1900 Polizisten stoppen Kurden und Salafisten. Beamte finden erneut Waffen in St. Georg. Hamburgs CDU will Werbung für Terrorgruppen wieder unter Strafe stellen.

St. Georg. Die Polizei hat am Freitag mit massiver Präsenz neue Ausschreitungen zwischen radikalen Islamisten und Kurden verhindert. Die Behörden hatten befürchtet, dass Gewaltbereite den Tag nutzen würden, um am Rande des Freitagsgebets die Konfrontation zu suchen. Die Polizei war im gesamten Stadtteil St. Georg mit einem Großaufgebot im Einsatz – 1900 Polizeibeamte auch aus Bayern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein sowie von der Bundespolizei. Es gab erneut mehrere Festnahmen. Die Polizisten stellten auch wieder Messer, Macheten, Baseballschläger und Schlagstöcke sowie eine Eisenkette sicher.

„Wir sind mit dem Verlauf zufrieden“, sagte Polizeisprecher Mirko Streiber am Freitagnachmittag. „Die präventiven Maßnahmen im Vorwege und die starke Polizeipräsenz haben ihr Ziel nicht verfehlt.“ Gegen 13.30 Uhr hatte das Freitagsgebet in der Al-Nour-Moschee am Kleinen Pulverteich begonnen. Rund 1000 Gläubige waren gekommen, um an diesem für Muslime wichtigsten Gebet teilzunehmen. Um 14.20 Uhr war das Freitagsgebet beendet. Die Menschen strömten aus der Moschee. Es kam zu keinen Zwischenfällen.

Schon vorher kontrollierte die Polizei viele Menschen auf der Straße. Vor allem junge Männer, die möglicherweise zu einer der beiden Gruppen gehören, aber auch Passanten, die größere Taschen oder Rucksäcke dabeihatten, wurden überprüft. Auf dem Steindamm überprüften Beamte einen Audi, in dem nicht nur Rauschgift, sondern im Kofferraum auch ein kleines Arsenal Hieb- und Stichwaffen entdeckt wurden, darunter auch eine Machete. Der Fahrer wurde festgenommen. An der Adenauerallee nahmen Polizisten einen Mann in Gewahrsam, in dessen Fahrzeug ein verbotenes Messer und eine kleinere Menge Drogen gefunden wurden.

Der Mann, so die Erkenntnisse der Polizei, soll einen Salafismus-Hintergrund haben. Bis zum Nachmittag wurden in St. Georg neun Festnahmen und 22 Ingewahrsamnahmen gezählt.

Wie in den vergangenen Tagen wurde versucht, die Stimmung durch Meldungen in sozialen Netzwerken anzuheizen. Am Freitag wurden über Twitter Kennzeichen von Autos verbreitet, die man angreifen solle. Seit Mittwoch hatte es vergleichbare gezielte Falschmeldungen gegeben, in denen es hieß, eine Moschee sei angezündet oder eine Muslima niedergestochen worden. Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), war extra aus Berlin nach Hamburg gekommen. „Man kann bis jetzt sagen, dass die Präsenz von vielen Kräften und das konsequente Einschreiten einen großen Erfolg gehabt haben“, sagt er am Nachmittag. „Ich bin froh, dass die Maßnahmen auch auf Akzeptanz gestoßen sind.“ Eine Rolle habe dabei wohl auch gespielt, dass die Polizei nicht als direkter „Feind“ angesehen wurde.

„Die Sicherstellung der Waffen zeigt, wie wichtig und richtig der Polizeieinsatz war“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Der Einsatz in dem Umfang war richtig“, sagt Polizeisprecher Streiber. „Es ist ruhig geblieben. Das war unser Ziel.“ Entspannung erhofft man sich am Wochenende. Am Freitag fuhren viele Kurden mit Bussen nach Düsseldorf. Dort findet am heutigen Sonnabend eine große Kurden-Demonstration statt.

Wie angespannt und explosiv die Lage bleibt, zeigte sich aber bereits am Freitag. In Harburg stellte die Polizei mehrere Tschetschenen, die sich mit Stich- und Schlagwerkzeugen bewaffnet hatten, im Umfeld der El-Imam-Moschee am Krummholzberg. Tschetschenen gelten als Anhänger der Terrorgruppe Islamischer Staat. 19 Männer wurden in Gewahrsam genommen. Die El-Imam-Moschee und die Taqwa-Moschee in Harburg gelten als Zentren der islamistischen Extremistenszene. Beide werden vom Verfassungsschutz beobachtet. CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich hält die aktuelle Sicherheitslage „für ausgesprochen riskant für den inneren Frieden in Hamburg und ganz Deutschland“. Um zu verhindern, dass Extremisten auf beiden Seiten immer mehr Zulauf bekommen, müssten Politik und Polizei „eng mit den muslimischen Verbänden zusammenarbeiten“. Das sagte der CDU-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 in einem Gespräch mit Journalisten am Freitag. Wersich tritt für die Wiedereinführung der Strafbarkeit des Werbens für eine terroristische Vereinigung ein, die die rot-grüne Bundesregierung einst abgeschafft habe.

Mit Blick auf aus den Kriegsgebieten zurückgekehrte Dschihadisten mit deutschem Pass sagte Wersich: „Man muss in diesen Fällen als Sanktionsmittel auch die deutsche Staatsangehörigkeit entziehen können.“ Das gehe jedoch nur, wenn die Betroffenen eine weitere Staatsangehörigkeit hätten. Schließlich sollte der Ermessensspielraum bei der Ausweisung ausländischer Extremisten häufiger als bisher ausgenutzt werden. „In diesen Punkten sind sich alle norddeutschen CDU-Fraktionsvorsitzenden einig“, sagte Wersich.

Auch das kurdisch-deutsche Kulturzentrum mit Sitz am Steindamm meldete sich per Pressemitteilung zu Wort. Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung lehne man ab. „Wir rufen alle in Hamburg und der gesamten Bundesrepublik lebenden Kurdinnen und Kurden dazu auf, ihren Protest auf einer friedlichen und demokratischen Ebene zum Ausdruck zu bringen“, heißt es in der Erklärung.