Hamburg. Der Autor stellt in Altona seinen neuen Roman „Helden“ vor und räumt mit Vorurteilen auf. Wie er mittels KI ins europäische Mittelalter eintaucht.

  • Frank Schätzing stellte seinen neuen Mittelalterroman in den Zeise Kinos in Altona vor.
  • „Helden“ bildet eine Fortsetzung zu seinem Debütroman „Tod und Teufel“ von 1995.
  • Auf der Elb.Lit-Lesung tauchte er in die Lebenswelten des 13. Jahrhunderts ein.

Keine ominösen Schwarmintelligenzen in den Weltmeeren, sondern mittelalterliche Intrigen und Lebensrealitäten: Frank Schätzing stellte am Sonntag in den Zeise Kinos in Altona seinen neuen Roman „Helden“ vor. Nach fast 30 Jahren widmet sich der Kölner Autor, am besten bekannt für seinen Sci-Fi-Thriller „Der Schwarm“, nun wieder dem rothaarigen Protagonisten aus „Tod und Teufel“: Jacop der Fuchs.

Bei der Elb.Lit-Lesung tauchte Schätzing in die Lebenswelten des 13. Jahrhunderts ein, wo er seinen „zweiten Wohnsitz“ habe. Der Geldhandel löst die Naturalienwirtschaft ab, Nachrichten- und Botenwege werden professionalisiert, politische Entwicklungen mit kontinentalem Ausmaß finden statt: Und mittendrin der rothaarige Dieb – mittlerweile in der Ausbildung zum Kaufmann – der aufs Neue in geopolitische Machenschaften verwickelt wird. Wie man so eine Welt 800 Jahre später lebendig gestaltet? „Man muss sich von der überholten Vorstellung des ‚finsteren Mittelalters‘ verabschieden“, sagte Schätzing, „und sich auf das Schöne und Gute konzentrieren, das es auch damals gab.“

Zeise Kinos: Frank Schätzing über mittelalterliche Lebenswelten mit ironischem Unterton

Satzstruktur und Wortwahl in „Helden“ können durchaus anspruchsvoll, komplex und poetisch sein. Wenn der Gedankengang des verschrobenen Physicus Jasper dann aber im siebten Nebensatz zur Pointe oder zum platten Wortwitz aufgelöst wird, macht das beim Lesen durchaus Spaß: „Spottet nur. Eine Glatze hilft probat beim Haarausfall.“

Buchcover Helden
Das KI-generierte Buchcover von Frank Schätzings neuem Roman „Helden“, 1002 Seiten, 36 Euro, KiWi Verlag. © Kiepenheuer & Witsch | Kiepenheuer & Witsch

Dass das auch beim Schreiben Spaß gemacht hat, vermutet NDR-Moderatorin Anouk Schollähn korrekterweise, die den Abend im Dialog mit Schätzing leitet: dass er kichernd vor dem Schreibgerät sitzt, so weit komme es laut Schätzing zwar nicht, „aber mitunter sitze ich schon mit einem breiten Grinsen davor“. Ist „Helden“ also ein komisches Buch? Immerhin durchziehe den Roman in weiten Teilen ein „ironischer Unterton“, erklärte Schätzing.

Lesung auf der Elb.Lit: Das Buchcover hat Schätzing selbst mit KI erstellt

Die Fortsetzung von „Tod und Teufel“ ist aber wieder auch Thriller, umfasst mystische und brutale Abschnitte. Ja, „Helden“ hat sogar fantastische Elemente, schon zu Beginn wird die Truppe um Hauptfigur Jacop von geflügelten Dämonen angegriffen. Dass es sich bei diesen um dressierte Adler handelt, stellt sich erst später heraus: „Alles konnte die ratio erklären“, hält Jasper einmal treffend fest. Laut Schätzing sei es im historischen Roman wichtig, sich in die beschriebene Zeit zu versetzen: „Woran man fest glaubt, das gibt es schließlich auch, zumindest in der eigenen Lebensrealität.“

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Das Vorlesen übernimmt Schätzing am Sonntag leider nicht selbst, obwohl er sein Können schon in der Audiofassung von „Tod und Teufel“ überzeugend unter Beweis gestellt hat. Stattdessen kommentiert er drei Filme, die er mithilfe von künstlicher Intelligenz generiert hat. Sie visualisieren einige der weiblichen Romanfiguren und werden auf der Kinoleinwand abgespielt.

Normalerweise hätte Schätzing das Buchcover selbst gestaltet; dieses Mal hat er sich Hilfe durch KI geholt. „KI muss für die Künstlerinnen und Künstler da sein, nicht um sie zu ersetzen.“ In diesem Fall habe seine Neugier überwogen, schließlich habe er nur sich selbst ersetzt. Wie auch beim Thema Mittelalter beweist der Autor: Wenn sein Interesse erst mal geweckt ist, taucht er tief in die Materie ein. Das Ergebnis? Ein kurzweiliger, 1000-seitiger Roman voller Liebe zum Detail – historisches Mittelalter, garniert mit Magie und Mystik.

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