Hamburg. Die New Yorker Sängerin und Songschreiberin würdigte in der Elbphilharmonie einen spektakulären Auftritt des Rockmusikers von 1966.

Der „Judas“-Ruf blieb in der Elbphilharmonie aus. Damit hatte ein Fan lautstark Bob Dylans Wandel vom Folksänger zum Rockmusiker kritisiert. Das war 1966 bei einem Konzert in Manchester, das – fälschlicherweise – als das „Royal Albert Hall Concert“ in Dylans Geschichte einging.

Als Cat Power, die New Yorker Sängerin und Songschreiberin, Dylans Auftritt vor zwei Jahren mit derselben Setliste (dieses Mal tatsächlich im Londoner Konzertsaal) aufnahm, wurde auch sie an derselben Stelle im Programm mit dem „Judas“-Ruf konfrontiert. Bei ihrer originalgetreuen Würdigung des von ihr verehrten Kollegen war man froh, dass Dylan damals den Wandel von der akustischen zur elektrischen Gitarre gewagt hat, denn der erste Teil des 100-minütigen Auftritts in der Elbphilharmonie war teilweise einschläfernd. Dass Cat Power Songs wie „Visions Of Johanna“ und „Desolation Row“ im Halbdunkel sang, verstärkte diese Wirkung noch.

Cat Power in Hamburg: 100 lahme Minuten, dann gibt sie Gas

Zwar verfügt Cat Power über eine fantastische und klare Stimme und große Phrasierungsmöglichkeiten, und auch Dylans frühe Texte sind von poetischer Klasse, doch musikalisch sind diese Songs recht eintönig. Cat Power ließ sich von ihrem Gitarristen Henry Munson begleiten, dem man bei seinem minimalistischen Spiel die Fingernägel hätte schneiden können. Was dieser feine Musiker wirklich draufhat, konnte er im zweiten Teil des Abends zeigen, als er die akustische Klampfe mit einer elektrischen Fender-Gitarre tauschen durfte.

Mit ihrer sechsköpfigen Band auf der Bühne gab Cat Power nun richtig Gas. Genauso wie damals Dylans Begleitband The Hawks, aus der später die berühmte The Band werden sollte. Mit der Entscheidung, das Instrumentarium zu erweitern, eröffneten sich Dylan größere musikalische Möglichkeiten für seine komplexen Texte, was auf seinen Meisterwerken „Highway 61 Revisited“ und „Blonde On Blonde“ zu hören ist.

Mehr zum Thema

Cat Power erweist in Hamburg einem historischen Abend ihren Respekt

Cat Power ging es nicht darum, Klassikern wie „Just Like Tom Thumb’s Blues“ oder „Ballad Of A Thin Man“ ihren Stempel aufzudrücken und neue Interpretationen abzuliefern, sondern einem historischen Abend ihren Respekt zu erweisen. Das gelang großartig, denn sie und ihre Band stellten sich ganz in den Dienst der selbst gestellten Aufgabe. Die Wut, die Dylan damals bei Teilen des konservativen Folk-Publikums auslöste, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, doch geblieben sind die großartigen Songs aus dem Konzert, das Dylan damals in der Free Trade Hall, so der Name des tatsächlichen Konzertortes in Manchester, gegeben hat. „Leopard-Skin Pill-Box Hat“, „Tell Me, Momma“ und natürlich „Like A Rolling Stone“ spielte Cat Power mit der gleichen Energie wie damals Dylan und die Hawks.