Hamburg. Das Bridges Kammerorchester verschmilzt beim SHMF-Konzert die Musikstile, bis alles ähnlich gut gelaunt orientalisch-rhythmisch klingt.
Die Konzertmeisterin kommt im magentafarbenen Seidenhängerchen auf die Bühne, der Saxofonist im kornblumenblauen Anzug, und die Spielerin mit dem exotisch langhalsigen Lauteninstrument trägt ein besticktes folkloristisches Gewand. Der Farb- und Stilmix ist gewollt. Denn beim Bridges Kammerorchester, das im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals unter der Leitung der italienisch-türkischen Dirigentin Nil Venditti in der Elbphilharmonie gastiert, ist die Vielfalt Programm.
Das Bridges Kammerorchester klingt in der Elbphilharmonie allzu einheitlich
Das Frankfurter Ensemble hat sich die Transkulturalität auf die Fahnen geschrieben. Die Idee klingt so einfach, wie das bei wirklich guten Ideen oft der Fall ist: Musikerinnen und Musiker aus unterschiedlichen Ländern und Musiktraditionen zu einem Klangkörper zu vereinen.
„Von der Seidenstraße über Venedig nach Konstantinopel“ ist der Abend übertitelt, passend zum Festivalschwerpunkt. Das SHMF hat in diesem Jahr bei diversen Konzerten Programmhefte mit eingehenden Texten durch kurze Flyer ersetzt. Das ist immer bedauerlich, in diesem Fall aber besonders, weil es so viel zu erklären gäbe, etwa die vielen Zupf- und Schlaginstrumente. Und wer der Komponist Hassan Skaf (1951–2015) war, mit dessen „Samai Bayat“ das Konzert beginnt, wüsste man ebenfalls gern.
Walid Khatba spielt Geige gleichsam muttersprachlich orientalisch
Dass es morgenländische Musik ist, erfasst das Ohr sofort. Sie näselt leicht, sie biegt sich, beschreibt Schleifen und Volten, und der Rhythmus der Trommel lässt sie in wechselnden Betonungen schwingen. Aber wie machen die das? Wie kriegt ein europäisches Instrument wie Querflöte oder Horn diesen orientalischen Sound hin, diese für westliche Hörgewohnheiten etwas schräge Intonation, im Fachjargon ein Fall von Mikrotonalität? Wenn der Geiger Walid Khatba solistisch zu hören ist, versteht man es. Er spielt gleichsam in seiner Muttersprache, verschleift die Töne oder lässt den Klang sich überschlagen und nutzt die Effekte des Verstärkers aus.
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Es kommt auch ein Werk von Khatba zu Gehör; mehrheitlich stehen nämlich Werke aus der Feder von Ensemblemitgliedern auf dem Programm. Tolle Idee, gut gespielt – nur klingt das meiste stark orientalisch und betont perkussiv, sogar die Bearbeitung von Vivaldis „La follia“, des einzigen Venezianers. Hier zeigt sich ein Webfehler: Wo die genuinen Unterschiede eingeebnet werden, kommt Einheitlichkeit statt Vielfalt raus. Schade drum. Aber das Ensemble steht ja für Aufbruch und Entwicklung. Da ist noch vieles drin auf dem spannenden Weg, die Grenzen im Denken zu überwinden.