Hamburg. Das MIAGI Orchestra sucht im Großen Saal nach den Spuren Afrikas in der europäischen und amerikanischen Musik. Fußwippen inklusive.

Es war schon der dritte Besuch des südafrikanischen MIAGI Orchestras beim Schleswig-Holstein Musik Festival und der zweite Auftritt dieses wohl außergewöhnlichsten interkulturellen Ensembles in der Elbphilharmonie. Mit „Searching the African Footprint“ hatte das aus Jazzern und klassisch ausgebildeten Instrumentalisten bunt zusammengewürfelte Orchester diesmal ausschließlich Musik aus dem 20. Jahrhundert und Stücke im Programm, die von eigenen Orchestermitgliedern komponiert und vom österreichischen Schlagzeuger und Dirigenten David Christopher Panzl geschickt arrangiert worden waren.

Panzl, der an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien als Dozent auch Konzert-Percussion lehrt, ist dem MIAGI Orchestra schon lange verbunden, war für dieses Programm allerdings auch eine Idealbesetzung. Er hat ein feines Gespür für einen Sound, der sich zwischen Bigband-Jazz und kontrastreichsten Farben eines großen Sinfonieorchesters bewegt, inspiriert die jungen Musikerinnen und Musiker durch seine Energie und schafft in den kompositorisch manchmal auch mal weniger spannenden Stücken eine große Dichte.

Elbphilharmonie: Afrikanische Klangfarben treffen auf Klassik

Vor dem Konzert sprach der SHMF-Intendant Christian Kuhnt auf dem Elbphilharmonie-Podium noch kurz mit dem südafrikanischen Tenor Robert Brooks, der die Non-Profit-Organisation MIAGI („Music is a Great Investment“) 2001 mit der finnischen Pianistin Ingrid Hedlund ins Leben gerufen hatte. Auf Kuhnts Frage, was er denn unter dem Motto „Searching the African Footprint“ eigentlich verstehe, antwortete er: „Alles ist inspiriert von der großen Klassik. Und wir denken, dass es die Musik ist, die die Leute prägt, sensibel zu sein.“

Tatsächlich befruchten sich die Einflüsse verschiedener Kulturen ja immer gegenseitig. Und so konnte man im Konzert erleben, wie afrikanische Rhythmen und Instrumente zunächst den amerikanischen Kontinent erobert haben, um dann im Impressionismus nach Europa zu wandern und die Moderne bis heute zu beeinflussen.

MIAGI Orchestra: Zwischen Avantgarde und Jazzharmonik

Mit der von David C. Panzl für das MIAGI Orchestra und einer zwölfköpfigen Percussion-Gruppe der Wiener Universität eingerichteten „Cuban Overture“ von George Gershwin ging es gleich mit einem wahren Hit los, und kaum jemand im Publikum konnte bei diesen Rhythmen die Füße stillhalten. Ein wenig ruhiger ging es bei dem 2022 entstandenen „Black Child“ des Bassisten vom MIAGI Orchestra, Viwe Mkizwana, zu, das mit markanten gezupften Kontrabass-Tönen anhob, um nach einem fein instrumentierten Bläsersatz Raum für Soli eines Trompeters und eines szenegerecht mit einer Sonnenbrille ausgestatteten Saxophonisten zu machen.

Das von David Panzl komponierte „Soweto Protocol“ begann zunächst wie ein Stück der Avantgardemusik mit ruhigen Streicherflächen und Schlagwerkeinwürfen, ging dann aber in Jazzharmonik und viele Soli über, die sich bei zwei Saxophonisten so ekstatisch aufluden, dass Zwischenapplaus nicht mehr vermeidbar war. Kompositorisch am interessantesten war vielleicht „Missing Soest“ von Musawenko Mdluli, dem Pianisten des MIAGI Orchestra, der viel Sinn für Klangfarben zeigte und die unterschiedlichsten Rhythmen übereinanderschichtete.

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Um den Austausch der Kulturen immer weiterzuentwickeln, hat das MIAGI Projekt frühkindliche Entwicklungsprogramme in Khayelitsha und Soweto und ein Music & Community Centre geschaffen, wo 14 Lehrer junge Menschen, egal welcher Herkunft, unterrichten. Im Rahmen seiner mittlerweile nun schon siebten Tournee wird das MIAGI Orchestra mit dem beim SHMF präsentierten Programm am 25. August auch bei Young Euro Classic in Berlin zu Gast sein.