Othmarschen. Corona und Rechtsstreitigkeiten hatten das ambitionierte Projekt in Othmarschen verzögert – jetzt aber soll es endlich losgehen.
Es ist eines der ambitioniertesten Bauvorhaben in Hamburg – und nimmt endlich Fahrt auf. Der Bauherr Asklepios spricht von einem „wichtigen Meilenstein“: Aus dem Vergabeverfahren für den Klinikneubau in Altona ist das Düsseldorfer Büro Telluride Architekten (vormals HDR) im Team mit Sander Hofrichter Architekten als bester und wirtschaftlichster Bieter hervorgegangen. Auch ein Hamburger Büro ist mit im Boot: WES Landschaftsarchitektur gestaltet die Freiräume. Allerdings wird es noch dauern, bis die Baumaschinen anrollen: Bis zum Spatenstich dürften etwa drei Jahre vergehen, die Bauzeit wird auf fünf Jahre veranschlagt. Konkret heißt das: Fertigstellung nicht von 2031.
Der Neubau ist für die Versorgung im Westen der Stadt von elementarer Bedeutung und wurde von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in seiner ersten Regierungserklärung 2018 öffentlich gemacht. Der Ersatz für das in die Jahre gekommene Scheibenhochhaus, entworfen ab 1959 vom Hamburger Werner Kallmorgen, ist überfällig. Der 75 Meter hohe Bau an der Paul-Ehrlich-Straße mit seinen 23 Stockwerken wurde 1971 eröffnet und ist weder medizinisch noch energietechnisch zeitgemäß. Das Krankenhaus an der Autobahnabfahrt Othmarschen ist eine der wichtigsten Kliniken der Stadt. Rund elf Prozent aller Notfälle der Hamburger Feuerwehr landen hier, insgesamt nimmt die Zentrale Notaufnahme 41.000 Fälle auf. Die 1500 Beschäftigten versorgen jährlich rund 35.000 vollstationäre Fälle.
Asklepios spricht von einem wichtigen „Meilenstein“ beim Neubau
„Mit der Beauftragung der Architekten erreichen wir den nächsten wichtigen Meilenstein unseres Neubauprojekts“, sagt Joachim Gemmel, Sprecher der Geschäftsführung der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH. „Wir freuen uns auf eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Planungsteam der renommierten Büros Telluride, Sander Hofrichter und WES. Aufgabe des beauftragten Planungsbüros ist es nun, der Stadt und uns aufzuzeigen, mit welchen Umsetzungsideen ihr Entwurf im Rahmen unseres Budgets zu realisieren ist.“ Die vorläufigen Neubaukosten waren 2019 mit 425 Millionen Euro kalkuliert worden. Die Stadt beteiligt sich auf Grundlage des Krankenhausfinanzierungsgesetzes an den Kosten.
Fraglich ist inzwischen aber, ob dieses Volumen angesichts steigender Baupreise und einer galoppierenden Inflation ausreichen wird. Ohnehin ist das Projekt mehr als ein Klinikneubau: An der Behringstraße soll ein neues Stadtteilzentrum mit Gesundheitsboulevard entstehen. Der Entwurf der Architekten sieht drei fünfgeschossige Gebäuderiegel vor, die sich als Campus in das neue Quartier einfügen und zum Stadtteil hin öffnen. Insgesamt misst das Gelände 35.000 Quadratmeter.
Zwischen den Teichen im Krankenhauspark und dem Neubau soll ein öffentlicher Boulevard entstehen, der über das Areal vom Haupteingang bis zum Vorfeld des Hochhauses verläuft. Der Neubau entsteht auf städtischem Grund: Das Gelände erstreckt sich vom ehemaligen Klinikpförtnerhaus über die Paul-Ehrlich-Straße bis zum Grundstück des ehemaligen Wellness-Centers Aqua Fit, das inzwischen abgerissen wurde.
In Othmarschen soll ein Gesundheitscampus und Treffpunkt entstehen
„Der Entwurf der Architekturbüros Telluride und Sander Hofrichter Architekten zusammen mit den WES Landschaftsarchitekten spiegelt die typische lokale Identität des Stadtteils Altona“, heißt es bei Asklepios. Im Architekturwettbewerb hatten die Düsseldorfer nur einen gemeinsamen dritten Platz belegt. Asklepios betont, dass sich die konkrete Ausgestaltung in der Ausführungsplanung noch verändern dürfte. Telluride wird nun in Abstimmung mit Asklepios die Grundlagenermittlung und Vorplanung überarbeiten. Der Klinikkonzern will in diesen Prozess seine Ärzte und Pfleger eng einbinden.
Ursprünglich, so hieß es am Ende des Architekturwettbewerbs im Dezember 2019, sollte der Baustart 2023 erfolgen und 2028 die Klinik eröffnet werden. Zunächst kam der Planungsprozess durch die Corona-Pandemie ins Stocken, dann kamen juristische Streitigkeiten hinzu: Der Wettbewerbssieger, das Berliner Planungsbüro Hascher Jehle, hatte im Verfahren Unklarheiten in den Vergabeunterlagen beanstandet. Die Vergabekammer war der Rüge in Teilen gefolgt, vor dem Oberlandesgericht setzte sich dann Asklepios größtenteils durch. Die bereits eingereichten Angebote mussten aber neu bewertet werden.
Asklepios: Beim Architekturwettbewerb war ein anderer Entwurf favorisiert worden
Auch wenn Oberbaudirektor Franz-Josef Höing den Hascher-Jehle-Entwurf 2019 als „Geniestreich“ gelobt hatte und das Preisgericht nur einen ersten sowie zwei dritte Plätze vergeben hatte, kommt die Vergabe nach den Querelen nicht ganz überraschend. Der Zuschlag erfolgte am Ende anhand von fünf Kriterien: Neben dem Wettbewerbsergebnis war dies die Herangehensweise an die Planungsaufgabe, die Gewährleistung der Qualität, die Verfügbarkeit des Teams und das Honorar. Das Düsseldorfer Büro Telluride Architekten ging daraus als bester und wirtschaftlichster Bieter hervor. Stadt und Asklepios finanzieren den Neubau gemeinsam.
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„Aufgrund seiner logistisch unkomfortablen vertikalen Bauweise und eines dringlichen energetischen Sanierungsbedarfs hat Asklepios gemeinsam mit der Stadt den Neubau der Klinik ins Auge gefasst“, heißt es in der Pressemitteilung des Krankenhauskonzerns, für den die Umsetzung eines der größten Bau-Projekte der bisherigen Unternehmensgeschichte ist. Bis zur Fertigstellung wird der denkmalgeschützte Altbau als Klinik ohne Abstriche in der Versorgung weiter genutzt, heißt es. Asklepios habe auch in der jüngsten Vergangenheit weiter in das Gebäude investiert. Derzeit hat es 630 Betten, der Neubau ist etwas größer konzipiert, wird aber wohl unter den 2019 kommunizierten 800 Betten bleiben.
Eine der zentralen Fragen für den Stadtteil bleibt hingegen vorerst in der Schwebe: „Zur Art der Nachnutzung des Bestandsgebäudes ist noch keine Entscheidung gefallen“, heißt es bei Asklepios. Das markante Hochhaus steht unter Denkmalschutz, die Nachnutzung ist indes nicht einfach. Aber bis 2031 wird ja noch viel Wasser die benachbarte Elbe hinunterfließen.