Hamburg. Romantik, Glitzer und Zinn, Kolonialismus, ein verschwundener Holländer, ein schwedischer Malerstar und Lars Eidinger als Fotograf.

Es wird alles immer früher: Ebenso wie das Zimtgebäck und die Lebkuchen schon im Spätsommer in den Supermarktregalen liegen, setzen auch die Hamburger Museen schon jetzt alles daran, ihrem Publikum Appetit auf das Kommende zu machen: Drei Monate vor Jahresschluss stellen die Hamburger Kunsthalle und das Museum für Kunst und Gewerbe (MK&G) ihre Projekte für 2025 vor. Was durchaus sinnvoll ist, denn für einige Ausstellungen lohnt es sich, rechtzeitig Karten zu sichern (wir erinnern uns an Caspar David Friedrich).

Die wichtigste Schau am Glockengießerwall ist „Rendezvous der Träume. Surrealismus und deutsche Romantik“ von Kuratorin Annabelle Görgen-Lammers. Ab 13. Juni treffen mehr als 180 surrealistische Ikonen unter anderem von Max Ernst, Meret Oppenheim, René Magritte, Salvador Dalí, Valentine Hugo, Toyen, André Masson, Victor Brauner, Paul Klee in expliziten Hommagen wie anregenden Gegenüberstellungen auf mehr als 60 romantische Meisterwerke etwa von Caspar David Friedrich und Philipp Otto Runge. Tickets können schon jetzt über die Museums-Website erworben werden.

Die wichtigsten Ausstellungen von Hamburger Kunsthalle und MK&G 2025

Durchaus artverwandt ist ein ebenfalls ambitioniertes Projekt der Kuratorin Sandra Pisot: Mit einer umfangreichen, epochenübergreifenden Schau werden ab 6. Dezember 2024 die unterschiedlichen Facetten des Themas Illusion von der Kunst der Alten Meister bis in die unmittelbare Gegenwart beleuchtet, vom „Trompe-l‘oeil“ über die Lust der Täuschung bis zu heutigen Fake News. Hier treffen dann James Ensor und Johann Heinrich Füssli auf Piet Mondrian und Nan Goldin. Und auch Multitalent Lars Eidinger steuert Arbeiten bei (seinen Kunsthallen-Einstand feierte er bei „Klasse Gesellschaft“).

Pressefoto Ausstellungen 2025 in der Hamburger Kunsthalle
Dem schwedischen Malerstar Anders Zorn (1860–1920) widmet die Kunsthalle eine große Einzelausstellung. Hier ist sein Gemälde „Die lesende Emma“ abgebildet. © Hamburger Kunsthalle | Hamburger Kunsthalle

Kurator Markus Bertsch zeigt den schwedischen Malerstar Anders Zorn (1860–1920). Dieser zählte um 1900 zu den berühmtesten Künstlern weltweit, die amerikanische High Society ließ sich von ihm porträtieren. Die Ausstellung wird ab dem 26. September rund 150 Gemälde und Aquarelle, Radierungen und Fotografien präsentieren, darunter auch einige Ansichten des Hamburger Hafens. Kuratoren-Kollegin Brigitte Kölle spürt derweil Bas Jan Ader (1942–1975) nach: Exakt 50 Jahre nach dessen rätselhaftem Verschwinden auf See wird das Werk des einflussreichen niederländischen Video- und Installationskünstlers aufgefächert. Mit der Ausstellung „Time & the Tiger“ von Kuratorin Corinne Diserens kann der aus Singapur stammende Multimedia-Künstler Ho Tzu Nyen, Jahrgang 1976, durch sieben große Installationen entdeckt werden.

Pressefoto Ausstellungen 2025 in der Hamburger Kunsthalle
Der Singapurer Multimediakünstler Ho Tzu Nyen, Jahrgang 1976, wird mit sieben großen Installationen in der Kunsthalle erfahrbar (hier im Bild „Hotel Aporia“ von 2019). © Hamburger Kunsthalle | Hamburger Kunsthalle

Kunsthalle: Publikum ist das jüngste unter allen Hamburger Kultureinrichtungen

„Die jüngst von Kultursenator Carsten Brosda vorgestellte Umfrage der Behörde für Kultur und Medien ergab, dass die Hamburger Kunsthalle ihren Anspruch, ein Museum für alle zu sein, ziemlich erfolgreich einlöst: Mit 26 Prozent Besucherinnen und Besuchern zwischen 20 und 30 Jahren, der größten Altersgruppe unter ihren Gästen, hat die Kunsthalle ein sehr junges Publikum. Das Durchschnittsalter der Gäste des Hauses ist mit 46 Jahren deutlich jünger als der Durchschnitt des Publikums der Hamburger Kultureinrichtungen“, sagt Direktor Alexander Klar.

Das Publikum habe in höherem Maße eine migrantische Biografie und verfüge insgesamt eher über ein mittleres als ein hohes Einkommen. „Wir führen die Diversität unseres Publikums sowohl auf unsere diskursiv angelegten Ausstellungen, als auch auf unser weitgespanntes Vermittlungsprogramm zurück. In beidem schneiden wir relevante Themen der Zeit an und stellen sie (und dabei auch uns) unserem Publikum zur Diskussion.“

MK&G: Ausstellungen über Glitzer und innovative Mode aus Paris

Am Museum für Kunst und Gewerbe geht es um besondere Materialien. Nach dem silberweiß-glänzenden Schwermetall Zinn („Von der Mine ins Museum“, ab 15. Februar), das vor rund 100 Jahren große Popularität bei Gestalterinnen und Gestaltern genoss, geht es gleich weiter zur Glitzer-Ausstellung (ab 28. Februar). Die Kuratorinnen Julia Meer und Nina Lucia Groß hatten für ihr ungewöhnliches Thema vor einigen Monaten einen öffentlichen Aufruf gestartet: Interessierte konnten ihre flirrenden und funkelnden Objekte einreichen – ein ganzer Raum ist ihnen gewidmet. Daneben wird Glitzer in aktuellen politischen Kontexten und kollektiven Bewegungen, als Material und Metapher für Sichtbarkeit, Zugehörigkeit und Selbstbestimmung mit rund 40 internationalen Positionen aus Kunst und Gestaltung untersucht.

Ausstellung im MK&G: GLITZER
Glitzer von Kopf bis Rollstuhl: Model und Burlesque-Performerin Pansy St. Battie taucht natürlich in der Glitzer-Ausstellung des MK&G auf. © Xenia Curdova | Xenia Curdova

Eine weitere Ausstellung setzt sich mit Mode(n) auseinander: Große Schriftzeichen, selbstbewusste Statements und recycelte Textilien – das sind die Erkennungsmerkmale des Pariser Modelabels XULY.Bët, 1991 von Lamine Kouyaté gegründet und bekannt für seine tragbare Mode aus Secondhand-Textilien. Das Museum zeigt eine Einzelausstellung über den innovativen Designer und seine Kollektionen der vergangenen Jahre. 

Mehr zum Thema

Am 4. Juli wird die Sammlungspräsentation „Inspiration SWANA“ am MK&G eröffnet – als Abschluss der Neugestaltung der außereuropäischen Sammlung des Museums. Die inhaltliche Neuausrichtung blickt kritisch auf das eigene koloniale Erbe und geht mit der Umbenennung der „Sammlung Islamische Kunst“ in „Sammlung SWANA“ einher. SWANA ist die Abkürzung für die Region Südwestasien und Nordafrika. Die neue geografische Beschreibung der Sammlung spiegelt einen Perspektivwechsel wider, der versucht, die Sammlung von eurozentrischen Zuweisungen als „islamisch“ oder „orientalisch“ zu befreien. Im Fokus stehen die Objekte und ihre Gestaltungstraditionen. Dafür werden fünf Räume umgestaltet und drei neue Themenbereiche hinzugefügt.