Hamburg. Ensemble Resonanz startet im Kleinen Saal der Elbphilharmonie volle Kraft voraus in die neue Saison. Was der Haken beim Cellokonzert ist.

Die Saison beginnt gerade erst, da ist das Ensemble Resonanz schon auf Betriebstemperatur. In Hochform und bester Laune präsentieren die Musikerinnen und Musiker im Kleinen Saal der Elbphilharmonie ein überwiegend böhmisches Programm.

Los geht es mit einer Art inoffizieller Nationalhymne: Josef Suk komponierte 1914 eine Meditation über den rund 800 Jahre alten Choral „St. Wenzeslaus“, ein Stück wie ein großer, rauschhafter Bogen. Aus der Stille beginnen die Bratschen, die Kontrabässe tupfen wolkenweiche Pizzicati dazu, und die Geigen singen eine Melodie von unnachahmlicher Schwermut. Hier zeigen die Streicher schon, was zum Markenkern des Ensembles gehört: ihren kraft- und schwungvollen Zugriff, durchdacht und beseelt zugleich.

Elbphilharmonie: Das Ensemble Resonanz startet voll Energie in die neue Saison

Genau diese packende Energie und Plastizität lässt das Orchester auch der Einleitung zum Cellokonzert von Anton Kraft angedeihen. Anton – wer? Der Mann, ein Zeitgenosse Haydns und Beethovens, war zu Lebzeiten ein Superstar auf dem Cello. Man hört es an den teuflischen Anforderungen des Konzerts. Selbst der Solist Jean-Guihen Queyras, ein großartiger Musiker und international der Mann für die ganz verrückten Jobs, der das Stück schon mit den Resonanzlern zusammen eingespielt hat, wirkt an diesem Abend schlicht eingeschüchtert von all den Läufen, dem Passagenwerk in Daumenlage, den Doppelgriffen.

Das Werk wirkt wie die auch schon berüchtigt schweren Cellokonzerte von Haydn – nur auf Speed. Queyras spielt zart, mit wenig Vibrato. Die vielen schnellen Noten kaschiert er oft, statt sie zum Glitzern zu bringen, und er erwischt auch nicht alle. Erst im letzten Satz hat er sich freigespielt und genießt es sichtlich, die Rhythmen zu stauen, den Volkston so richtig rauszulassen.

Ein hinreißend geistreiches Wechselspiel

Nach so einer Parforcetour gleich noch ein Cellokonzert zu spielen, das passt zu dem Ausnahmekünstler Queyras. Bei dem von György Ligeti (der nicht Böhme, sondern Österreicher und Ungar war) führt er vor, wie souverän er die feinsten Nuancen gestalten kann. Unter der Leitung von Johannes Fischer wird er in einem hinreißend geistreichen Wechselspiel mal Teil des Orchesters und tritt ihm mal gegenüber.

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Den beschwingten Schluss macht das Streichquartett „Von den Affenbergen“ von Pavel Haas aus den 1920er-Jahren in einer Bearbeitung für Streichorchester. Da wiehern die Pferde in den Glissandi, da scheint der Mond durch die fahlen Streicherklänge. Beim Schlusssatz ist Fischer dann als Schlagwerker dabei. Den Part hatte Haas ursprünglich so hineinkomponiert, aber dann wieder gestrichen. Der kurze, prägnante Einsatz ist wie das Ausrufezeichen hinter diesem sprühenden Werk.

Ein Abend wie ein Energieriegel.

Album: Jean-Guihen Queyras, Riccardo Minasi, Ensemble Resonanz, Cellokonzerte von Anton Kraft und C.P.E. Bach, Harmonia Mundi