Hamburg. Zu viel Licht, zu viel Schatten: Die New Yorker Rockband spielte in der Laeiszhalle. Ein geschenkter Abend, wäre da nicht die Vorband Dust.

Für Paul Banks ist die Sonnenbrille ein wichtiges modisches Accessoire und Ausdruck von Coolness und Selbstbewusstsein. Warum der Sänger und Gitarrist von Interpol die Brille auch am Montag beim Konzert seiner Band in Hamburg trägt, verwundert etwas. Denn auf der Bühne der Laeiszhalle ist es so dunkel, dass Banks Gefahr läuft, über Kabel zu stolpern oder an einem Lautsprecher hängen zu bleiben.

Von Schweinwerfern geblendet wird er auch nicht, denn die knallen den Zuschauern unaufhörlich in die Augen und lassen die fünf Musiker nur als Schattenrisse erkennen. Schlagzeuger Sam Fogarino ist eine Stunde lang gar nicht zu sehen, sondern nur zu hören. Das Lichtdesign baut so zum Publikum eine Distanz auf, die Künstler eigentlich immer beseitigen wollen. Wie das geht, hat Frank Turner gerade beispielhaft bei seinem Konzert in der Sporthalle gezeigt. Doch so eine Band ist Interpol nicht, Distanz gehört zu ihrem Markenzeichen.

Interpol: Das Album „Antics“ von 2004 wird in Hamburg in voller Länge gespielt

Die Gruppe aus New York, 1997 gegründet, ist gerade auf großer Tournee, um noch einmal ihr Album „Antics“ live in voller Gänze zu präsentieren – so wie viele andere Bands es vorgemacht haben. Die Meilensteine von früher sind oft ein Tour-Vehikel, wenn es gerade an zündenden Ideen für neues Songmaterial fehlt.

Daran mangelt es Interpol eigentlich nicht, denn das Trio hat erst vor zwei Jahren mit „The Other Side Of Make-Believe“ eine neue Platte herausgebracht. „Antics“, 2004 herausgekommen, markierte den Durchbruch für Banks und Co. in den USA und in Großbritannien, und es ist ein früher Höhepunkt im Œuvre der Band. Auf „Antics“ spielt Interpol einen düsteren Post-Punk-Sound mit zum Teil eingängigen Melodien und tanzbaren Rhythmen.

Interpol
Nach vielen Clubkonzerten im Logo, in der Markthalle, in der Freiheit und im Docks spielte Interpol zum ersten Mal in der Laeiszhalle. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Dafür wird die Band von ihren Fans geliebt. Als die drei plus zwei Gastmusiker sich in der Dunkelheit die Instrumente umhängen und hinter Schlagzeug und Keyboards Platz nehmen, sind die Zuschauer im ausverkauften Saal sofort auf den Beinen. Manchmal auch notgedrungen, denn wenn ein Hardcore-Fan sich erhebt, ist dem dahinter Sitzenden die Sicht versperrt, und er muss sich ebenfalls hinstellen.

Es gibt zwar johlende Beifallsbekundungen für Songs wie „Evil“, „Take You On A Cruise“ und „C‘mere“, aber ins Unermessliche steigt das Energielevel im Saal nicht an. Vielleicht ist die Laeiszhalle an diesem Abend auch nicht der richtige Ort für den dunklen Post-Punk von Interpol. Ausgelassenes Tanzen ist in den Stuhlreihen kaum möglich, als Zuhör-Konzert taugt der Auftritt auch nicht.

Interpol in der Laeiszhalle Hamburg: Nuancen gehen im Lärm unter

Viele Nuancen gehen in dem Klangwall unter, den die Musiker erzeugen. Die Live-Darbietung bleibt weit hinter der Studioproduktion zurück (was nicht überraschend ist), aber es gibt auch keine Weiterentwicklung des Materials. Zu erleben ist eine Version von „Antics“, die in erster Linie von Lautstärke geprägt ist. Und die auch zutage fördert, wie sehr Drummer Sam Fogarino limitiert ist. Seine Rhythmen erinnern manchmal an die schlichten Beats von 60er-Jahre-Combos wie Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich. Den Fans ist das egal, denn die Lautstärke hat etwas Überwältigendes und überdeckt handwerkliche Unzulänglichkeiten.

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Wer pünktlich in die ehrwürdige, klassische Konzerthalle gekommen ist, in der auch schon Dutzende von Rockgrößen auf der Bühne gestanden haben, konnte seinen Spaß mit Dust haben. Das ist eine junge australische Indierock-Band um den jungenhaften Sänger und Gitarristen Gabriel Stove. Das Quintett hat zwar erst eine EP auf dem Markt, spielt aber ein spannendes 45-minütiges Set mit einer unaufhörlich antreibenden Rhythmusgruppe und tollen Gitarren. Dust gibt Gas und überzeugt mit einer unbekümmerten Attitüde. Als Newcomer haben die fünf nichts zu verlieren und sie nutzen ihre Chance als sogenannte „Anheizer-Band“.

Dust möchte man demnächst mal in einem Club und nicht in einem eher für Klassikkonzerte errichteten Saal erleben. Wenn die Australier nicht gewesen wären, wäre der ganze Abend in der Schublade „überwiegend langweilig“ abgelegt worden. Dust ist ein weiterer Beweis, dass es auf der Szene immer wieder spannende junge Bands zu entdecken gibt.