Hamburg. Die niederländische Sängerin kam mit ihrer fulminanten Band ins CCH. Natürlich durfte ein ganz besonderer Song an diesem Abend nicht fehlen.

Manchmal, sagt Ilse DeLange, können drei Minuten eine Karriere verändern. Ihrem Auftritt beim Eurovision Song Contest 2014 in Kopenhagen habe sie es zu verdanken, dass sie auch in Deutschland touren dürfe: „Vorher kannte man mich fast nur in den Niederlanden.“ Dann singt die 47-Jährige „Calm After The Storm“ in der Akustik-Version, genau wie vor zehn Jahren in Dänemark. Der Applaus der 1.100 Fans im CCH in Hamburg taugt als weiterer Beweis, dass es lohnt, an sich zu glauben.

Als Ilse DeLange mit der Band The Common Linnets die Reise nach Kopenhagen antrat, waren, so sagt sie, 80 Prozent ihrer Landsleute überzeugt, dass mit diesem Lied kein Blumentopf zu gewinnen sei. Viel zu ruhig, viel zu schlicht für das grelle ESC-Spektakel. Doch dann erhielt nur die für Österreich startende Dragqueen Conchita Wurst mehr Punkte. „Den zweiten Platz habe ich auch Deutschland zu verdanken. Ihr habt mir zwölf Punkte gegeben.“

Konzert Hamburg: Ilse DeLange im CCH – nach und nach holt sie ihre fulminanten Kollegen an ihre Seite

Ilse DeLanges Gastspiel in Hamburg zeigt, dass sie weiter unbeirrbar ihr Ding macht. Statt wie branchenüblich den Akustik-Set irgendwo in der Konzert-Mitte einzubauen, kommt sie einfach allein auf die Bühne, nur ihr und ihrer Gitarre gehören der erste Teil. Nach und nach holt sie dann ihre fulminanten Kollegen an ihre Seite.

Von Minute zu Minute erhöht sie den Druck, animiert ihr Publikum zum Mitsingen: „Schaltet den Kopf ab, das Herz ein.“ Das klappt zunächst eher leidlich, doch spätestens bei „Jolene“, dem 1973 veröffentlichten Song der von ihr so verehrten amerikanischen Country-Sängerin Dolly Parton, erheben sich die Besucher und werden zum Chor.

Ihr Debütalbum nahm Ilse DeLange in Nashville auf, ein Sehnsuchtsort

Country ist Ilse DeLanges Markenzeichen. Als sie mit Anfang 20 ihr Debüt-Album „World of Hurt“ in Nashville, Sehnsuchtsort aller Country-Fans, aufnahm, klang das ähnlich absurd, als würde ein Hamburger Musiker den rheinischen Karneval aufmischen wollen. Doch gegen alle Widerstände setzte sich Ilse DeLange durch, „World of Hurt“ hielt sich zweieinhalb Jahre in den niederländischen Albumcharts.

Vielleicht liegt es daran, dass Ilse DeLange, so wie auch im CCH, immer authentisch wirkt. Sie stellt sich nicht mit einem Western-Hut auf die Bühne, sondern wechselt mühelos zwischen County, Pop und Rock. Sie singt über Freundschaft und Verlust, ein Lied widmet sie ihrem verstorbenen Vater: „Ich vermisse ihn so sehr.“

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Mit zwei Zugaben klingt das Konzert in Hamburg nach zwei Stunden aus, die Fans feiern überschwänglich. Nach jedem Auftritt, sagt sie, telefoniere sie mit ihrer Mutter. „Ilse, wie war es?“, wolle Mama dann immer wissen. Ihre Antwort kann an diesem Abend nur gewesen sein: „Es war großartig.“

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