Hamburg. „Ich bin zu alt – such dir junge Künstler!“: Claudia Michelsen und Fabian Hinrichs kommen für Künstlerkorrespondenzen zusammen und begeistern.

  • Claudia Michelsen und Fabian Hinrichs zu Gast auf der ELB.lit 2024 in Hamburg
  • TV-Stars präsentieren Künstlerkorrespondenzen und sorgen für Lacher

Den Inhalt von Briefen berühmter Persönlichkeiten zu erfahren, ist immer auch ein reizvoller Blick ins Innerste. Gerade auch dann, wenn es um Vertreterinnen und Vertreter der Bildenden Kunst geht, die üblicherweise durch ihre Werke sprechen – in ihren Texten aber neue Facetten offenbaren. 

„Ich bin zu alt – such dir junge Künstler!“, lautet ein Ausspruch des um Worte selten verlegenen Sigmar Polke, mit dem er seine Absage an die documenta einst begründete. 

Der Titel steht auch für einen Abend im Schauspielhaus anlässlich des neuen Hamburger Literaturfestivals ELB.lit, der sich, kuratiert von Eva Schuderer, „wildeste Korrespondenzen“ von Künstlerinnen und Künstlern vorgenommen hatte. 

ELB.lit in Hamburg: Prominente Gäste zu Besuch bei Literaturfestival

Jovial und sachkundig moderiert Knut Elstermann die Veranstaltung an, eingangs verkündend, dass Caspar David Friedrich hier ausnahmsweise keine Rolle spiele. Neben ihm nehmen die TV-Stars Claudia Michelsen und Fabian Hinrichs ihre Plätze neben Wassergläsern ein und ordnen die Manuskripte. Man bewege sich „vom Geschäftlichen zum Privaten und zum ganz Privaten“, so Elstermann.

Und es ist durchaus amüsant, was da an Perlen der Korrespondenz ausgegraben wurde. Es fängt vielversprechend an, wenn Michelsen aus einer E-Mail der Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist zur Vorbereitung einer von zwei Installationen im Osloer Ekebergparken, bestehend aus 60 Unterhosen verschiedener Formen und Größen liest. Neben Anweisungen, die Durchmesser und Zugkraft von Bäumen zu messen, erfolgt da die Bitte, „Kann (…) einen Test durchführen, in dem er Unterhosen an der gewählten Position aufhängt?“  

Michelsen artikuliert deutlich, steigert die Emotionen, wo es angebracht ist, und wirkt sehr vertraut mit ihren Texten. 

Fabian Hinrichs sorgt bei ELB.lit im Hamburger Schauspielhaus für Lacher

Jasper Johns, Paul Gauguin und Vincent van Gogh, Gerhard Richter, Andy Warhol und Sol LeWitt sind Thema. Der junge Leonardo da Vinci bot dem Herzog von Mailand 1482 seine Ingenieur-Fähigkeiten beim Erbauen von allerlei Kriegsgerät an. Um im Nebensatz zu erwähnen, dass er auch Skulpturen aus Marmor, Bronze oder Ton sowie Gemälde anfertigen könne, und zwar genauso gut, „wie jeder andere“. 

Mehr Elb.lit-News

Dank der eingeschriebenen Ironie seines mitunter bewusst zerfasernden Vortragsstils sind Fabian Hinrichs viele Lacher sicher. Vor allem, als er aus einem Text des Malers Salvador Dalí liest, in dem dieser seinen Anspruch an Moral und Ästhetik beim Essen erklärt und warnt, dass der „Wächter des Ekels“ stets bereitstehe: „Ich mag nur Dinge mit wohlumgrenzten Formen essen“, begründet er seine Verachtung des Spinats. 

Es sind am Ende viele kleine - und nicht allzu - private Einblicke in Künstlerseelen, die sich zu einem unterhaltsamen Abend formen.

Sternstunde oder Reinfall? Jeden Monat rezensieren wir für unsere Abonnentinnen und Abonnenten mehr als 100 Konzerte, Theatervorstellungen, Choreografien, Bücher, Ausstellungen, Serien oder Filme. Hier finden Sie alle Kritiken – was Sie in Hamburg gesehen, gehört oder gelesen haben müssen!