Hamburg. Der Klassik-Pianist und der Revolverheld-Sänger überzeugten im ausverkauften Saal als gemischtes Doppel mit Liedern und Sprüchen.
„Eigentlich“, sagt Johannes Strate zu Beginn des Konzerts am Donnerstag in der Laeiszhalle, „müssten wir uns mal eine gute Geschichte ausdenken, wie wir uns kennengelernt haben. Vielleicht bei einem weltweiten Talentwettbewerb mit über 6000 Teilnehmern.“ Die Wirklichkeit sei einfach zu profan. Denn bewusst habe er Sebastian Knauer zum ersten Mal beim Rausbringen des Mülls wahrgenommen. In der Corona-Zeit wohnten der Sänger von Revolverheld und der vielfach ausgezeichnete klassische Pianist Tür an Tür. Man kam ins Gespräch und überlegte, ob man nicht mal zusammen Musik machen könnte.
Nun tourt das Duo durch Deutschland und macht in der ausverkauften Laeiszhalle Station. Ein echtes Heimspiel ist es nur für Knauer, der hier bereits als 14-Jähriger debütierte. Für Strate bedeutet die Bühne am Johannes-Brahms-Platz dagegen Neuland: „Aber dafür habe ich das Dirigentenzimmer in der Garderobe bekommen.“
Knauer und Strate in der Laeiszhalle: erst Siezen, dann Duzen
Wie unterschiedlich ihre Welten sind, zeigt sich schon bei den Ansagen. Knauer siezt die Zuschauer zunächst konsequent. „Da merkt man doch, dass du aus der Klassik kommst“, sagt Strate trocken. Prompt schaltet auch Knauer in den Duz-Modus.
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Ihre biografischen Erzählungen, gemischt mit Frotzeleien („der Johannes kann ja keine Noten lesen“), würden für einen unterhaltsamen Abend bereits genügen – allein Knauers Malheur bei einem Konzert in der Bonner Beethovenhalle, als sein nicht arretierter Flügel bei den ersten Takten Richtung Orchester rollte: „Ein Cellist zog bereits seinen Bauch ein.“
Konzert in der Laeiszhalle: Arrangeur Fabian Richter mischt die Genres gekonnt
Aber natürlich sorgt vor allem ihre Musik für Begeisterungsstürme, auch dank Fabian Richter. Der Arrangeur und Pianist von „The Voice“ kippt nicht wie so oft bei vergleichbaren Programmen etwas Klassik-Zuckerguss auf Pop-Perlen. Nein, Richter kleidet die Revolverheld-Lieder in ein völlig neues Gewand. Begleitet von einem fünfköpfigen Streicher-Ensemble wirken Hits wie „Das kann uns keiner nehmen“ und „Lass uns gehen“ so intensiv wie wohl noch nie.
Und immer schwingt der gegenseitige Respekt mit. Strate lauscht fasziniert, wenn Knauer am Flügel Beethoven und Bach interpretiert. Der gefeierte Pianist wiederum geht nicht von der Bühne, wenn der Revolverheld-Star nur mit den Streichern konzertiert. Knauer setzt sich auf einen Stuhl und hört beglückt zu. „Johannes ist ein großartiger Sänger“, sagt er.
Johannes Strate: Seine Mutter könnte Knauer spontan ersetzen
Die Fans feiern das so ungewöhnliche Konzert mit Ovationen. Gerührt spricht Strate über seine Mutter, die an diesem Abend unter den Zuschauern weilt. Vergebens habe die ausgebildete Pianistin versucht, ihm das Notenlesen beizubringen. Dann sagt er zu Knauer: „Wenn du hier vom Stuhl kippst, kann sie dich ersetzen.“
Am 21. Dezember wird Strate wieder mit seinen Revolverheld-Weggefährten in gewohnter Umgebung auftreten. „Homecoming 2024“ heißt das Programm in der (zuletzt 2014 besuchten) Sporthalle. Die Laeiszhalle darf Strate nun auch in seiner Biografie einen Heimspiel-Ort nennen.