Hamburg. Marie Diot stellt im Schmidtchen live ihr drittes Album vor. Was ihren Mix aus Konzert, Poetry-Slam und Comedy ausmacht.
Schon ungewöhnlich, wenn eine Künstlerin zwei Tage vor der Veröffentlichung ihr drittes Album bereits auf CD anbietet. Noch ungewöhnlicher, wenn dies in der Pause einer Premiere geschieht. Doch Marie Diot macht das an der Rampe des Schmidtchens gern und lockt nach dem Öffnen ihres CD-Koffers durchaus einige Interessenten an.
Einige Verkaufsargumente hat sie bereits im ersten Teil des Abends geliefert. An der jungen Brillenträgerin ist nicht nur die Frisur, ihre lange hoch drapierte Haarpracht, echt komisch, auch ihre Songs und ironischen Ansagen zwischen den Liedern lohnen das Hinhören. Vor knapp einem Jahr stellte sich Marie Diot, begleitet jeweils von ihrem Partner und Taktgeber Fabian Großberg (Gitarre), als Teil der Show „Schmidts Winterglitzer“ im Schmidt Theater in Hamburg erstmals einem größeren Publikum vor. In diesem Oktober ist die Künstlerin mitsamt Sidekick aus Büchen einer der Haupt-Acts des Festivals der komischen Frauen und tritt gleich viermal im Schmidtchen auf.
Theater Hamburg: Spitzen gegen Gottschalk und Zuckowski einer gewitzten Songwriterin
Marie Diot, anno 2024 auch Dritte beim Hamburger Comedy-Pokal, changiert gekonnt zwischen Quatsch und gewitztem Songwriting. „Ein Kohlrabi unter Kolibris“ lautet der Titel ihres dritten Albums. Diesen Abend jedoch hat Marie Diot „Unwahrscheinliche Hits“ genannt und recht schmissig mit „Indie-Rock für Mädchen“ eröffnet. Am E-Piano lässt sie sogleich „Ein Wunder“ folgen. Mit einer komischen Erzählung baut sie die neue „Gegensprechanlage“ auf, im Song nicht ohne einen Seitenhieb auf Handwerker-Wartezeiträume: „Darum kommt jemand zur Reparatur, heute zwischen sieben und zwanzig Uhr.“ Das Loblied auf den „Pomeranian Spitz“ geht vor der Pause dann richtig ab und treibt nach vorn.
Es ist eine Mischung aus Konzert, Poetry-Slam und Comedy-Abend, den Marie Diot bietet. In jedem Fall eine eigene, besondere Kunstform, alles erfrischend unprätentiös. Die Absolventin der Liedermacherschule Sago und frühere Stipendiatin der Celler Schule für Textschaffende leistet sich auch eine Spitze auf dessen Sponsor, den Hamburger Kinderlieder-König Rolf Zuckowski: Weil der nur nach der ersten von zwei Wochen Zeit gehabt habe, mussten die Schüler früher und schneller ein Lied zur Präsentation schreiben. „Ich war nie Fan von ihm so wie mein Freund Fabi“, offenbart Marie, die aktuell auch Thomas Gottschalk in Zusammenhang mit „Alarmglocken“ bringt.
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Den Titel „Weltverschlossen“ hat sie vom sprachlichen Gegensatz „Weltoffen“ abgeleitet, im Zentrum des Songs liegt aber ein unauffindbarer Schlüssel. „Sorry“ ist ein durchaus melancholisches Liebeslied. Es kommt beim mehrheitlich weiblichen Publikum im nicht ausverkauften Schmidtchen ebenfalls an. Auch Marie Diot und ihr „Fabi“ haben sicht- und hörbar Spaß an improvisierten Dialogen; eineinhalb Zugaben geben beide noch. Marie Diot holt die Mini-Orgel raus, zwei Pfeifen passten gerade so in ihren VW Polo, scherzen sie und ihr Partner spontan. Der finale Song „Heizkörper“, mit dem Marie Diot im Vorjahr nebenan im Schmidt Theater debütiert hatte, amüsiert alte und neue Fans. Licht aus, Koffer auf, CDs noch vorhanden.
Marie Diot: „Unwahrscheinliche Hits“ wieder Do 24.10., 19.30, Fr 25./Sa 26.10., jew. 20.00, Schmidtchen (U St. Pauli), Spielbudenplatz 21/22, Karten zu 21,- bis 26,- unter www.tivoli.de
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