Hamburg. Der US-Gitarrist nahm das Publikum bei seinem Konzert in Hamburg mit auf eine Reise durch seine Karriere. Im Gepäck: ein echter Stresstest.
Bevor es am Sonnabend in der ausverkauften und vor gespannter Erwartung brummenden Laeiszhalle losgeht, eine klare Ansage: keine Fotos, keine Videos, keine Nachrichten an Freunde. Das Handy ausschalten. Jetzt! Viel Applaus dafür und tatsächlich eine Wohltat, nicht immer wieder auf leuchtende Displays zu blicken, sondern sich ganz auf Pat Metheny und sein wirklich besonderes Konzert konzentrieren zu können.
Hier in Hamburg hat die Weltkarriere des Jazzgitarristen mit den legendären Konzerten im Onkel Pö ihren Anfang genommen. Hier fühlt der inzwischen 70-Jährige (der ungefähr zwei Dekaden jünger aussieht) sich ganz besonders wohl. Die Laeiszhalle sei weltweit seine liebste Halle, sagt er und das klingt nicht nach strategischer Publikumsumarmung, sondern echt. Schließlich hat er in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Male hier gespielt.
Jazz mit Pat Metheny in der Laeiszhalle: Stresstest beim Traumkonzert
Aber keines seiner Konzerte war wie dieses, denn Pat Metheny ist nicht nur in Spiel-, sondern auch in Plauderlaune – untypisch für ihn. Laut Ankündigung befindet er sich gerade auf seiner „Dream Box“-Tour, doch vom im vergangenen Jahr veröffentlichten Album ist an diesem Abend eher wenig zu hören. Stattdessen taucht Metheny lief in seine lange Karriere und die dabei entstandenen 53 Alben ein; immer wieder hat er dabei auch solo gespielt, enorm facettenreich, bisweilen vollkommen unterschiedlich. Und darum geht es jetzt. Metheny berichtet von seinen Anfängen, dass er aus einer Trompeterfamilie stammt, aber selbst so schlecht Trompete spielte, dass – nach Meinung seines Bruders – dabei „die Vögel vom Himmel fielen“.
Als er mit zehn Jahren die Beatles im Fernsehen sah, wollte er ohnehin nur noch eines: eine Gitarre. Ein Miles-Davis-Album brachte ihn zum Jazz, schon mit 14 stieg er bei Konzerten im nahen Kansas City ein; von da an gab es kein Zurück mehr. In der Laeiszhalle erzählt Pat Metheny viele Anekdoten, erklärt zwischendurch die unterschiedlichen Gitarren, die er spielt, darunter eine Bariton-Gitarre und einen 42-Saiter, der extra für ihn angefertigt wurde und bisweilen wie eine Harfe klingt.
Handyverbot bei Pat Methenys Traumkonzert in der Laeiszhalle
Vom Debütalbum aus dem Jahr 1978 bis zum ganz aktuellen „MoonDial“ reicht die umfangreiche Setlist, besondere Schwerpunkte liegen auf den Alben „One Quiet Night“ (2003) und „What‘s It All About“ (2011), und die große Kunst dieses Mannes ist es, auch bei einer Konzertdauer von zwei Stunden und 20 Minuten als Solokünstler keinen Moment Langeweile aufkommen zu lassen. Im Gegenteil: Metheny fordert das Publikum bisweilen heraus, etwa wenn er nach eher lieblichen Tönen plötzlich eine Passage aus „Zero Tolerance For Silence“ (1994) spielt, die klingt, als würde ein Güterzug beim Rangieren die Schienen einem Stresstest unterziehen. Grandios!
Natürlich dürfen Nummern von „Beyond The Missouri Sky“ nicht fehlen. Eingespielt hatte es Metheny 1997 mit dem inzwischen verstorbenen Bassisten Charlie Haden. Es ist sein vielleicht erfolgreichstes Album, denn wie er selbst sagt: „Viele Menschen haben nur ein Album von Charlie oder mir: dieses“. Was natürlich an den traumhaften Melodien liegt, an denen man sich einfach nicht satthören kann. Auch nicht an diesem Laeiszhallen-Abend.
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Das ganz große Feuerwerk dann zum Finale: Da spielt er nicht nur nacheinander verschiedene Gitarren und sampelt ihren Sound, es wird auch ein großes computergesteuertes Percussionorchester enthüllt, das für zusätzliches Spektakel sorgt. Riesiger Jubel und immer noch eine weitere Zugabe, darunter das Beatles-Cover „And I Love Her“. Ein Triumph für Pat Metheny, ein Triumph für die Musik – ganz ohne Handy-Mitschnitte.
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