Hamburg. Der Hamburger Pianist und das Wiener Kammerorchester im Großen Saal der Elbphilharmonie: Ein Fest mit einigen Überraschungen.
Nicht alle Musiker glauben an Gott, aber alle glauben an Johann Sebastian Bach. Das sagte sinngemäß der Komponist Mauricio Kagel. Der Hamburger Pianist Sebastian Knauer gehört gewiss zu dieser „Gemeinde“, er hat einige Bach-CDs vorgelegt. Und jetzt gab er ein Gastspiel im ausverkauften Großen Saal der Elbphilharmonie. Mit dabei das Wiener Kammerorchester. Im Gepäck: die Klavierkonzerte d-Moll und f-Moll von Bach, aber auch vier Konzerte des iranischen Komponisten Arash Safaian sowie Streicher-Musik von Elgar und Tschaikowski.
Elbphilharmonie: Bach kennt Sebastian Knauer aus dem Effeff
Seinen Bach kennt Sebastian Knauer aus dem Effeff. Er bringt pulsierend den rhythmischen Drive der Musik herüber. Die vielen, oft schnellen und langen, auch hin und wieder schweren Sechzehntel-Ketten bereiten ihm keine Mühe. Das kommt locker und souverän, aber auch schon manchmal ein wenig routiniert herüber. Doch zum Beispiel im langsamen Satz Largo des f-Moll Klavierkonzerts BWV 1056 horcht man auf. Wie zart lässt Sebastian Knauer da die Melodie singen und kreiert einen weiten spannungsvollen Bogen. Das Wiener Kammerorchester rollt ihm einen nicht zu lauten Streicher-Teppich aus, auf dem sich die Melodie entfalten kann. Hier kann man den Solisten gut hören. Das war in den schnellen Sätzen oft schwierig, weil die Wiener auf einen ziemlich dicken Bach-Orchester-Klang setzen.
Ein bisschen mehr historisch informiertes Spiel, wo die Musik durchsichtig bleibt und sprechend klingt und nicht nur breitwandig, wäre an diesem Abend schon vorstellbar gewesen. Mehr in seinem Element war das renommierte Kammerorchester aus Wien bei den Romantikern Elgar (Serenade e-Moll) und Tschaikowski (Souvernir de Florence).
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Im zweiten Teil ging es zurück zu Bach. Der Komponist Arash Safaian gehört auch zur Bach-Gemeinde, im Programmheft sagt er, Bach sei Musik in ihrer reinsten Form. Safaian schrieb vier Konzerte für Kammerorchester, Klavier und Vibrafon (elegant und virtuos: Morten de Friis), Titel: ÜberBach. Er hat sich Themen, Motive, Rhythmen, Harmonien von Bach genommen und verarbeitet. Dabei bleibt er ganz nah an Bach, es wirkt sehr vertraut. Neu und spannend klingen einige Momente mit ungewöhnlichen Klangfarben, etwa, wenn zwei Violinen nur mit dem Vibrafon spielen und sich das Klavier einschleicht. Aber die Momente sind rar. Meistens klingt es ziemlich soft, Bach wird mit süßlichem Streicher-Sound angereichert. Die vertrauten Melodien, darunter das berühmte „Air“, wirkten auf das Publikum. Und das geizte am Ende nicht mit Ovationen.