Hamburg. Die Tschechische Philharmonie und Cellist Sheku Kanneh-Mason begeisterten mit einem ganz der Familie Dvořák gewidmeten Programm.
Die Tschechische Philharmonie, immer wieder Gast in Hamburg, kam am Mittwochabend mit einem ganz der Familie Dvořák gewidmeten Programm in die Elbphilharmonie. Neben dem Violoncellokonzert h-Moll op. 104 von Antonín Dvořák, der die Tschechische Philharmonie in ihrem Gründungsjahr am 4. Januar 1896 in Prag ja selbst einmal geleitet hatte, erklang auch die Sinfonie c-Moll op. 27 „Asrael“ von Dvořáks Schwiegersohn Josef Suk.
Ein Werk, das der einstige Kompositionsschüler des großen Tschechen, der sich in die Tochter seines Lehrers verliebt und sie geheiratet hatte, 1905 zunächst dem Andenken seines ein Jahr zuvor verstorbenen Lehrers widmen wollte. Doch während der Arbeit daran starb seine geliebte Frau Ottilie im Alter von nur 27 Jahren an einem Herzleiden und riss den jungen Komponisten in eine Trauer, die er in weiteren Sätzen dieses weit über eine Stunde dauernden, erschütternden Werkes zu verarbeiten versuchte.
Tschechische Philharmonie in der Elbphilharmonie: Völlige Hingabe vom ersten bis zum letzten Takt
Wie sehr Jakub Hrůša, seit 2016 Chefdirigent der Bamberger Symphoniker und zudem Erster Gastdirigent der Tschechischen Philharmonie, beiden Werken mit ganzer Seele verbunden ist, spürte man vom Beginn bis zum Ende, wo er nach dem Verklingen des Schlussakkords von Suks, Ottilie gewidmeten Adagio maestoso beide Arme fast 20 Sekunden in die Höhe hielt und die Augen schloss, damit der Applaus nicht allzu früh hereinbrach.
Für Dvořáks Cellokonzert im ersten Teil hatte man den britischen Cellisten Sheku Kanneh-Mason gewinnen können. Ein junger Mann, der seit seinem Durchbruch beim Wettbewerb BBC Young Musician im Jahr 2016 eine steile Karriere hinlegte und der neben großen Konzertbühnen der Welt ebenso gern auch mal in Clubs und bei Schulkonzerten aufzutreten bereit ist. Sympathisch lächelnd betrat er das Podium mit seinem kostbaren Goffriller Cello aus dem Jahr 1700 in einem eleganten Freizeithemd, das er locker über die schwarze Hose hängen ließ. Mit großem Vibrato und starkem Ausdruck setzte er nach einer Orchesterexposition ein, bei der dieser unvergleichlich warme Streicherklang der Tschechischen Philharmonie und ein Hornsolo mit dem Hauptthema, das man kaum schöner hätte blasen können, sogleich gefangen nahmen.
Elbphilharmonie: Josef Suks tragische Sinfonie c-Moll dirigierte Jakub Hrůša komplett auswendig
Hrůša, der aus einer kleinen Studienpartitur dirigierte und nur sparsame Gesten brauchte, um maximale Effekte zu erzielen, ließ die vielen Holzbläsersoli im Dialog mit dem Cello und die packenden Steigerungen mit massiver Blechbläserbesetzung in feinsten Abstufungen hervortreten. Und auch Kanneh-Mason, der mit kraftvollem Ton und einer faszinierenden Eleganz auf das Orchester reagierte, konnte etwa im Adagio ma non troppo auf ein Pianissimo reduzieren, dass es so wirkte, als wehte sein Celloklang nur so über die Klangflächen der Holzbläser.
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Bei Josef Suks tragischer Sinfonie c-Moll verzichtete Hrůša selbst auf eine Studienpartitur und dirigierte das opulente Werk komplett auswendig. Nach dem zerstückelten, fast suchend wirkenden Beginn kam es zu einer gewaltigen Steigerung, bei der der Pauker Michael Kroutil so hart auf seine vier Pauken schlug, dass man fürchtete, die Trommelfelle reißen. Wie sein Schwiegervater verstand auch Suk mit den reichen Farben eines romantischen Orchesters auf ungewöhnlichste Weise zu spielen. Da gab es Basstuba-Soli, die sich allein mit den hellen Flöten verbanden oder im vierten Satz ein Konzertmeistersolo, das sich über lang ausgehaltenen Tönen verschiedener anderer Orchesterregister entfaltete und dann von der Piccoloflöte in höchster Höhe zu einem Ende geführt wurde. All das gespielt mit Seele und Hingabe vom ersten Takt bis zum letzten von einem wirklich großartigen Orchester.