Hamburg. Gebäude an der Süderstraße bröckeln, sind zu klein und teilweise nicht beheizt. Was der Verein nun von der Stadt Hamburg fordert.

Unangenehm ist der tierärztlichen Leitung Dr. Urte Inkmann das, was sie den Abendblatt-Reportern bei einem Rundgang durch das Tierheim Süderstraße präsentieren muss: „Es ist alles rottig“, sagt sie und zeigt auf Fassaden, die abbröckeln, auf Risse im Gemäuer.

Die Gebäude sind offensichtlich in einem schlechten Zustand. Jetzt ist auch noch die Heizung teilweise ausgefallen. Das Tierheim des Hamburger Tierschutzverein von 1841 e. V. (HTV) ist am Limit, sagen die Verantwortlichen. Zwar würden die Tierhäuser noch beheizt, doch die Verwaltungsräume kaum.

Tierheim Süderstraße: veraltet und trostlos

„Tja, das ist das Tierheim der Hansestadt Hamburg“, sagt Dr. Urte Inkmann. Marode, veraltet und trostlos sind die Häuser, in denen derzeit 152 Hunde, 116 Katzen und 402 weitere Tiere unterbracht sind. Beim Hundehaus etwa, das aus den 1960er Jahren stammt, sind die Außenanlagen, die in den Jahren angebaut worden sind, abgesackt, die Böden entsprechend schief. Im Zwinger, in dem ein großer Mischling lebt, zeigen sich tiefe Risse in der Wand, die von oben nach unten verlaufen.

Der Zwinger liegt in der sogenannten Hundesozialstation, in der vor allem von der Behörde sichergestellte Vierbeiner unterkommen. Darunter viele Listenhunde, dazu gehören etwa Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier oder Staffordshire Bullterrier, die in Hamburg gar nicht gehalten werden dürfen und nur schwer zu vermitteln sind. Im vergangenen Jahr gab es 1257 behördliche Sicherstellungen.

An den Gebäuden sind neue Setzrisse entstanden

Die schwer Vermittelbaren: viele Hunde brauchen Menschen mit viel Erfahrung und Zeit.
Die schwer Vermittelbaren: viele Hunde brauchen Menschen mit viel Erfahrung und Zeit. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

An den ohnehin maroden Gebäuden sind etliche neue Setzrisse entstanden. Die gute Nachricht: „Akut einsturzgefährdet sind die Gebäude nicht, aber sie müssen im Auge behalten werden“, so Inkmann. Ein Statiker hatte die Gebäude einer Risikoanalyse unterzogen. Die Setzrisse in den drei Gebäuden der Hundesozialstation mit jeweils Platz für 14 Hunde sind vermutlich aufgrund des unsicheren Untergrunds auf der ehemaligen Mülldeponie entstanden.

Alte Bausubstanz betrifft Mensch und Tier

Auf dem Boden vor den Zwingern verläuft eine Rinne, eine echte Stolperfalle. Auch diese ist mit modernen arbeitsrechtlichen Vorgaben nicht mehr vereinbar. Von der alten Bausubstanz sind eben nicht nur die Tiere, sondern auch die Mitarbeiter betroffen. „Das entspricht keinem modernen Tierheim, was die Größe und den Platz für die Tiere angeht, aber auch unter verhaltenspsychologischen Aspekten. Die Ansprüche der Tiere haben sich einfach verändert“, sagt Inkmann. So seien beispielsweise auch die Außenvolieren zu eng. „Großpapageien können darin gar nicht fliegen.“ Die Bodenplatten auf dem gesamten Gelände sind ebenfalls Stolperfallen – für Menschen mit Gehbehinderungen oder Rollstuhlfahrer ist es kaum möglich, sich barrierefrei über das Gelände zu bewegen.

Tierheim: Mitten im Winter ist die Heizung ausgefallen

Mitten im Winter ist nun auch noch die Heizung ausgefallen – die Tierhäuser des Tierheims Süderstraße werden noch notdürftig beheizt, die Verwaltungsräume bleiben ziemlich kalt. Hunde haben es immer noch bis zu 18 Grad warm. Welpen benötigen Temperaturen bis zu 22 Grad. „Energetisch ist das hier natürlich alles eine Vollkatastrophe“, sagt Dr. Inkmann. Energieeinsparen ist zwecklos, wenn es überall zieht und energetisch nichts auf dem neuesten Stand ist.

Die Heizung in den Verwaltungstrakten musste zwischenzeitlich komplett abgeschaltet werden, damit die Tierhäuser beheizt werden können. Ein großer Heizkessel mit 500 Kilowatt Leistung ist defekt, stellten Techniker fest. Es ist noch unklar, ob der Kessel ersetzt werden muss oder repariert werden kann.

Tierheim muss über Förderung durch die Stadt neu verhandeln

Immerhin: Das Katzenhaus, das im vergangenen Jahr evakuiert werden musste, weil es einsturzgefährdet war, wird nun für mehr als eine Million Euro saniert. Die Stadt trägt davon 400.000 Euro, der Rest muss durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert werden. Im Jahr erhält das Tierheim zwei Millionen Euro von der Stadt, den Rest der nach eigenen Angaben insgesamt notwendigen sechs Millionen Euro kommen über Mitgliedsbeiträge, Spenden und vor allem durch Nachlässe zusammen. „Die Spendenbereitschaft ist zum Glück gestiegen. Wirklich aufatmen können wir aber nur durch Nachlässe, die ja ungeplant kommen“, sagt Inkmann. „Und wenn die Hilfsbereitschaft in diesem Sektor steigt, merkt man das in der Regel erst mehrere Jahre später.“ Weil alles teurer geworden ist, müsse mit der Stadt über Geldmittel neu verhandelt werden, so Inkmann.

Wann das Katzenhaus fertig ist, ist in Zeiten von Handwerkermangel und Lieferschwierigkeiten auch noch völlig offen. Solange ist der Operationssaal noch in der ehemaligen Hausmeisterwohnung untergebracht. Improvisieren müssen die Mitarbeiter des Tierheimes schon seit Jahren. Kommen etwa Ponys ins Tierheim, dann müssen sie auf die Hundeauslauffläche, die über einen kleinen Unterstand verfügt. Die Hunde, die sich in Quarantäne befinden, müssen dann solange im Zwinger bleiben. Denn sie dürfen nur auf diese gesonderte Außenfläche, um Auslauf zu bekommen.

Tierheim-Tierärztin: Ewige Flickschusterei

„Es ist eine ewige Flickschusterei“, so Urte Inkmann, die sich ein zeitgemäßes Tierheim wünscht, das moderner Tierhaltung entspricht: Hell sollte es sein, einen ruhigen Katzenbereich haben, der klar von den Hunden getrennt ist. Barrierefrei sollte das Gelände sein, sowohl für Besucher als auch für die Mitarbeiter, die oft schwer tragen müssen, mit Zwingern und Ställen, die groß genug sind. „Es ist schon absurd: Wenn wir beispielsweise Meerschweinchen vermitteln, müssen wir sicher gehen, dass sie im neuen Zuhause auch ausreichend Platz haben. Und dann sehen die Menschen, wie eng die Tiere bei uns untergebracht sind.“

Teilweise musste das Tierheim in der Vergangenheit einen Vermittlungsstopp verhängen oder auch Tiere an andere Tierheime abgeben, weil einfach kein Platz mehr da war.

Die Tiere hier sind die Ärmsten der Stadt

„Die Tiere, die wir bekommen, sind die Ärmsten der Stadt“, sagt Urte Inkmann. „Unser Ziel ist es, diesen Tieren ein neues Zuhause zu geben. Aber auch für den Übergang haben sie es verdient, vernünftig untergebracht zu sein.“

Die tierärztliche Leiterin appelliert deshalb an die Stadt Hamburg: „Wir brauchen ein neues, modernes Tierheim für die Tiere der Hansestadt Hamburg. Dieses Tierheim sollte den vielen verschiedenen Tieren, die im Hamburger Tierschutzverein untergebracht werden, eine artgerechte Haltung und eine sichere Schutzzone gewährleisten.“