Hamburg. Die US-Sängerin zeigt sich bei ihrem Hamburger Auftritt sehr kämpferisch. Großes Lob gibt es für den neuen Club und seine Betreiberin.
Ihren Kommentar zu den Verhältnissen in den USA gibt Dee Dee Bridgewater musikalisch, als sie zum Ende des ersten Sets Ray Charles‘ Song „Danger Zone“ singt. Die Schlüsselzeile darin heißt: „Die Welt ist in Aufruhr; die Gefahrenzone ist überall.“ Auch im zweiten Teil ihres restlos ausverkauften Konzertes im Nica Jazzclub macht sie klar, dass sie bis heute ein Teil der Black-Power-Bewegung in Nordamerika ist.
Nach einer mitreißenden Version von Nina Simones „Mississippi Goddam“, das diese als Reaktion auf die Ermordung von vier schwarzen Mädchen in einer Kirche in Alabama geschrieben hat, reißt Bridgewater am Ende ihren rechten Arm hoch und ballt die Hand zu einer Faust – genauso wie das 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexico-City die beiden US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos bei der Siegerehrung getan haben.
Konzert Hamburg: Dee Dee Bridgewater unterhält Publikum mit Charme und Witz
Zwischen den Songs erzählt die Sängerin, 1950 in Memphis geboren, ausführlich aus ihrem Leben und welche Künstlerinnen ihr die entscheidenden Inspirationen für ihre eigene, nun auch schon Jahrzehnte dauernde Karriere gegeben haben: Ella Fitzgerald taucht in dieser Reihe ebenso auf wie Betty Carter, Mary Lou Williams und Abbey Lincoln.
Mit viel Charme und Witz unterhält Bridgewater das begeisterte Publikum, kommuniziert mit dem Auditorium in den ersten Reihen und lässt sich sogar von einer Zuhörerin eine Textpassage aus einem französischen Lied soufflieren, die ihr gerade entfallen ist.
Konzert in Hamburg: Warum Weltstar Dee Dee Bridgewater vom Nica Jazz Club begeistert ist
Bridgewater war gerade in Frankreich auf Tournee, deshalb hat sie gleich drei französische Songs im Repertoire, darunter Charles Trenets „La mer“. Begleitet wird sie auf der Tournee von der sehr versierten und variabel spielenden Pianistin Carmen Staaf.
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Mit der schwierigen Raumsituation im Nica durch die drei tragenden Säulen mitten im Raum geht Bridgewater ebenfalls souverän um, indem sie sich auf der Bühne von rechts nach links und zurückbewegt und sie so jeder im Club sehen kann.
Überhaupt ist sie vom Nica und seiner Betreiberin Fee Schlennstedt sehr angetan. „Ihr habt mitten in der Stadt ein Juwel, das auch noch von einer Frau geleitet wird. Unterstützt sie, so gut ihr könnt“, fordert der Weltstar das Hamburger Publikum auf. Mehr Lob für das Nica geht kaum.
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