Hamburg. Arno Funke alias Dagobert narrte einst jahrelang die Ermittler. Nun setzt ein starker Sechsteiler dem originellen Gangster ein Denkmal.
Gangster-Serien sind ein zeitloses Genre. Gerade erst ist „The Penguin“ angelaufen, das ziemlich gelungene „Batman“-Spinoff aus Hollywood. Aus Deutschland gibt es nun auch einen Beitrag zum Thema, und der Clou ist: Den Kriminellen, um den es hier geht, hat es wirklich gegeben – er ist längst zur Legende geworden.
Man muss sich an die aus heutiger Sicht mies geschnittenen Anzüge gewöhnen und die inflationären Schnauzbärte. Auch der tatsächlich sehr billige (wäre da nicht mehr möglich gewesen, gar ein wenig echter Pop, „Everything Counts“ oder so?) 80er-Jahre-Synthesizer-Soundtrack ist ein Zeitmarker. Wobei „Ich bin Dagobert“ hauptsächlich in der ersten Hälfte der 90er-Jahre spielt. Dort trieb der reale Kaufhauserpresser Arno Funke, das Genie aus Berlin, hauptsächlich sein wildes Spiel mit den Strafverfolgungsbehörden.
RTL+ zeigt das Leben Dagoberts nun in einem Sechsteiler, der ab 2. Oktober verfügbar ist. „Ich bin Dagobert“ (Regie Hannu Salonen, Drehbuch Ronny Schalk) ist ein temporeicher Thriller über das legendäre Katz- und Mausspiel zwischen dem Berliner Lackierer und der Polizei. Funke veröffentlichte bereits Ende der 90er-Jahre ein Buch über seine Jahre als Dagobert, für die RTL-Produktion stand er als Berater zur Verfügung.
RTL zeigt „Ich bin Dagobert“: 1992 ging bei Karstadt in der Mönckebergstraße eine Bombe hoch
So ist es nur folgerichtig, dass die Erzählerstimme aus dem Off die von Friedrich Mücke ist, der in dieser fesselnden Miniserie die Hauptrolle des depressiv-manischen Tüftlers spielt. Dagobert gehörten die Sympathien der Öffentlichkeit (die Serie greift diesen Aspekt ausführlich auf). Lediglich einmal, 1988, sackte er das von ihm verlangte Geld tatsächlich ein.
Zwischen 1992 und 1994 scheiterten 13 Geldübergaben, deren Modus sich der kreative Kopf mit teilweise irrwitzigen Ideen ausdachte. Funke legte Bomben bei Karstadt, wollte aber erklärtermaßen nie, dass jemand zu Schaden kam. Seit 1992 bei Karstadt in der Mönckebergstraße eine Bombe hochging, gehörten auch Hamburger Ermittler zur Sonderkommission.
Die Polizisten und Profiler porträtiert „Ich bin Dagobert“ als zum Ende hin völlig entnervte und entkräftete Männer, die nicht fassen konnten, dass ihnen der Gesuchte immer wieder entkam. Auf dem Höhepunkt der Jagd postierten sich in Berlin Tausende Polizisten um Telefonzellen (der Fall „Dagobert“ spielte sich in jederlei Hinsicht in einer ganz anderen Zeit ab), um dem Erpresser das Handwerk zu legen. Am Ende war es ein banaler Mietwagen, durch den Funke gefasst wurde.
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Man weiß als Betrachter, wie die Sache ausgeht. Und doch folgt man der Handlung gebannt. Was an den schnittigen Dialogen, an der Faszination für das eben gar nicht so Böse und den guten Schauspielern liegt. Lediglich eine bewahrt in der Serie meist die Ruhe auf Seite der Ermittler: die Polizeipsychologin Sonja Balaš (Sonja Gerhardt). Moritz Führmann überzeugt als Hamburger Ermittler Johannes Kaidel, Misel Maticevic als dessen Berliner Pendant Ulrich Strack.
„Ich bin Dagobert“ bei RTL+: Schlauer, als die Polizei erlaubt
Am besten ist freilich Friedrich Mücke als durchaus geltungsbedürftiger Gelegenheitsgangster Dagobert, dessen düstere Dämonen der Sechsteiler in surrealen Sequenzen zeigt. Einen Revolver zum augenblicklichen Suizid hatte der getriebene Mann immer dabei. Er war schlauer, als die Polizei erlaubt, und auch erleichtert, als er endlich verhaftet wurde. Selbst die Ermittler bewunderten ihn anfänglich mitunter für seine Tricks.
Die Entscheidung, auf zwei Zeitebenen – es gibt Einschübe mit Kindheitsszenen – von Dagobert nicht nur als Krimistück, sondern auch als psychologischem Drama zu erzählen, erweist sich als richtig. „Über eine Depression zu reden war damals so unüblich wie im Sitzen zu pinkeln“, räsoniert Funke einmal. Auch aus jener Unterlassung resultierte letztlich sein kriminelles Tun und daraus der Mythos des frechen Herausforderers der Polizei. Er wird mit dieser Erzählung weiter genährt.
„Ich bin Dagobert“ ist ab dem 2. Oktober auf RTL+ abrufbar.