Hamburg. Beim ersten von fünf Konzerten herrscht muckelige Wohnzimmerstimmung im St. Pauli Theater. Fans bekommen tiefe Einblicke in „Bohème“.
Fünf Konzerte auf einen Streich – und das nur als Zusatzprogramm zur Tour: Nun ist es also wirklich 20 Jahre her, dass Annett Louisan die deutsche Popszene mit hauchzarter Kuschelstimme und lasziv-angriffslustigen Texten eroberte. So wie beim vergangenen Auftritt in der Elbphilharmonie steht im Fokus dieses ersten von fünf aufeinanderfolgenden Konzertabenden ihr Debütalbum „Bohème“. Aber wie viel von der Bohemienne Annett Louisan steckt denn nun eigentlich in so einem Konzertabend im altehrwürdigen St. Pauli Theater?
Von üblichen Bohème-Topoi weicht sie natürlich ab: Sie ist schon lange voll im Musik-Business angekommen, hat zehn Alben in 20 Jahren veröffentlicht, diverse Gold- und Platinauszeichnungen gewonnen und lange im Vorhinein ausverkaufte Konzerte und Tourneen gegeben. Dessen ist sie sich auch bewusst. Trotzdem schwelgt sie gemeinsam mit dem Publikum in den Songs, mit denen alles anfing – und den dazu passenden Anekdoten.
Annett Louisan im St. Pauli Theater: „Bohème ist in Hamburg entstanden“
Die reichen von ihrer Kindheit und Familie („Daddy“) über Zwischenmenschlichkeit („Das Liebeslied“) über Liebes- und Männergeschichten („Der Blender“, „Der Schöne“). Alles in mal kecker und mal emotionaler, mal lehrreicher und mal lustiger Weise mit kleinen Schnipseln Autobiografie gespickt. Das ist Louisans erklärtes Ziel des Abends: Die Zuschauerinnen und Zuschauer auf eine persönliche Reise durch ihr Leben und das Album mitzunehmen: „,Bohème‘ ist in Hamburg entstanden. Hier habe ich Bohème erlebt“, säuselt sie ins Mikrofon.
Die Stimmung im St. Pauli Theater spiegelt diese Vertrautheit wider. Für ein intimes Konzert „genau die richtige Größe“, wie ein Zuschauer treffend feststellt. Da werden die hochhackigen Glitzerschuhe einfach mal ausgezogen, da werden auch einige Songs barfuß gespielt – immer mit lässig-jazzigen Einlagen von Paul Kleber (Kontrabass), Christoph Bernewitz (Gitarre) und Uri Grinzel (Klavier).
Annett Louisan changiert zwischen adoleszenter Flüsterstimme und gefühlvoller Grande Dame
Ihr markantestes Merkmal – ihre Stimme – setzt die 47 Jahre alte Hamburgerin dabei übergangslos-fließend ein. Ob da nun eine adoleszent-anmutende Flüsterstimme durchscheint („Das Spiel“, „Das Gefühl“) oder ob die vielleicht kleinste Grande Dame Deutschlands gefühlvoll-rauchige Chansons („Babyblue“) präsentiert – ihre vokale Spannbreite hat Annett Louisan im Griff und weiß damit die Zuschauerinnen und Zuschauer über die zweistündige Spielzeit inklusive mehrerer Zugaben gekonnt abzuholen. Zum Abschluss gibt es – was sonst – einen „Prosecco“.
Annett Louisan: „20 Jahre Bohème“ 26.9., 27.9., 28.9., jeweils 19.30 Uhr und 29.9, 18.30 Uhr, St. Pauli Theater, Spielbudenplatz 29–30, Karten ab 49,90 Euro.