Hamburg. Beim IQB-Bildungstrend wurden Neuntklässler in den Fächern Deutsch und Englisch getestet. Deutliche Steigerung in der Rechtschreibung.

Das ist noch einmal ein deutlicher Sprung nach vorn: Beim aktuellen Bildungstrend des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) landen die Hamburger Neuntklässler und Neuntklässlerinnen im Leistungsvergleich in den Fächern Deutsch und Englisch auf Platz vier unter den 16 Bundesländern. Bei der ersten Untersuchung des Leistungsniveaus in den beiden Sprachen im Jahr 2009 belegte Hamburg Rang elf und verbesserte sich 2015 auf Rang acht.

„Kein anderes Bundesland hat sich in den vergangenen 13 Jahren so stark verbessert wie Hamburg. 2011 lagen die Leistungen der Hamburger Schülerinnen und Schüler in Klassenstufe neun über alle Fächer hinweg durchschnittlich auf Platz elf, heute auf Platz vier“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD). Überprüft werden die Leistungen auch in Mathematik und den Naturwissenschaften. Hamburg gehöre jetzt „zusammen mit Sachsen und Baden-Württemberg zu der von Bayern angeführten Spitzengruppe aller Bundesländer“. Für Rabe ist das „ein schöner Erfolg unserer Politik, die auf gezielte Förderung und auf Leistung setzt“.

Schule Hamburg: Monatelange Corona-Schulschließungen hatten Einfluss auf die Ergebnisse

An den Tests des IQB der Humboldt-Universität zu Berlin im Auftrag der Kultusministerkonferenz beteiligten sich von April bis Juli 2022 Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen aller 16 Bundesländer. Die Überprüfung des Leistungsstandes in fünf Schlüsselkompetenzen der beiden Sprachen erfolgte also nach der Corona-Pandemie. Die monatelangen Schulschließungen und Unterrichtsunterbrechungen dürften Einfluss auf die Ergebnisse gehabt haben. Deutschlandweit haben sich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu 2009 und 2015 verschlechtert, in Hamburg hingegen leicht verbessert.

Berechnungsgrundlage für den IQB-Bildungstrend ist eine 500er-Skala, wobei 50 Punkte etwa dem Lernzuwachs eines Schuljahres entsprechen. Der Durchschnitt der Leistungen der Schüler aller 16 Länder lag in beiden Fächern zusammen 2009 bei 499,4 Punkten, 2015 nahezu unverändert bei 500 Punkten und sank nun auf 489 Punkte. Hamburg verzeichnete dagegen als einziges Bundesland einen kontinuierlichen Anstieg: von 488 Punkten (2009) über 498 Punkte (2015) auf 498,2 Punkte in der aktuellen Studie.

Im Fach Englisch erreichten die Hamburger Neuntklässler Top-Platzierungen

Dabei fallen die Ergebnisse für die beiden Sprachen an Elbe und Alster unterschiedlich aus. Während die Leistungen in Deutsch bundesweit deutlich schwächer geworden sind, fällt das Minus in Hamburg geringer aus, sodass sich die Hansestadt relativ verbessert hat. Im Fach Englisch hingegen ist die Tendenz insgesamt positiv, in Hamburg ist die Verbesserung aber überproportional.

Die Ergebnisse im Einzelnen: Die Top-Platzierung erreichen die Hamburger Neuntklässler in der Schlüsselkompetenz „Englisch Hörverstehen“: 551 Punkte bedeuten nicht nur eine klare Steigerung gegenüber 2009 (486 Punkte) und 2015 (513 Punkte), sondern auch Platz eins unter allen 16 Ländern. Die Hamburger Schülerinnen und Schüler verstehen gesprochene englische Texte überdurchschnittlich gut, denn der bundesweite Schnitt liegt bei lediglich 523 Punkten (2009: 481, 2015: 500).

Schulsenator Ties Rabe (SPD) spricht von einem „wirklich überragenden Erfolg“

Beim Lesen englischer Texte kommen die Hamburger Neuntklässler mit 532 Punkten auf Platz zwei nach den bayerischen Gleichaltrigen mit 542 Punkten. Der Bundesschnitt liegt bei 522 Punkten. Auch beim Lesen englischer Texte haben sich die Hamburger im Laufe der Jahre gesteigert. So betrug der IQB-Wert 2009 noch 477 Punkte und kletterte 2015 auf 499 Punkte.

Fast man beide Schlüsselkompetenzen im Englischen zusammen, ergibt sich bundesweit eine Steigerung um durchschnittlich 39 Punkte gegenüber 2009, in Hamburg ist es jedoch ein Plus von 60 Punkten. „In Englisch waren die Hamburger Schülerinnen und Schüler schon immer gut. Dass allerdings die Leistung noch einmal so stark gesteigert werden konnte, ist ein wirklich überragender Erfolg“, sagte Rabe.

Beim Sorgenkind Rechtschreibung gab es eine erstaunliche Entwicklung

Die vielleicht erstaunlichste Entwicklung gelang den Hamburger Schülern in der Rechtschreibung im Fach Deutsch – über viele Jahre wie Rechnen und Mathematik ein Sorgenkind der hiesigen Schulbildung. Bemerkenswert ist der dramatische bundesweite Rückgang der Rechtschreibleistungen. Wurden 2009 noch 504 Punkte und 2015 immerhin noch 500 Punkte gemessen, so liegt der aktuelle Wert bei 469 Punkten. Die Bildungsexperten führen die negative Tendenz besonders in der Rechtschreibung auf die Corona-Pandemie zurück.

Auch in Hamburg sank die Schülerleistung angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen, allerdings deutlich geringer: Vor 14 Jahren betrug der Wert 478 Punkte, stieg 2015 auf 482 Punkte und sank jetzt lediglich leicht auf 471 Punkte. Mit anderen Worten: Zweimal landeten die Hamburger Neuntklässler in der Orthografie abgeschlagen auf Platz 15, springen aber aktuell auf Platz fünf. „Die Verbesserung steht klar im Zusammenhang mit unserer 2015 gestarteten Rechtschreiboffensive, die unter anderem mehr Unterrichtszeit, klare Lernmethoden, regelmäßige Klausuren, Lernstandsüberprüfungen und Schulungsangebote für Lehrkräfte umfasst“, sagte Rabe.

Nur beim Lesen deutscher Texte liegt Hamburg unter dem Bundesschnitt

Bei den Tests zum Hörverstehen im Deutschen belegen die Hamburger Neuntklässler Rang drei. Wurden in den Jahren 2009 (Rang 13) und 2015 (Rang sieben) jeweils 500 Punkte gemessen, so sank der Wert aktuell auf 465 Punkte. Damit liegt Hamburg allerdings deutlich über dem Bundesschnitt von 456 Punkten. Während die Leistungen der Schülerinnen und Schüler bundesweit seit 2009 um 58 Punkte abnahmen, betrug das Hamburger Minus lediglich 35 Punkte.

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Beim Lesen deutscher Texte erreichen die Hamburger 472 Punkte und liegen damit zum einzigen Mal bei den fünf Schlüsselkompetenzen knapp unter dem Bundesschnitt von 475 Punkten. Das bedeutet nur Platz zehn unter den 16 Ländern. Auch hier ist bundesweit ein Absacken um 37 Punkte gegenüber 2009 zu verzeichnen, das in Hamburg mit einem Minus von 27 Punkten etwas geringer ausfällt.

Der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund hat sich erhöht

Alle drei Kompetenzbereiche im Fach Deutsch zusammengefasst, ergibt sich folgendes Bild: Die Leistungen sind bundesweit seit 2009 von 510 auf 467 Punkte, also um 43 Punkte, zurückgegangen, während in Hamburg ein etwa halb so großes Minus von 23 Punkten (von 492 auf 469 Punkte) gemessen wurde.

Nicht nur die Folgen der Corona-Pandemie haben einen negativen Einfluss auf die Schülerleistungen gehabt. Die IQB-Wissenschaftler stellen auch eine Veränderung der Schülerschaft fest, die sich vor allem im Fach Deutsch auswirken dürfte. Insgesamt hat sich der Anteil der Schülerinnen und Schüler aus sozial benachteiligten Familien und aus Familien mit Migrationshintergrund erhöht. Die Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg sowie Hessen haben mit mehr als 50 Prozent die höchsten Anteile an Schülern mit Migrationshintergrund.

Schule in Hamburg: Jahrelang bildeten die Stadtstaaten die Schlusslichter bei den Leistungstests

In vielen zugewanderten Familien wird zu Hause nicht Deutsch gesprochen, was zu schulischen Problemen besonders im Fach Deutsch führen kann. Die soziale Zusammensetzung der Schülerschaft war ein zentraler Grund dafür, dass die drei Stadtstaaten über viele Jahre bei den Ländervergleichstests der Schülerleistungen die Schlusslichter bildeten.

„Jahrelang zählten die Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin zu den Bildungsverlierern der 16 Bundesländer. Jetzt haben sich Hamburgs Schülerinnen und Schüler erheblich verbessert und liegen in Klassenstufe neun in Deutsch und Englisch auf Platz vier. Das macht Mut, aber es bleibt noch viel zu tun“, sagte Rabe.