Hamburg. Die Berliner Sängerin Domiziana bei ihrem „Club Inferno“ auf dem Kiez eine mitreißende Show der Selbstbehauptung gefeiert.
Wenn der Einlass im Mojo Club bereits für 18 Uhr angesetzt ist, dann beginnt die Clubnacht eben ein wenig früher. Divers, urban, lässig ist das Publikum, das sich zu den markant-pulsierenden DJ-Sounds von Cielo.Mp3 warmtanzt. In Korsage oder direkt im BH, in Leo-Look, Paillettenkleid oder bauchfrei mit toller Rolle. Domiziana, Star des Abends, steht schließlich für „Empowerment durch Selbstsexualisierung“, wie sie in einer ARD-Doku erzählt. Aufstylen für sich selbst, für die Clique und den Club, für das Lebensgefühl.
Begleitet von ihrem DJ Baran Kok startet ihr Auftritt mit Glockenschlägen. Das passt. Bevor sie mit ihrer Familie mit 17 nach Berlin zog, ist Domiziana in Sizilien aufgewachsen. Streng religiös. Ihr anspielungsreicher Hit „Katholisch erzogen“ lässt nicht lange auf sich warten. „Ave Maria“ zu lauten Beats. Ein Befreiungsschlag in rot-schwarzem Latex. Sie trägt Sonnenbrille in der Nacht. Ihr Tanz zackig und dramatisch. Der schwarze Pagenkopf wippt. Und die 500 Fans im Mojo singen lauthals mit.
Domiziana im Mojo Club: „Dieses Land ist noch viel zu homophob“
„Club Inferno“ heißt ihre Tour. Wie bei ihrer „Auf die Party“-Songkollegin Badmómzjay vor ein paar Tagen in der Sporthalle eine Feier mit Ansage. Und mit Haltung. „Dieses Land ist noch viel zu homophob“, erklärt sie unter Jubel. Bei ihrem Überhit „Ohne Benzin“: sofortiges Ausrasten. Aber Domiziana kann nicht nur „Party Party Baller Baller“, wie sie sagt. In ihrer neuen Single „Europa Center“ singt sie von schlechten Dating-Entscheidungen. Vulnerabel, zärtlich.
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Ihre Show ist mitreißend und impulsiv. Sie stolziert immer mal wieder über das DJ-Pult oder steigt ein rot beleuchtetes Podest empor. Ihre Songs sind Collagen aus der Nacht. Sie erzählen von Flüchtigkeit, ohne oberflächlich zu sein. In „Victoria“ verhandelt Domiziana eindringlich das Thema sexuelle Belästigung. Ihr geht es darum, Räume zurückzuerobern. Und für jedes einzelne Feierbiest im Mojo hat sie am Ende eine positive Botschaft, die in einen weiteren Rave mündet: „Pass auf dich auf!“
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