Hamburg. Beeindruckendes Lichtkunstwerk des Hamburger Künstlers in Berlin. Monatelang hatte Batz für sein intim-zurückhaltendes Projekt gekämpft.
Mit seinen Lichtinstallationen wie dem Blue Port fasziniert der Hamburger Künstler Michael Batz seit vielen Jahren weit über die Metropolregion hinaus. Immer wieder hat Batz auch Lichtmomente des Erinnerns geschaffen wie etwa beim „Tempelleuchten“ des ehemaligen Israelitischen Tempels in der Poolstraße.
Lichtkünstler Michael Batz illuminiert Fläche am Holocaust-Denkmal
Und doch war sein aktuelles Projekt in Berlin für den 72-jährigen Bundesverdienst-Träger die wohl größte Herausforderung seiner Karriere. Für 90 Minuten durfte Batz die Fläche vor dem Holocaust-Denkmal in Berlin illuminieren, das mit 2711 Stelen an die Ermordung von sechs Millionen Juden in der Nazi-Zeit erinnert. „Ich bin mit dem allergrößten Respekt an diese Aufgabe herangegangen“, sagt Batz.
Möglich machte dieses Lichtkunstwerk der Hamburger Verein Mit2wo Kulturnetzwerk. Dessen Gründer Giorgio Paolo Mastropaolo, mit dem Batz seit Langem zusammenarbeitet, kämpfte über Monate für das Projekt. „Zuvor waren alle Anträge dieser Art abgelehnt worden“, sagt Batz.
Sehr bewusst entschied sich der Autor, Regisseur und Theatermacher für ein minimalistisches Konzept. Batz schuf sieben blaue Lichtrechtecke zwischen dem Stelenfeld und der Cora-Berliner-Straße – ganz leise und nicht raumgreifend. Er richtete die Rechtecke in Nord-Süd-Richtung aus, entgegen der Richtung der Stelen, doch mit der Form ihrer Oberflächen. Die temporären Lichtsteine sollten Zuversicht und Lebensbejahung symbolisieren. „Mir war es sehr wichtig, dass die Installation den Respekt vor dem Denkmal ausdrückt“, sagt Batz. „Die Erinnerung ist das mentale Wiedererleben früherer Erlebnisse und Erfahrungen. Denn unsere Vergangenheit lebt in uns weiter. Die Bilder in unserem Kopf verändern sich, führen ein Eigenleben“, sagt Mastropaolo.
2009 hatte Michael Batz bereits das Reichstagsgebäude eindruckvoll beleuchtet
Der Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal sprach in seiner Rede über die entscheidenden Lehren aus dem Holocaust. Batz‘ Installation weise den richtigen Weg: „Aus Dunkelheit kommt Licht, aus der Vergangenheit kommt Zukunft, aus dem Hass kommt Liebe.“ Licht sei die „stärkste Kraft, die es gibt.“ Batz zeigte sich besonders berührt, dass auch das Wetter die passenden Signale setzte: „Zu Beginn hatten wir einen unglaublich schönen Regenbogen. Und am Ende gab es ein wunderbares Wetterleuchten.“
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Der Künstler hatte bereits 2009 den Bundestag illuminiert und die Fassaden des Reichstagsgebäudes dauerhaft in warmweißes Licht getaucht. Gegenüber ließ es die Bundesregierung anlässlich der Feierlichkeiten zu 75 Jahren Grundgesetz zeitgleich zu Batz‘ Lichtinstallation am Kanzleramt richtig krachen. „Dort gab es ein wahres Feuerwerk aus Lichtkanonen“, sagt Batz. Für das Holocaust-Denkmal sei die intime Illuminierung der richtige Weg gewesen: „Für große Botschaften braucht man keine Farbschleudern.“ Licht sei der „Anfang allen Seins. Licht ist Begegnung. Licht ist Bewegung, Licht ist Leben. Licht ist für uns alle da, ohne Unterschied.“