Hamburg. Bei „Schmidts Winterglitzer“ eifern Elke Winter und Maladée komödiantisch um die Wette. Die tollen Varieté-Artisten kommen etwas kurz.
- Auf St. Pauli feierte „Schmidts Winterglitzer“ Premiere.
- Das Schmidt Theater nahe der Reeperbahn veranstaltet ein glitzerndes Varieté-Programm.
- Die Show bietet viel Comedy, aber auch beeindruckende Artistik.
Draußen kündigen die ersten Schnee(matsch)flocken seit Tagen den Winter an, auf Santa Pauli wird um phallusförmige Kerzen und Blumenvasen gefeilscht, und auch im Schmidt Theater an der Reeperbahn wird das Jahresende eingeläutet: Auf der Premiere von „Schmidts Winterglitzer“ geht es ein wenig gesitteter zu als im vergangenen Jahr – doch keine Angst: Unter die Gürtellinie darf es (und soll es ja auch) beim Varieté-Programm auf St. Pauli schon das eine oder andere Mal gehen.
Im Theatersaal glitzert es schon in gespannter Vorfreude: Pailletten schmücken Jacketts, Vorhänge, Kleider. Der gereichte Käse-Weintrauben-Mix steht im olfaktorischen Wettkampf mit der ebenfalls dargebotenen Currywurst – gut, dass es heute im Schmidt Theater auf die audio-visuellen Sinne ankommt. Denn dann heißt es auch schon: Vorhang auf, und die Gastgeberin des Abends, Elke Winter, betritt die Bühne.
Theater Hamburg: „Schmidts Winterglitzer“ changiert zwischen Comedy und Varieté
Die „Queen of Comedy“ wird umschwirrt von vier Tänzerinnen und Tänzern, die im Schneeflocken-Outfit die Weihnachts- und Wintersaison einläuten. „Winter is coming“, spricht die Gastgeberin, während zum Intro aus der erfolgreichen HBO-Serie „Game of Thrones“ ihr heutiger Thron hereingeschoben wird: Queen of the North? Wohl eher Eiskönigin: Der prunkvolle Sessel besteht nämlich nicht aus den 1000 Schwertern von Elke Winters Feinden, sondern aus einer großen Schneeflocke („Arschkalt das Ding“). In ihrem blauen Kleid mit blondem Haar empfindet sie sich selbst eher als die Großmutter von Frostkönigin Elsa: „Die haben mich wohl vergessen, als sie nach Stuttgart gezogen sind.“
Die Comedy-Portionen nehmen einen großen Teil des Programms ein und decken einige Höhe- und Tiefpunkte des Abends ab. Elke Winters kaltschnäuzig-derber und schlagfertiger Humor bildet einen passenden Kontrast zur Cabaret-Diva und Chanteuse Maladée, die ihren eigenen Pathos immer genau im richtigen Moment zu durchbrechen weiß. Das ist meistens lustig, teilweise arten diese Einlagen zeitlich etwas aus. Immerhin: Viel Interaktion mit dem Publikum ist gegeben und sorgt für unterhaltsame Situationskomik – in der beide Entertainerinnen zu glänzen wissen.
Beeindruckende Körperkunst und Magie bei „Schmidts Winterglitzer“ – bitte mehr davon
Dem gegenüber bieten die künstlerischen Darbietungen eine angenehme Abwechslung: Maria Moncheva säbelt und peitscht im „Sexy Sekretärin“-Outfit über die Bühne, Luzie Lou und Shyno beweisen ihre beeindruckende Körperbeherrschung am Ring, Tuch oder an der Pole-Dance-Stange. Die Musikauswahl zeugt mit Cyberpunk- und Minimal-House-Einflüssen von modernem und passendem Geschmack, das einfache Bühnen- und Lichtbild pulsiert in schöner Harmonie. Auch die wiederkehrenden Auftritte der Performer während der Sketche sind humorvoll und pointiert.
Besonders hervor hebt sich der Zauberer des Abends, Tjark Schlößer, der mit nur einem Seil (oder sind es drei?) und zwei Kartendecks das Publikum bezirzt. Dabei scheint er nonchalant-unschuldig (Einwurf Elke Winter: Der Anzug stamme noch aus Kommunionszeiten), beweist jedoch durch ausgezeichnetes Timing und geschliffen-unbeholfene Gestik seine ulkige Professionalität. Gerne mehr davon.
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Letztlich ist „Schmidts Winterglitzer“ ein gelungener Abend voller Abwechslung und Humor, doch den Einlagen der Akrobatinnen und Performer hätte man gern mehr Zeit einräumen dürfen: etwas weniger Glitzer und etwas mehr Magie.
„Schmidts Winterglitzer“, Schmidt Theater, Spielbudenplatz 24-25, bis zum 1.2.25, Karten ab 32,90 Euro unter T. 31 77 88 99 oder www.tivoli.de
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