Hamburg. Hamburg untersagt Pro-Palästina-Demonstrationen in der City. Kripobeamter vergleicht die Situation mit dem G20-Gipfel.

Der Überblick

  • Hamas hat zu Aktionen gegen jüdische Einrichtungen aufgerufen
  • Bereitschaftspolizei und Alarmhundertschaften im Einsatz
  • Brennpunkt des Einsatzes wird St. Georg sein

Die Versammlungsbehörde Hamburg hat eine für Freitag (13. Oktober) vorgesehene Pro-Palästina- und -Kurdistan-Demonstration verboten. Die Kundgebung unter dem Motto „Solidarität mit Rojava und Palästina“ sollte um 18 Uhr auf dem Heidi-Kabel-Platz/Hachmannplatz am Hauptbahnhof stattfinden. Laut Polizei waren ursprünglich 30 teilnehmende Personen erwartet worden.

Der Anmelder, ein aus Berlin stammender Mann, ist den Behörden in der Hauptstadt bereits im Zusammenhang mit einer vergleichbaren Anmeldung bekannt. Die genaue Begründung für das Verbot lag zunächst nicht vor.

Auch gegen eine weitere, für Sonnabend (14. Oktober) geplante Versammlung wurde ein Verbot ausgesprochen. Sie sollte unter dem Tenor „Stoppt den Krieg, Ende der Besatzung Palästinas“ auf dem Rathausmarkt stattfinden. Für kommenden Mittwoch war eine weitere Pro-Palästina-Demonstration angemeldet worden.

Nach Hamas-Aufruf: Polizei Hamburg mobilisiert Alarmhundertschaften

Nach dem Aufruf der Terrororganisation Hamas, die Muslime zu Aktionen gegen Israel und jüdische Einrichtungen nach dem Freitagsgebet auffordert, hat die Polizei im großen Stil Kräfte mobilisiert. So werden am Freitag die gesamte Bereitschaftspolizei, aber auch die vier Alarmhundertschaften, bestehend aus Beamten der Polizeireviere, im Einsatz sein.

Hamburg verstärkt den Schutz jüdischer Einrichtungen – hier steht ein Polizist vor einer jüdischen Schule.
Hamburg verstärkt den Schutz jüdischer Einrichtungen – hier steht ein Polizist vor einer jüdischen Schule. © dpa | Thomas Müller

Dabei geht es um den Schutz jüdischer Einrichtungen, aber auch um das Vorhalten von starken Kräften, wenn es nach den Freitagsgebeten zur Ausschreitungen kommen sollte.

Polizei Hamburg will Aktionen gegen jüdische Einrichtungen entschlossen entgegentreten

„Wer die menschenverachtende und alle Grenzen überschreitende Barbarei der Hamas befürwortet oder sich darüber freut, für den kann es in unserer Gesellschaft keine Toleranz geben“, sagt Innensenator Andy Grote. „Das Bejubeln und Feiern der Massaker an Jüdinnen und Juden durch die Hamas ist unerträglich und hat auf unseren Straßen keinen Platz. Wir werden deshalb bei entsprechenden Aktionen niedrigschwellig und konsequent vorgehen.“

Bei Versammlungsanmeldungen werde die Versammlungsbehörde die rechtlichen Spielräume „restlos“ ausschöpfen. Um die jüdischen Einrichtungen in Hamburg zu schützen und Störungen frühzeitig und effektiv zu unterbinden, werde die Polizei unmittelbar und entschlossen einschreiten.

Wie aggressiv die Stimmung ist, zeigte sich bereits am Montagabend. Zahlreiche Menschen hatten sich in der Nähe des Rathauses versammelt, um der Opfer der Terrorangriffe auf Israel zu gedenken. Bei den Aufräumarbeiten auf dem Rathausmarkt waren nach der Kundgebung zwei 32 und 47 Jahre alte Mitarbeiterinnen des Antisemetismusbeauftragten der Stadt attackiert worden. Die Täter waren eine der Frauen angegangen. Auf den Boden gefallene Israel-Flaggen wurden mit Füßen getreten und bespuckt. Einer der Männer filmte die Szene.

Hamburger Verfassungsschutz warnt vor israel- und judenfeindlichen Institutionen

Ein Brennpunkt des Einsatzes wird St. Georg sein. Aber auch in anderen Bereichen der Stadt, wie Harburg, wird es Polizeipräsenz geben. Geführt wird der Einsatz, der unter der Bezeichnung BAO „Nahost“ läuft, vom Führungsstab aus dem Polizeipräsidium.

„Die Situation ändert sich von Minute zu Minute“, sagte eine Beamtin dem Abendblatt zu der Einsatzplanung. Bei der Polizei geht man davon aus, dass es nicht nur Tage, sondern Wochen sein werden, in denen sie verstärkt wegen des Konflikts im Nahen Osten in Hamburg gefordert sein wird.

Dabei geht es nicht nur um die uniformierte Schutzpolizei. Auch für die Kripo werden die Konflikte in Hamburg um den Konflikt im Nahen Osten absehbar eine hohe Belastung mit sich bringen.

Polizei Hamburg vergleicht Lage mit G20-Gipfel

„Es ist vergleichbar mit dem G20-Gipfel“, so ein Kripomann. „Wir werden die gleichen Straftaten in der gleichen Weise bearbeiten müssen.“ Damals hatte man extra die Soko „Schwarzer Block“ gegründet, die, verstärkt durch Beamte aus ganz Deutschland, Straftaten, oft mithilfe von Bildmaterial, aufklärte. „Diese Ressourcen wird man jetzt nicht haben. Viele Bundesländer sehen sich der gleichen Situation wie in Hamburg gegenüber und werden selbst beschäftigt sein“, so der Kripomann.

Dass der Konflikt im Nahen Osten länger ein Thema ist, das stark mobilisiert, hatte der Verfassungsschutz schon im vergangenen Jahr festgestellt. „Auch internationale Geschehnisse wie der Israel-Palästina-Konflikt werden für die Mobilisierung instrumentalisiert. Insbesondere das Narrativ einer vermeintlichen ‚Doppelmoral‘ des Westens“, heißt es im letzten Verfassungsschutzbericht.

Dabei sind es mehrere Institutionen und Vereine, die gezielt gegen Israel und Juden mobil machen. Dazu heißt es vom Verfassungsschutz: „Antisemitisches Gedankengut ist ein integraler Bestandteil islamistischer Ideologien.“

Freitagsgebet in der Mevlana-Moschee in der Rindermarkthalle auf St. Pauli: Nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel mobilisiert die Polizei Hamburg zusätzliche Kräfte (Archivbild).
Freitagsgebet in der Mevlana-Moschee in der Rindermarkthalle auf St. Pauli: Nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel mobilisiert die Polizei Hamburg zusätzliche Kräfte (Archivbild). © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Nach der Eskalation durch die barbarischen Terrorakte von Mitgliedern der Hamas, die Massaker unter Zivilisten angerichtet hatte, dürfte aufgrund der harten Reaktion Israels die Mobilisierung noch einmal deutlich steigen. Dabei geht es nicht nur um die 1755 Islamisten – die Masse davon, 1455, gelten als gewaltaffin –, die es nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in Hamburg gibt.

Bereits 2014 hatte es in Hamburg einen Großeinsatz der Polizei nach der Auseinandersetzung zwischen Islamisten und Kurden gegeben. Auch damals hatte man Ausschreitungen nach dem Freitagsgebet befürchtet. Ebenfalls war St. Georg Brennpunkt der Ereignisse gewesen.

Die Polizei hatte im Vorfeld in dem Bereich zahlreiche Personen- und Fahrzeugkontrollen durchgeführt. Dabei kam es zu mehreren Festnahmen und Ingewahrsamnahmen im zweistelligen Bereich sowie der Sicherstellung von Stich- und Hiebwaffen.

Auch Schleswig-Holstein wegen möglicher Straftaten besorgt

Auch das schleswig-holsteinische Innenministerium nimmt den Aufruf der islamistischen Hamas zur Mobilisierung von Palästinensern in der Welt ernst. Die Lage werde fortlaufend aktualisiert und bewertet, um möglichen Gefahren für die innere Sicherheit des Landes, vor allem für alle Jüdinnen und Juden sowie jüdische Gemeinden und Einrichtungen, frühzeitig begegnen zu können, teilte ein Sprecher am Donnerstag mit.

Im Innenministerium lägen Erkenntnisse zu pro-palästinensischen Versammlungsanmeldungen vor. Die Polizei und die grundsätzlich zuständigen Versammlungsbehörden stünden in einem sehr engen Austausch und Kontakt. „Straftaten und Ordnungswidrigkeiten werden konsequent verfolgt.“ Darüber hinaus gebe es intensiven Kontakt und Austausch mit den Vertretern der jüdischen Gemeinden. Die Streifentätigkeit vor jüdischen Einrichtungen und Gemeinden wurde verstärkt.

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Der Verfassungsschutz Schleswig-Holstein beziffert den Angaben zufolge im Verfassungsschutzbericht 2022 das Potenzial der Terrororganisation Hamas im Land auf etwa fünf Personen.

Die Hamas hatte am Dienstag zur Mobilisierung der arabischen und muslimischen Welt aufgerufen. Der kommende Freitag sei der „Freitag der Al-Aksa-Flut“.