Hamburg. Anja Henning steckt das Personal in Matrosen-Shirts, Musikerinnen glänzen in schwarzen Galakleidern von Harm Jopp Jerseys.
Die Violinistin wünscht sich Ärmel, die beim Geigenspiel keine ungewollten Einblicke gewähren. Die Cellistin braucht Beinfreiheit und daher einen weiten, weich fallenden Rock. Die Bedürfnisse sind unterschiedlich, der modische Geschmack anscheinend nicht: 28 Musikerinnen des NDR Elbphilharmonie Orchesters ließen sich vom Hamburger Designerduo Harm Jopp Jerseys mit Galakleidern ausstatten. „Mein Stretchkleid ist bequem. Das ist mir extrem wichtig“, sagt Motomi Ishikawa. „Wir spielen ja die ganze Zeit, es sollte also sehr flexibel, aber trotzdem elegant sein.“
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Die Violinistin kennt die Designer Stefan Harm und Tobias Jopp – sie sind ihre Nachbarn. „Motomi ist sehr häufig bei uns im Laden an der Hegestraße“, sagt Tobias Jopp. Wie Motomi Ishikawa sind auch einige ihrer Kolleginnen schon seit Längerem Kundinnen des Eppendorfer Duos. So auch Katharina Kühl. Die Cellistin, die sich im Orchester um die Kleiderordnung kümmert, brachte die Designer auf die Idee, Kleidung auf die Bedürfnisse der Musikerinnen zuzuschneiden – eine Marktlücke, wie sich zeigte. „Jedes Instrument hat andere Anforderungen, und jeder Musiker hat andere Vorlieben. Für mich ist es wichtig, dass das Kleid für mein Instrument weit genug ist, aber trotzdem glatt fällt und nicht aufbauscht.“
Sonderkollektion für das Orchester
Die Kreativen entwarfen extra für das Orchester eine kleine Sonderkollektion, bestehend aus acht langen Kleidern, vier Röcken sowie Oberteilen und kurzen Jacken. „Allesamt wurden aus unserem unverkennbaren italienischen Jerseystoff und in variierenden Schwarztönen gestaltet. Mal matt, mal glänzend, damit sich die Roben voneinander abheben“, sagt Tobias Jopp (46). Man merke dem Orchester seinen Generationswechsel an. „Die Musikerinnen sind jung und begeisterungsfähig“, sagt Jopp weiter. „Sie haben Spaß an der Mode. Das hat man bei der gemeinsamen Anprobe in unserem Atelier gespürt.“
Geigerin Juliane Laakmann gefällt die Reisetauglichkeit der Modelle: „Normalerweise ist es fast hoffnungslos, ein langes Kleid mit langen Ärmeln zu finden, das man auf Reisen im Koffer knüllen kann und das nicht knittert. Besonders auf Orchesterreisen haben wir Musiker weder Zeit noch Lust zum Bügeln.“
Hanseatisch und weltoffen, klassisch und modern – all das, was die Elbphilharmonie verkörpern will, sollen auch die Outfits des Personals verkörpern. So lautete der Auftrag, den Anja Henning (52) von Hamburgs großem Konzerthaus bekam. Knapp ein Jahr ist es her, dass die Geschäftsführung auf die Modedesignerin zukam. Nataly Bombeck, die die PR der Elbphilharmonie verantwortet, war durch ein Porträt im Abendblatt auf sie gestoßen.
Das Rundum-sorglos-Paket
Anja Henning ist in dem Bereich Corporate Fashion keine Unbekannte: Seit mehr als 25 Jahren entwirft sie selbstständig Mode, die sich an den Berufsalltag anpasst und auch immer öfter das Image einer Marke stützt. Mit ihrer Firma Bonning&Bonning in Groß Flottbek bietet sie mit Entwurf, Beratung, Produktion und Logistik ein Rundum-sorglos-Paket an. Unter ihren Kunden: Tui, Rolls Royce, Volkswagen, Aida, Fifa. Und jetzt die Elbphilharmonie.
Elbphilharmonie – das Abendblatt-Special
„Ich bin sehr stolz und glücklich, Teil dieses großartigen Projekts zu sein“, sagt die Designerin. „Vom Reinigungspersonal über die Techniker bis zu den Kartenabreißern – die rund 400 Mitarbeiter tragen alle die Farben Schwarz, Rot und Weiß. Diese Schlichtheit ist den Architekten des Hauses geschuldet, die ja auch ein klares Design verfolgen.“
Frauen wie Männer tragen schwarze Smokinghosen und Fräcke, es gibt keine Röcke („zu kompliziert, zu viele Befindlichkeiten“). Dazu werden gestreifte Shirts mit dem Firmenlogo und schwarze oder rote Turnschuhe kombiniert. Knöpfe und Gürtelschnallen glänzen in schwarzer Klavierlack-Optik in Anspielung auf die Musik. Die 15 Modelle wurden so konzipiert, dass sie strapazierfähig und mit wenigen Handgriffen für unterschiedliche Situationen veränderbar sind (zum Beispiel kann eine Schürze oder Cabanjacke kombiniert werden). Letztendlich geht es um Identität: „Man möchte, dass die Mitarbeiter stolz sind auf das, was sie tun. Da spielt die Teamwear eine wichtige Rolle“, so Anja Henning.