Hamburg. Hamburger Kabarett-Entertainer gibt mit Band im Musikpavillon ein ungewöhnliches Best-of seines Repertoires: Internet-Hits und neue Songs.
Welch ein Kontrast, welch ein künstlerischer Spagat: Noch am vergangenen Sonnabend war Bodo Wartke unvermittelt inmitten des (Alt-)Staraufgebots des Schlagers mit Roland Kaiser, Marianne Rosenberg, Howard Carpendale und Olaf dem Flipper in der „Giovanni Zarrella Show“ des ZDF gelandet. In der Dortmunder Westfalenhalle interpretierte der Musik-Kabarettist Hamburger Herkunft mit dem musikalischen Italo-Alles-Verwurster seinen Song über „Barbaras Rhabarberbar“, der in diesem Jahr weltweit im Internet für Furore gesorgt hat.
Spätestens als Wartke am Freitagabend seinen Zungenbrecher-Rap in seinem Programm „In guter Begleitung“ mit der SchönenGutenA-Band im heimeligen Musikpavillon von Planten un Blomen singt und tanzt (wie die zwei Australierinnen im viralen Hit), zücken viele der gut 900 stehenden und sitzenden Menschen im ausverkauften Areal ihre Smartphones. Bis dahin hat der Wahlberliner wieder mal nachgewiesen, zu welch versiertem Musiker und Entertainer er sich in einem Vierteljahrhundert auf den Bühnen der Republik entwickelt hat. Nur wenige Hundert Meter entfernt übrigens von seinem ersten Auftrittsort, dem früheren Brettl Schlapplachhalde an der Rentzelstraße, und seinem eigenen Verlag Reimkultur im Grindelviertel.
„Barbaras Rhabarberbar“: Reim-Meister Bodo Wartke blüht in Planten un Blomen richtig auf
Bodo Wartke, der mit drei Dernières ehemaliger Klavierkabarett-Programme schon dreimal die Stadtparkbühne ausverkauft hat, kann open air. Mag Helge Schneider der populärere Jazz-Musiker und Komiker sein, bei Wartke, am Freitagabend schnieke im taubenblauen Anzug gekleidet, lohnt sich neben dem Hingucken auch das Hinhören, sowohl, was die Musik (er spielt auch Mundharmonika, Ukulele und Cajon) als auch, was die Texte betrifft.
Lustvoll präsentiert der 47-Jährige feine Songs aus sechs Programmen im Band-Arrangement. „Jetzt kann ich auch mal Lieder in anderem Gewand bringen“, erläutert Wartke. Im Corona-Sommer 2021 war er das erste Mal bei der „Draußen im Grünen“-Reihe in Planten un Blomen aufgetreten, allein und mit Abstand und mit „Wandelmut“. Diesmal lässt es Wartke mit René Bosem (E-Bass), Franky Fuzz (Gitarre) und Robert Memmler (Schlagzeug) gleich im Auftaktsong „Meine Band“ swingen und nimmt mit seiner Combo im Stück „Nicht immer“ Anleihen beim Country-Rock. Seinen „Regen“ (2001) singt er an diesem trockenen Abend nicht nur als Reggae, der Reim-Meister münzt den Song zum Protestlied gegen Ex-US-Präsidenten um: „Nicht zuletzt auch gegen Ronald Reagan/Der hörte damals schon nicht auf, mich aufzuregen/Doch er war nix im Vergleich zu Nixon oder Trump, verdammt! Ich glaub, von allen inkompetenten amerikanischen Präsidenten/War noch keiner so ungeeignet für das Amt. Wie Trump“, so Wartke.
Bodo Wartkes „Die heiligen Schriften 2.0“, auch ein Plädoyer gegen Messer-Morde
Seine Texte haben zeitgeistigen Hintersinn, selbst seine „benutzerdefinierten Liebeslieder“, die überraschende musikalische Stil- und Genrewechsel in sich tragen. Ob sie nun „Eva“, „An Dich“ oder „Meine neue Freundin“ heißen. Letztere sei die Tochter eines Schönheitschirurgen: „Von dem wird sie immer schön glatt gezogen. Deswegen ist sie auch so schön, ungelogen“, reimt Wartke, der zum Rockabiilly-Sound am Klavier noch eine vortreffliche Parodie auf Rock-’n‘-Roll-Legende Jerry Lee Lewis („Great Balls Of Fire“) liefert.
Weitere gefeierte Perlen des Abends sind Wartkes eigens komponiertes Lied auf das 75 Jahre alte „Das Grundgesetz“, mit der Band zum Mittanzen gerappt, gereimt und gerockt, sowie „Die heiligen Schriften 2.0“. Seine Rumba über den fanatisch motivierten Missbrauch der Buchreligionen und Ansätze zur Lösung „mit einem nachträglichen Sicherheitsupdate“ ist ein Plädoyer wider den Islamismus, gegen aktuelle Messer-Morde und Selbstmordattentäter, aber auch gegen Hass und Hetze im Netz, mithin ein Lied für das Gute. Textauszug. „Und wenn du schon sprengen musst, tu es bitte wenigstens umweltbewusst. An einem Ort in sicherer Distanz, wo du niemand außer dich verletzen kannst.“ Das Publikum dreier Generationen dankt es Wartke mit minutenlangem Applaus.
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Die Fans kommen in den gut zwei Stunden noch in den Genuss weiterer Experimente aus dessen Text- und Band-Werkstatt. Etwa mit „Mansplaining“ (über einen nervenden männlichen Erklär-Bär) und „Bei der FDP“. Für dieses Lied hat sich der (Um-)Texter vom Sommer-Hit „Wildberry-Lillet“ (2022) der Rapperin Nina Chuba und deren Refrain-Zeile „Ich hab Hunger, also nehm ich mir alles vom Buffet“, inspirieren lassen. Solo zu hören womöglich bei Bodo Wartkes Hamburg-Premiere seines siebten Klavierkabarett-Programms am 8. April 2025 in der Laeiszhalle. Wiederum ein Kontrast zur „Giovanni Zarrella Show“ und zu „Draußen im Grünen“.