Hamburg. Der Ludwigshafener Rapper sorgt für ein echtes Showspektakel in Hamburg. War noch was für „Komet“-Kollege Udo Lindenberg übrig?

  • Apache trat gleich zweimal in der Barclays Arena auf
  • Künstler fuhr groß auf – mit besonderer Bühnenshow
  • Warum alle auf Udo Lindenberg warteten

„Apache bleibt gleich“ ist das Leitmotiv des Ludwigshafener Rappers und Sängers Apache 207. Und tatsächlich bleibt sein Konzert am Sonntag in der (ebenfalls am Montag) ausverkauften Barclays Arena auf dem Niveau seiner Shows im Oktober 2022 und Januar 2023 an gleicher Stelle: Ein unfassbares Spektakel, ein Karneval der Reime, ein Beat-Bowlingspiel: Alles abräumen, was abzuräumen ist.

Erneut reibt man sich die Augen, während Apache und DJ mit „Unterwegs“, „Brot nach Hause“, „Fame“ und „Kein Problem“ die bereits aufgeputschten 12.000 Fans im Innenraum durcheinanderkegeln und auf den Rängen kollektiv aus den Sitzen hebeln: Dieser Mann stand noch 2019 beim Reeperbahn Festival als (trotz des viralen Songs „Kein Problem“) weitgehend unbekannter Künstler auf der Bühne und dürfte zumindest national den größten Sprung von zero to hero in der Geschichte des Reeperbahn Festivals gemacht haben. Klar, er wird kein Ed Sheeran werden, aber 60.000 Fans auf der Trabrennbahn sollten auch für Apache realistisch sein.

Apache 207 zu Gast in Hamburg: Witzige Tankstellen-Stilisierung bei Konzert

24.000 hat er ja schon an den beiden Abenden in Hamburg im Sack. Die 24 Konzerte in zwölf Städten waren sofort ausverkauft. Und wirft man einen Blick auf die Kennzeichen des bis auf den hinterletzten Acker überfüllten Arena-Parkplatzes Rot, haben offensichtlich nur sehr wenige Einheimische eine Karte ergattern können. Noch 20 Minuten nach Konzertbeginn werden am Ticketschalter Dutzende personalisierte Karten umgeschrieben.

Mehr Spektakel geht nicht: Apache 207 schwebte in einem BMW-Cabrio zu einer zweiten Bühne im Saal der Barclays Arena, um sich dort 12.000 Fans von oben anzuschauen.
Mehr Spektakel geht nicht: Apache 207 schwebte in einem BMW-Cabrio zu einer zweiten Bühne im Saal der Barclays Arena, um sich dort 12.000 Fans von oben anzuschauen. © Feder Musik | Nik Müller | Feder Musik | Nik Müller

Passend zum Stau auf dem Parkplatz beginnt Apache mit „Unterwegs“ ausgebremst, inszeniert und filmisch begleitet wie eine Zeitreise in eigene Erinnerungen, umrahmt von einer stilisierten Tankstelle („Apache Oil“) aus Lichtmustern. Als wäre es eine Rückschau auf diesen Abend, viele Jahre in der Zukunft. Schon witzig, auch der DJ-Verschlag im Tankstellen-Kiosk.

Die Flammen und Funken, die um ihn herum bei „Unterwegs“ in Richtung Hallendecke schießen, passen nicht unbedingt zu seinen Autotune-Nachtgedanken: „Nachts im Hotel, ich chill im Bett mit Frauen, mein Manager sagt, dass er Bretter braucht, ,du gehst auf die Eins‘, er wettet drauf, sein Anruf hat mir grad den Sex versaut.“ Aber Apache ist kein Mann des Klein-Kleins. Bei seinen Konzerten braucht jedes der 24 Lieder ein gewisses Etwas. Das gewisse Extra. Und seien es „nur“ Rauchsäulen.

Apache 207 verarbeitet bei Hamburg-Konzert Euro-Dance-Hit

„Wieso tust du dir was an?“: Es knallt und brennt bei jedem Song. Die KISS-, Scooter- und Rammsteinschule, konzentriert auf nur einen Mann auf der Bühne und sein Halbplayback. Auf seine Liegestütze bei „Sport“. Danach wird für eine Umziehpause die Halle für ein Riesen-Volleyballduell geteilt, dazu schnappt der DJ sich inspiriert vom Alex-Christensen-Konzert am Vorabend den Eurodance-Heuler „More And More“. Hallo Pinneberg, bei „Vorstadt“ dürfen ausgesuchte Fans in der Tankstelle feiern.

Gitarrist Max Grund begleitete Apache 207 bei einigen Songs. Der Großteil der Musik kam aber aus dem Rechner.
Gitarrist Max Grund begleitete Apache 207 bei einigen Songs. Der Großteil der Musik kam aber aus dem Rechner. © Feder Musik | Nik Müller | Feder Musik | Nik Müller

Was haben wir noch? Konfetti, eine BMW-Cabrio-Schwebebühnenfahrt durch das Publikum bei „Bläulich“ und „Rhythm Is A Dancer“ zu einer kleinen B-Bühne mit Schlagzeuger und Gitarrist, ein passend zu den Songs farblich wechselndes Lichtermeer aus vorab an die Fans verteilten LEDs. Zeug hier, Effekt da.

„Wo ist die Kohle hin?“, fragte ein gealterter Apache aus der Zukunft im Vorfilm. Verballert für diese Tour-Produktion: „Bitte werfen Sie eine Münze ein.“ Wer hat, der kann raushauen.

Apache 207 verbreitet individuellen Stil mit Massentauglichkeit

Volkan Yaman, geboren 1997 in Mannheim und aufgewachsen in Ludwigshafen, folgt seit seinem Abitur einem nur ihm und dem engsten Kreis bekannten Masterplan, weitere Details werden hinter der obligatorischen Sonnenbrille versteckt und auch in der Prime-Dokumentation „Apache bleibt gleich“ (2022) nur angedeutet.

„Deutschraps Miro Klose“, also universaler Konsenskünstler zu werden ist die Strategie, bunte Abwechslung im Sound von Eurotrash über Elektro-Pop bis Italo-Disco. Das bedeutet in der Konsequenz der Nummer-eins-Alben „Treppenhaus“ 2020 und „Gartenstadt“ 2023 (und dem Flop „2sad2disco“ dazwischen) den gelungenen Spagat, den beim Konzert die Lieder „Coco Chanel“ und „Madonna“ beschreiben: Entwickle einen individuellen Stil und verbreite ihn mit maximaler Massentauglichkeit.

Lindenberg-Feature „Komet“ feiert endlich Hamburg-Premiere

Und dann, als letzter Song vor den Zugaben: „Komet“. Klar, eigentlich ist es unangemessen, ein Lied so besonders hervorzuheben. Aber 21 Wochen an der Spitze der Charts und 49 Wochen in den Top Ten sind einfach eine unglaubliche Rekordmarke. Es war 2023 in Deutschland der erfolgreichste Streaming-Song bei Spotify und Apple Music und das meistgeklickte Musikvideo bei YouTube. Platz zwei bei Spotify war übrigens Aylivia mit „Sie weiß“. Kein Wunder, dass Apache, Meister des Merkantilen, jetzt im April mit Aylivia die Single „Wunder“ veröffentlichte – Starttag-Streamingrekord. Die Vitrine wird bald so voll wie die von Real Madrid.

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Vorgestellt wurde „Komet“ übrigens persönlich von Apache 207 und Udo Lindenberg genau einen Tag nach dem Konzert im Januar 2023 in der Barclays Arena: Beim Auftritt in Berlin feierten die Kumpels zusammen auf der Bühne die Premiere des kommenden Hits. Sein Hamburger Live-Debüt erlebt „Komet“ also erst anderthalb Jahre später. In Udos Heimatstadt.

Apache-Fans sind bei „Komet“ nur kurz enttäuscht – denn Udo fehlt

Da im Vorfeld von Apaches diesjähriger Arenatour für die 24 Konzerte Fans als Gastsängerinnen und -sänger bei diesem Duett gesucht wurden, wäre ein Abstecher des Panikrockers auf die Bühne der Barclays Arena jetzt keine große Überraschung. Aber „die Legende Udo Lindenberg“, wie Apache sie feiert, kommt nicht, dafür eine Fansängerin. Die Enttäuschung ist spürbar in der Arena, aber nur kurz. Zack-Bumm schlagen die Pyros ein, 12.000 Stimmen sind eins, toll.

Und was soll danach noch kommen? „Ein Lied für dich“, „Angst“, „Roller“ und „Nie mehr gehen“. Dann ist nach 105 Minuten das letzte Budget für diesen spektakulären, musikalisch etwas banalen, aber unterhaltsamen Abend verprasst. Apache bleibt gleich.