Hamburg. Die neue Show „Schmidts Winterglitzer“ von und mit Nik Breidenbach bietet erstmals Burlesque – und eine weibliche Comedy-Entdeckung.

Tritt Corny Littmann vor einer Show auf die Schmidt-Bühne, gilt es, in seinem Haus eine Premiere zu feiern. „Ich trinke mir im Theater die Vorstellung immer schön“, offenbarte der Impresario vor dem „Schmidts Winterglitzer“, um gleich nachzuschieben, dass das „diesmal gar nicht notwendig ist“.

Das Konzept der traditionell etwas anderen Weihnachtsshow stammt ja auch von ihm und Nik Breidenbach. Der singende Schauspieler und Regisseur agiert wie im Vorjahr als Co-Gastgeber der Weihnachts-Party. Weil statt Travestie-Comedienne Elke Winter jetzt Breidenbachs Schwester Dörthe Thiel an seiner Seite steht, singt (mit starker Stimme) und tanzt, liegt das Gag-Niveau etwas höher über der Gürtellinie als zuletzt. Ute Lemper wäre ja auch „zu teuer und zu stark geliftet“ gewesen, spottet er.

Schmidt Theater: Nackte Tatsachen beim „Schmidts Winterglitzer“

Nackte Fakten, Rad-Artistik, ein aus dem lauten Rahmen fallender Comedy-Act, schöne Songs und Choreografien, jedoch ein (nur mäßig amüsantes) altes Geschenkeauspack-Spiel mit zwei Zuschauern stehen beim „Winterglitzer“ auf dem Programm.

Und wenn Breidenbach und Dörthe Thiel ihre Dialoge im uralten Otto-Denglisch früher abstellten, würde nach dem Opener „Children (What Time It Is)“ mit dem Ensemble aus vier Tänzerinnen und Tänzern gewiss auch bei den weniger Beschwipsten im Saal schneller Stimmung aufkommen.

Schmidt Theater: Viele nackte Tatsachen beim „Schmidts Winterglitzer“

Auch Jerry Tremblay, äußerlich ein Typ wie der junge Carlos Santana, lässt es als vermeintlicher Pizza-Bote langsam angehen. Auf seinem hervorgeholten Drahtesel (ohne Bremsen) zieht der Kunstrad-Comedian dann aber auf der Bühne vor- und rückwärts seine Kreise und turnt spektakulär, was die Gelenke hergeben. Sänger Terrél Woodbury, der schon Mitglied der Harlem Gospel Singers war, bringt mit alten Hits („Everybody Needs Somebody“, „Proud Mary“) und seiner schönen Soul-Stimme danach wohlige Wärme in die Kiez-Party.

Burlesque-Künstlerin Tronicat La Miez steigt bei ihrer zweiten Nummer auch in die eigens auf die Bühne geschobene Badewanne.
Burlesque-Künstlerin Tronicat La Miez steigt bei ihrer zweiten Nummer auch in die eigens auf die Bühne geschobene Badewanne. © Morris Mac Matzen/mmacm.com | MORRIS MAC MATZEN

Ein echt komisches Überraschungsgeschenk ist Marie Diot. Die Liedermacherin bietet auf ihrer kleinen Orgel mit ihrem Gitarrenbegleiter Fabian Großberg minimalistischen Quatsch und fein-ironischen Indie-Pop. Mit Liedern wie „Dümmlich schauender Riesenhund“, „Der Verzicht“ und „Heizkörper“ zählt Marie Diot, die es nur noch bis zu diesem Sonnabend und an viermal im Dezember beim „Winterglitzer“ sprachlich funkeln lässt, nun zu den Finalkanditinnen beim Hambuger Comedy-Pokal Ende Januar.

Schmidt Theater: Mit Tronicat La Miez hält erstmals Burlesque Einzug in die Wintershow

Fast die ganze Zeit im Schmidt am Start ist Tronicat La Miez. Mit der Künstlerin hat erstmals Burlesque Einzug in die Wintershow gehalten – sie steigt schließlich auf St. Pauli. Die kurvenreiche, äußerst biegsame und bunt tätowierte Tänzerin, Ehefrau und Mutter aus Hannover verzückte in ihren selbst geschneiderten, stetig weniger werdenden Kostümen insbesondere die ersten Reihen. „Süßer die Glocken nie klingen“, mag sich da mancher gedacht haben. Alkohol hin oder her.

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„Schmidts Winterglitzer“ bis 27.1.2024, jeweils außer Mo und Di, Schmidt Theater (U St. Pauli), Spielbudenplatz 24/25, Karten ab 27,90 unter T. 040/31 77 88 99; www.tivoli.de