Hamburg. Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf, Fräulein Prysselius und Donner-Karlsson verzaubern im Allee Theater. Ein Experiment mit Zielgruppe.
Das Experiment beginnt mit einem sofortigen, lauten und ganz langen „Jaaaaaa“ und einer anschließenden, leisen und zweifelnden Frage: „Aber bin ich dafür nicht schon zu alt?“ Das fragte der Achtjährige zurück, als er gefragt wurde, ob er Lust habe, Pippi Langstrumpf im Altonaer Allee Theater, dem Theater für Kinder, zum Start der Weihnachtsmärchensaison zu sehen.
Manchmal ist ja aber bekanntlich die erste die beste Reaktion. Doch am Sonnabend, um 14.30 Uhr, sah sich der Drittklässler im Foyer des Allee Theaters zunächst einmal bestätigt, als sich tatsächlich eher Kinder im Alter von fünf bis sieben Jahren Sitzkissen holten, um anschließend die Premiere im Theatersaal besser gucken zu können.
Weihnachtsmärchen: „Pippi Langstrumpf“ in Altona ist zu 1000 Prozent gelungen
Der viiieeel zu große Achtjährige holte sich also ganz bewusst kein Sitzkissen, um dann in Reihe acht doch schnell auf den Knien zur besseren Sicht zu sitzen – und sich nach nur wenigen Sekunden genauso verzaubern zu lassen wie alle anderen. Schließlich betrat Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstocher Langstrumpf, fantastisch von Eisabeth Bengs gespielt, aus dem Publikum heraus die Bühne.
Nicht nur mit acht, sondern auch mit 44 Jahren kann man sich über Astrid Lindgrens Geschichte über das stärkste Mädchen der Welt begeistern. Besonders, wenn es ein herrlich schrilles Fräulein Prysselius (gespielt von Jana Lou), einen dollen Donner-Karlsson (Felix Jungwirth) und einen großartigen Kapitän Langstrumpf (Maximilian Kikken) gibt.
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Was den Kleinen egal ist, die Großen aber beeindruckt: Hier, im Theater für Kinder, wurde die Pippi-Geschichte 1967 in Deutschland uraufgeführt. Thomas, Annika, Blom und Klang sind also seit beeindruckenden 57 Jahren in Altona in unregelmäßigen Abständen alterslos.
Die Höhepunkte des Achtjährigen: „Papa, die beiden Polizisten waren richtig witzig. Und Pippis Mama war ganz schön!“ Die Höhepunkte des Vaters: Das sehr besondere Bühnenbild von Kathrin Kegler, die sehr pippilangstrumpfhaften Kostüme von Irène Favre und das mitfiebernde Publikum.
Weihnachtsmärchen im Theater für Kinder lohnen sich sehr
Wenn ein Mädchen aus Reihe sechs Pippi bei der „Plutimikation“ in der Schule zuruft, dass sie sich doch „1000-mal überzählt“ habe – ja, dann ist Weihnachtsmärchen im Theater für Kinder. Das Fazit des Achtjährigen (der übrigens auch schon als Siebenjähriger die Allee-Theater-Märchenproduktion „Dornröschen“ „cool wie die Jedi-Ritter“ fand): „Papa, Pippi war ganz toll!“ Fand der 44-Jährige natürlich auch.
„Pippi Langstrumpf“, Theater für Kinder/Allee Theater, ab 5 Jahren, Karten unter T. 382538 und www.alleetheater.de
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