Hamburg. Chor und Orchester des Ensembles Pygmalion berühren das Publikum mit ihrem lebendigen Klang. Doch zu Beginn des Abends fehlen die Sängerinnen.
- Chor und Orchester des französischen Ensembles Pygmalion berühren in der Elbphilharmonie mit feinster Klangkultur.
- Zur Aufführung gelangt auch „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms, das dieser nach dem Tod seiner Mutter schrieb.
- Den Anfang des Konzerts mit einem frühbarocken Chorwerk singen die Sopranistinnen und Altistinnen aus dem Auditorium.
Man wunderte sich beim Auftritt des französischen Chors und Orchesters Pygmalion unter der Leitung seines Gründers Raphaël Pichon ja schon, dass nur männliche Sänger hinter den Musikern mit ihren historischen Instrumenten ihre Plätze einnahmen. Wo waren bloß die Soprane und Altistinnen abgeblieben?
Gut versteckt links und rechts hinter den letzten Reihen der Ebene D an der Wand stehend eröffneten sie Georg Daniel Speers vierstimmigen A-cappella-Chorsatz „Ach! Wie elend ist unser Zeit“. Wie von der Empore einer Kirche schritten sie singend die Treppenstufen hinab und traten endlich zu den Tenören und Bässen aufs Podium. Schon hier entfaltete sich die außergewöhnliche Kunst dieses Ensembles, mit kleinsten Zäsuren in der Deklamation bestimmte Textteile abzusetzen.
Elbphilharmonie: „Pygmalion“ ergreift das Publikum zutiefst mit dem Requiem von Johannes Brahms
Ohne Unterbrechung ging es mit Felix Mendelssohn Bartholdys doppelchöriger Motette „Mitten wir im Leben sind“ weiter, in der diesmal die Männer begannen und die Damen auf der Zeile „Das bist du, Herr, alleine!“ in der Höhe ihre Stimmen glänzen ließen, dass es ein Genuss war. Pichon, der als Countertenor seine Karriere einst begann, schuf eine Ausdruckstiefe voller Gegensätze und Nuancen.
Vor dem Ende dieses unser endliches Leben besingenden und auf dem Material eines gregorianischen Chorals beruhenden Werkes fügte der Dirigent eine kurze Pause ein und die Männer trennten mit Nachdruck die Silben des Kyrie eleison. Noch viel eindrucksvoller wurde es dann bei Brahms’ „Ein deutsches Requiem“, wo die Blechbläser historische Instrumente ohne Ventile spielten und neben hölzernen Querflöten, Fagotten aus dem 19. Jahrhundert auch Oboen der Vergangenheit zu hören waren, die viel direkter im Ton durchdrangen als die modernen.
Mehr aktuelle Konzertkritiken aus Hamburg
- Elbphilharmonie: Das Leonkoro Quartet war geradezu schockierend gut
- Schostakowitschs Leben, im Film mit erschütternder Musik nacherzählt
- Dirigenten-Duell, Runde 1: Gardiners Comeback in der Elbphilharmonie
Ganz der Absicht des Komponisten entsprechend, in diesem Requiem weniger über den Tod zu klagen, als die Trauernden zu trösten, erzeugte Pygmalion ein unglaublich warmes Klangbild. Unbeschreiblich, wie sich die instrumentalen Farben mit der glockenhellen Stimme der fantastischen Sopranistin Sabine Devieilhe im fünften Teil „Ich will euch trösten“ und Stéphane Degouts wandelbarer Baritonstimme mischten.