Hamburg. Diese neue Serie ist ein Hit: Der Hauptdarsteller ist kaum wiederzuerkennen, sein Gangster eine grausige Gestalt, auf nach Gotham City!

Da, wo „The Batman“, endete, setzt die Handlung von „The Penguin“ ein, der neuen, jetzt auf Sky anlaufenden Miniserie. „Der Riddler“, Superschurke und Batman-Antagonist, hatte im Finale des Films die prekären Quartiere in Gotham angegriffen und Mafiaboss Carmine Falcone getötet. Jetzt gibt es ein Machtvakuum, in das viele drängen. Auf den Straßen herrscht Krieg.

Comicverfilmungen und Superheldenstoffe wie „Batman“ sind Blockbuster, Actionspektakel, Popcornkino für die Entertainment-Fraktion. Die gute Nachricht ist: Im Achtteiler „The Penguin“ (Showrunner: Lauren LeFranc) wird aus Matt Reeves‘ düster-cineastischem Actionknaller ein ästhetisch hohen Ansprüchen genügendes Psycho- und Gangsterdrama, das mit epischer Tiefe vom Aufstieg des Verbrechers Oz „The Penguin“ Cobb erzählt.

Der spielte auch im „Batman“-Film als humpelnder Handlanger seine Rolle, nun bekommt die in den DC Comics seit Langem etablierte Figur die Spin-off-Erzählung, die sie verdient. Wie im Kino verkörpert Colin Farrell den Mann mit den verkrüppelten Füßen, und sein Spiel ist atemberaubend.

Colin Farrell in „The Penguin“: Nicht wiederzuerkennen als abgründiger Anti-Held

Wie Farrell, den man in seiner Maskerade so gut wie gar nicht wiedererkennt, seinen abgründigen, skrupellosen und beschädigten Helden mitten in die Mafia-Kriege watscheln lässt, rechtfertigt allein schon die Produktion dieser Serie. Unter den Gegenspielern des verwachsenen, hässlichen Mannes, die in Gotham vor allem mit Drogen reich werden wollen, ist eine ihm in ihren inneren Spannungen und Verwerfungen ebenbürtige Person: Sofia Falcone (grandios: Cristin Milioti), die Tochter des Paten. Oz hat ihr früher, vor vielen Jahren, als Fahrer gedient. Nach dramatischen Ereignissen, an denen Oz nicht unbeteiligt war, war sie zehn Jahre in einer psychiatrischen Anstalt.

Mehr zum Thema

Nun will sie ihren toten Bruder rächen und tut sich beim Drogenhandel zunächst aber nichts ahnend ausgerechnet mit dessen Mörder zusammen, keinem anderen als Oz. Der wiederum hat sich den Autoknacker Vic (Rhenzy Feliz) als Protegé auserkoren. Bei ihm zeigt Oz mitunter seine gute Seite, wobei die manipulative Verschlagenheit des Emporkömmlings auch hier zum Zuge kommt. In dieser fesselnden, gewalttätigen und verstörenden Saga, die das Verbrechen als Prozess psychischer Deformierungen und persönlicher Traumata zeigt, ist Vic die unschuldigste Person.

Neue Serie „The Penguin“: Epische Härte, wunderbar inszeniert

Die epische Härte und comicartige Verzerrung der Story ist wunderbar inszeniert. Alles läuft am Ende auf das Duell zwischen Oz und Sofia hinaus. Es gibt aber auch andere Gangster wie Sal Maroni (Clancy Brown), die ihren Part haben. Übertriebene „Sopranos“-Bezüge, um die größte aller HBO-Serien zu nennen, muss aber niemand herstellen. Dafür ist das Böse hier zu überzeichnet. Höhepunkte des großartig zusammengefügten Plots sind die Rückblenden in Oz‘ Vergangenheit als eifersüchtiger Jugendlicher, der seinen Brüdern nicht die Liebe seiner Mutter (Deirdre O’Connell) gönnte, und Sofias Racheakt gegen ihre Familie.

„The Penguin“ ist die Studie eines grauenvollen, mitleiderregenden und Angst machenden Muttersöhnchens, das unbedingt nach oben will. Eines Monsters mit Schwächen und Sentimentalitäten, die dafür sorgen, dass Sofia die Oberhand behalten könnte. Das Verbrechen ist für Oz ein Lebenselixier. Als er mit Vic in die riskante Bandenkrieg-Action eintaucht, fragt er den noch schwankenden Novizen anschließend: „Fühlst du dich lebendig, spürst du dein Herz schlagen?“

Wie eine Kakerlake ist der Pinguin unzerstörbar, und Gotham ist die Stadt, in der so einer wie er sich prächtig durchwatscheln kann. Es gibt die Armen, die im Drogensumpf stecken, und korrupte Politiker. Vor allem gibt es die Armee der Gangster, die er wie ein Volkstribun lenken kann, damit sie ihm helfen, seinen Traum von Herrschaft zu erfüllen. Durch die Bank auf hohem Niveau agierende Schauspieler, ein mythenhafter Held und ein überzeugendes Drehbuch: „The Penguin“ ist einer der TV-Höhepunkte des Herbstes.

„The Penguin“ ist ab dem 20.9. wöchentlich auf Sky/Wow abrufbar.

172170_164_cover.jpg

Darf man mit diesem Mann eigentlich Mitleid haben?

Next Book Please - Der Bücher-Podcast