Hamburg. Die Design Factory International stellt ihre Ausbildung ein. Die Schulleiterin wendet sich an die Branche, die Studenten teilen sich auf.
32 Jahre lang wurden an der Design Factory International kreative Schülerinnen und Schüler ausgebildet und Netzwerke in die Designwelt geschmiedet. Seit zehn Jahren führt Alumni Jesta Brouns, die 1992 Studentin im ersten Jahrgang war, die Schule als Direktorin. Damit ist nun ab dem Wintersemester Schluss: Zum 30. September stellt die inhabergeführte Berufsergänzungsschule in der Sternschanze ihren Betrieb ein.
Der Branche in Hamburg bricht damit eine weitere Designschule weg. „In meinen zehn Jahren haben wir vier andere Schulen überlebt, die schließen mussten“, so Brouns. Vor allem die Design Factory habe dabei ein besonderes Konzept gehabt: „Wir sind keine Hochschule, dadurch konnten wir auch leidenschaftlichen Leuten ohne Abitur oder ausuferndes Portfolio eine weiterführende Ausbildung im Designbereich anbieten.“
Designschule Hamburg: Finanzielle Probleme seien nur schwer aufzufangen gewesen
Durch die kleine Größe – zu Hochzeiten 350 Schülerinnen und Schüler – sei stets ein flexibles Curriculum und individuelle Entfaltung in besonderem Ausmaß möglich gewesen. „Darauf haben die Schüler bei der Schulwahl geachtet, weil sie das Individuelle wollten, das Kleine und das Vertraute“, sagt Brouns. Neben Fachwissen habe immer die menschliche Komponente und eine klare Haltung eine große Rolle in der Ausbildung gespielt.
„Wir sind seit einem Jahr finanziell völlig geschwommen“, so die Direktorin. Die Miete sei kaum zu stemmen, nach der Pandemie sei die Zahl der Schüler sukzessive gesunken. Vielen seien die Jobs weggebrochen, andere hätten mit psychischen Problemen zu kämpfen. Da es sich bei der Design Factory nicht um eine Hochschule, sondern eine Berufsergänzungsschule handelt, gab es kaum Möglichkeiten, die Einbußen durch staatliche Förderungen aufzufangen – das Finanzierungsmodell über die monatlichen Studiengebühren von zuletzt 450 Euro geriet ins Wanken.
Als Berufsanfänger kann man zwischen 2000 und 6000 Euro verdienen
Trotzdem habe man sich irgendwie über Wasser halten können. Im Nachhinein sieht Brouns das eigene Marketing als eines der Kernprobleme der Schule: „Mir war lange nicht klar, wie viel man dort investieren muss, um eine ausreichende Sichtbarkeit zu entwickeln.“ Ein branchenweites Problem sei darüber hinaus die Wahrnehmung des Berufsbilds als Designer. „Den jungen Leuten geht es um monetäre Sicherheit, sie denken, als Designer lässt es sich nicht leben.“
Brouns widerspricht diesem Image jedoch klar: „Wenn die Leute bei uns fertig sind, verdienen sie als Anfänger zwischen 2000 und 6000 Euro, es kommt total darauf an, wo man landet.“ Auch herrsche eine große Angst vor KI – hier habe die Aufklärung ebenfalls versagt. Gerade Designer mit fundierter, praxisbezogener Ausbildung müssten sich laut Brouns nicht fürchten.
Direktorin appelliert an Eltern und Agenturen: „Es geht nicht um gute Noten, sondern um Empathie“
Letztlich sei die Schüleranzahl trotzdem unter 50 gesunken. Als Brouns daher die Entscheidung bekannt gab, kein weiteres Semester anzubieten, sei die Resonanz unglaublich gewesen: Etwa 1000 Alumni, Studierende, Kolleginnen und Freunde sind zur letzten Abschlussfeier erschienen und haben geteilt, wie die Designschule sie menschlich und kreativ geprägt hat. „Das hat mich unglaublich berührt, und das ist eines der Hauptprobleme für mich, dass diese Form der Institution einfach wegfällt“, so Brouns.
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Deshalb möchte sie an die Branche und die Agenturen appellieren, kleine Schulen zu unterstützen: „Wir bilden euren Nachwuchs aus. Menschen, die Haltung und Rückgrat zeigen sowie eine gesunde Diskussionskultur gelernt haben.“ Das sei der Nachwuchs, den es in der Kreativbranche brauche. „Es geht in der Branche nicht um das Portfolio oder ein bestimmtes Zertifikat oder eine gute Note. Es geht um Empathie“, so Brouns.
Am 11. Oktober gibt es noch mal einen Designflohmarkt
Deshalb seien die Alumni der Design Factory auch branchenweit vertreten, haben eigene Designstudios oder reisen mit ihren Projekten um die ganze Welt. Die aktuellen Schülerinnen und Schüler wiederum verteilen sich ab dem Wintersemester auf die verbliebenen Designschulen in der Stadt. „Letztendlich sind alle untergekommen, das lag mir sehr am Herzen. Die anderen Schulen haben sie mit offenen Armen begrüßt, dafür bin ich den Schulleitern sehr dankbar“, sagt Brouns.
Ab Dienstag, 1. Oktober, bleiben die Schultüren vorerst geschlossen. Zumindest bis zum 11. Oktober: Ab 16 Uhr findet dann ein Designflohmarkt statt, wo übrige Bücher, Kleidung, Möbel in der Design Factoy zum Verkauf stehen. Dabei gibt es Drinks und Musik, Tattoos und sicher auch die eine oder andere Anekdote über die Schulzeit der vergangenen 32 Jahre.