geld – es ist das Ende eines langen Streits, bei dem der Tierschutzverein sogar den Vertrag gekündigt hatte.
„Wir haben uns nach über zweijährigen Verhandlungen mit der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz darauf geeinigt, dass im Jahre 2023 grundsätzlich eine Erhöhung der Entgelte für die Leistungen des HTV um 35 Prozent erfolgen soll“, sagte die zweite Vorsitzende des Vereins, Gabriele Waniorek-Goerke, dem Abendblatt. „Einige Positionen sind dabei gesondert betrachtet worden, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass diese Entgelte seit Jahrzehnten nicht mehr an die allgemeine Preisentwicklung angepasst worden waren.“ Denn: Die Kosten für Futter, Energie und Personal sind deutlich gestiegen.
Für die Unterbringung von Tieren und die Sicherstellung von Leistungen wie Nachtdiensten soll der HTV im kommenden Jahr rund 3,8 Millionen Euro erhalten. Bisher sind hierfür knapp 2 Millionen Euro veranschlagt, teilte der Senat am Dienstag mit. Für 2024 sind eine strukturelle Erhöhung in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro und eine Einmalzahlung in Höhe von 300.000 Euro vorgesehen. Als Pauschale für Kostensteigerungen im laufenden Jahr 2023 soll der HTV eine Einmalzahlung in Höhe von insgesamt 0,8 Millionen Euro erhalten.
Tierheim Hamburg: Tierschutzverein hatte Vertrag mit der Stadt gekündigt
Der HTV hatte im März angekündigt, den Vertrag mit der Stadt zum Jahresende zu kündigen, mit der Begründung, dass das städtische Geld für die Unterbringung und Versorgung der Tiere die Kosten nicht decke. Es war ein Höhepunkt in der länger schwelenden Auseinandersetzung um die Finanzierung des Vereins, der in seinem Tierheim im Auftrag der Stadt Tiere aufnimmt. Mit der Kündigung sollte wohl auch der Druck verstärkt werden, zu einer besseren Einigung zu kommen. Denn zugleich hoffte man damals „endlich einen fairen Vertrag zum Wohle der Tiere in Hamburg“ abschließen zu können.
Das ist nun geschehen. „Es gab in den vergangenen 16 Jahren nur geringfügige Erhöhungen für den HTV“, sagt Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin Anna Gallina (Grüne). Zuletzt seien unter anderem Futter und Energie teurer geworden. „Jetzt wollen wir da einen großen Schritt nach vorn machen. Es soll erstmals seit 2007 eine große Steigerung geben. Wir hatten hier gute und vertrauensvolle Gespräche mit dem HTV und der Finanzbehörde. Der HTV ist ein wichtiger Partner für die Stadt und die angestrebte Erhöhung eine sehr gute Nachricht.“ Nachdem der rot-grüne Senat die Drucksache, die dem Abendblatt vorliegt, am Dienstag beschlossen hat, muss nun doch die Bürgerschaft zustimmen..
Kostenexplosion bei Energie und Personal trifft Tierheim
Zum Hintergrund: Die Stadt ist gesetzlich verpflichtet, Fund-, Verwahr- und Beobachtungstiere aufzunehmen und tierschutzgerecht zu versorgen. Diese Aufgabe hat sie seit vielen Jahrzehnten an den Hamburger Tierschutzverein delegiert und dieses in einem Vertrag festgehalten. Demzufolge werden die Kosten für Unterbringung und Versorgung pro Tag und Tier abgerechnet. Die Zahlungen sind – also für Hund, Katze, Kleintier, Fisch, Vogel usw. – unterschiedlich hoch.
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Die Erhöhung der Entgelte, so betont der Tierschutzverein, soll „der Kostenexplosion, insbesondere bei den Energie- und Personalkosten, sowie der allgemeinen Inflationsrate Rechnung“ tragen.
Ist man beim Tierschutzverein zufrieden mit der Vereinbarung? Einerseits ja. „Wir sehen in diesem Vertragsabschluss eine gute Basis, um zu einem angemesseneren Ausgleich bei den Leistungen, die der Verein im Auftrag der Stadt erbringt, zu gelangen“, sagt die zweite Vorsitzende Waniorek-Goerke. Doch es gibt ein großes Aber: „Für die Aufnahme von Tieren, die wir von Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt als Abgabetiere erhalten, bekommen wir nach wie vor keinerlei finanzielle Unterstützung.“ Die Tiere, die sich – aus welchen Gründen auch immer – von ihren Halterinnen oder Haltern trennen müssen, hätten mit dem Vertrag gar nichts zu tun. Diese Tierschutzaufgaben würden ausschließlich aus Nachlässen und Spenden sowie aus Mitgliedsbeiträgen finanziert. Auch die Versorgung der zahlreichen (verletzten und oder verwaisten jungen) Wildtiere müsse der Verein aus eigener Kraft stemmen.
Finanzielle Lage des Tierheims Süderstraße bleibt „prekär“
„Trotz der verbesserten Vertragsregelungen mit der Stadt bleibt die finanzielle Lage des Tierheims Süderstraße prekär“, so Waniorek-Goerke. Der Verein benötige für den Betrieb des Tierheims mittlerweile hochgerechnet rund sieben Millionen Euro jährlich. „Wir erhalten nunmehr von der Stadt aus dem Vertrag pro Jahr schätzungsweise 3 bis 3,3 Millionen Euro als Entgelt für die Versorgung der Fund-, Verwahr- und Beobachtungstiere.“ So gebe es immer noch eine „riesige finanzielle Lücke“, die nur mithilfe von Spenden geschlossen werden könne. Anfang des Jahres waren die jährlichen Kosten des Vereins noch mit sechs Millionen Euro angegeben worden, etwa zwei Millionen davon kämen von der Stadt.
„Unser Einsatz hat sich ausgezahlt: Das Tierheim Süderstraße ist bis Ende 2024 finanziell gesichert“, erklärte die tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Lisa Maria Otte, nach der Senatsentscheidung. Sie kennt die zuletzt sehr angespannte Lage im Tierheim: „Die marode Bausubstanz, der Platzmangel und die gestiegenen Kosten bei Energie, Futter und tierärztlicher Versorgung haben gedroht, das Tierheim zu erdrücken.“