Hamburg. Astrid Mania unterrichtet an der Hochschule für Bildende Künste und weiß, wie man sich souverän auf dem Galerienparkett bewegt.
Am Donnerstag öffnet die Messehalle 3 ihre Türen für die „erschwingliche Kunst“: Die „Affordable“, wie sie bei vielen Besucherinnen und Besuchern mittlerweile nur noch heißt, startet und bietet Werke zwischen 100 und 10.000 Euro an. Dabei muss man auf Hamburgs größter Kunstmesse gar nicht zwingend etwas kaufen, allein das Kunst- und Leutegucken bringt Spaß. Doch wie behält man bei 87 Galerien aus Hamburg, Berlin, Amsterdam und Barcelona den Überblick, wie geht man vor, um einen möglichst entspannten und doch gewinnbringenden Messebesuch zu haben?
Ganz einfach: Es so machen, wie die Profis. Astrid Mania hat mehrere Jahre unter anderem für das deutschsprachige „Artnet“-Magazin und die „Süddeutsche Zeitung“ auch über Kunstmessen geschrieben; seit 2017 lehrt sie als Professorin für Kunstkritik und Kunstgeschichte der Moderne an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg (HFBK). Für das Abendblatt geht sie in diesem Jahr zum ersten Mal auf die Affordable Art Fair (AAF). Natürlich gut vorbereitet. „Als Erstes sehe ich mir den Messeplan an. Anhand der Größe kann ich abschätzen, wie viel Zeit ich für den Besuch einplanen muss“, so Astrid Mania.
Affordable Art Fair Hamburg: Kunstmessen-Tipps von einer Expertin
„Manche Kunstmessen haben einen Schwerpunkt, an dem man sich orientieren und in den man sich im Vorfeld einlesen kann. Hier sind es zum Beispiel die Emerging Artists, also die aufstrebenden Künstlerinnen und Künstler. 2024 ist es der Hamburger Darko Caramello Nikolic. Ich bin natürlich gespannt, wie sich die Hamburger Galerien präsentieren, und auf eine Galerie aus Südkorea bin ich ebenfalls sehr neugierig“, sagt Astrid Mania.
Ebenfalls ein guter Kompass, um sich im Galeriendschungel zurechtzufinden, sind die Internetseiten der Messen. Hier sind in der Regel die teilnehmenden Galerien mit einem Kurzporträt vertreten, und wer will, kann sich dann direkt im Netz bei den Galerien umschauen.
So sieht man, welche Künstler und Künstlerinnen dort vertreten werden, und kann sich in der Regel auch über Pressemitteilungen etwas besser informieren. Vielleicht kennt man auch schon die eine oder andere Galerie und weiß, welche Art von Kunst einem gefällt.
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Wer zum ersten Mal hingeht, ist vom Angebot dennoch schnell überwältigt. Daher rät die Expertin, die erste Runde in Ruhe zu drehen (also nicht unbedingt zur Vernissage, wenn viele Leute auf einmal da sind), die Eindrücke sacken zu lassen und dann nach einer Pause noch einmal gezielt interessante Galerien anzusteuern. „Dabei können auch Werke, die mich zunächst abstoßen, ihren Reiz haben. An ihnen können wir uns reiben, uns mit Kunst auseinandersetzen, ins Gespräch kommen.“
Denn genau darum geht es bei Kunstmessen. Die Galerien suchen das Gespräch mit den Gästen. Nicht nur, um zu verkaufen und potenzielle Sammler an sich zu binden, sondern die Begeisterung für Kunst zu teilen.
Expertentipp: Vor dem Kunstkauf lieber eine Nacht drüber schlafen
Was, wenn man sich nicht traut, die Hemmschwelle zu übertreten? „Wenn eine Galeristin oder ein Galerist mich freundlich anguckt und zu sich einlädt, ist das ein guter Türöffner für ein erstes lockeres Gespräch“, sagt die Expertin. Mit der Zeit werde man geübter im Small Talk. Zu viel Respekt oder gar Ehrfurcht vor der Szene ist laut Astrid Mania ohnehin nicht angebracht. „Ein Freund von mir sagt immer: ‚Auch, wer nur zwei Werke zu Hause hat, ist Sammler!‘“
Wer ein Objekt seiner Begierde entdeckt hat, sollte sich allerdings vor Spontankäufen schützen. „Es sei denn, ich bin mit dem Werk eines Künstlers oder einer Künstlerin bereits vertraut. Ansonsten rate ich, eine Nacht darüber zu schlafen und am nächsten Tag das Werk noch einmal anzusehen.“
Dabei solle man sich nicht von der Verkäuferseite unter Druck setzen lassen, schließlich gehe es den Galerien auch darum, Kunden langfristig an sich zu binden. Und das funktioniere nur, wenn man auch glücklich mit dem Kauf sei. Notfalls gibt es aber auch die Option, ein gekauftes Kunstwerk zurückzugeben.
Affordable Art Fair: Galeristen nach dem Preis zu fragen, kostet Überwindung
Auf den meisten großen Kunstmessen stehen auf den Schildern zu den Werken keine Preise, und es gibt auch keine Preisliste. „Das ist für viele Besucherinnen und Besucher ein Problem“, weiß die Expertin. „Die Galeristen nach dem Preis für ein Werk zu fragen, kostet eine gewisse Überwindung. Da finde ich das Format der AAF hilfreich, die bewusst auf Transparenz mit konkreten Preisangaben zu jedem Werk setzt und mit Arbeiten ab 100 Euro den Einstieg in den Kunstkauf ermöglicht. Die Messe zeigt, dass der Kunstmarkt eben nicht nur für die Superreichen da ist, die womöglich gar nicht an der Kunst interessiert sind, sondern eine Möglichkeit der Geldanlage suchen. Und wenn man in Hamburg ein Werk findet, das einem Freude macht, ist das doch wunderbar.“
Affordable Art Fair 7.–10.11., Hamburg Messe, Eingang West, Halle 3 (U Messehallen), Messeplatz, Do 12.00–22.00, Fr 12.00–20.00, Sa 11.00–20.00, So 11.00–18.00, Tagesticket 18,-/16- (erm.), bis 16 Jahre freier Eintritt, www.affordableartfair.com
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