Hamburg. Die Camerata Hamburg zeigte in der Laeiszhalle mit Mahler ihr ganzes Können. Nur der Zuschauerandrang hielt sich in Grenzen.

Die großen sinfonischen oder gar vokal-sinfonischen Werke von Gustav Mahler findet man in den Programmen der Hamburger Camerata wegen ihrer begrenzten Ensemblegröße eher selten. Umso interessanter war es daher, am Sonntag einige Lieder und Gesänge aus Mahlers Orchesterliedern „Des Knaben Wunderhorn“ in einer Bearbeitung für Kammerorchester von Klaus Simon zu hören, die auf die Kräfte der Hamburger Camerata perfekt zugeschnitten war.

Für die Solopartie hatte man den derzeit am Staatstheater Nürnberg engagierten Bariton Samuel Hasselhorn eingeladen, der dem enormen Ausdrucksspektrum dieser Lieder aber nur zum Teil gerecht wurde. Die großen Brüche zwischen Verzweiflung, Aufschrei und fragilster Innerlichkeit zu bewältigen, erfordert eben eine ungeheure Wandlungsfähigkeit eines jeden Sängers. Gerade das als fiktiver Dialog zwischen einem Gefangenen und einem Mädchen aufgebaute „Lied des Verfolgten im Turm“ schöpfte Hasselhorn in der Charakterisierung der wechselnden Perspektiven nicht vollständig aus.

Konzert Hamburg: Camerata zeigt mit Mahler ihr ganzes Können

Unter der Leitung des ungarischen, derzeit als erster Kapellmeister am Theater Würzburg angestellten Dirigenten Gábor Hontvári war die Camerata trotz ihrer schlanken Besetzung in „Der Schildwache Nachtlied“ zuweilen so laut, dass sie den Bariton zudeckte. Bewegender geriet das bedrückende Lied „Wo die schönen Trompeten blasen“, in dem die stoisch gezupften Pizzicati der tiefen Streicher die Rückerinnerung eines dem Tod geweihten Soldaten begleiteten, oder die Ballade vom Tamboursg’sell, dessen Gang zum Galgen die Englischhorn-Bläserin Julia Real Babi im Orchester mit einem hervorragenden Solo begleitete. Wie hier, so kam auch im „Urlicht“ Hasselhorns Stimme weit besser zur Geltung als zu Beginn und er sang als Zugabe dann gleich auch noch Mahlers „Wer hat dies Liedlein erdacht?“ aus den Wunderhorn-Liedern.

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Es war ein wenig schade, dass die Laeiszhalle bei diesem Konzert nicht einmal zu einem Viertel besetzt war, denn sowohl bei Arvo Pärts „Da pacem Domine“ für Streicher als auch bei Mauricio Kagels ironischen „10 Märschen um den Sieg zu verfehlen“ für Bläser und Schlagzeug zeigte sich die Camerata von ihrer besten Seite. Das lag bestimmt auch an Hontváris einfühlsamem, zum Teil aber auch voller pfiffiger Einfälle steckendem Dirigat.

So ließ der Ungar den grotesk sich überlagernden Marschfragmenten und windschiefen Bläserakkorden mit harten Pauken- und Kastagnettenschlägen bei Kagel freien Lauf und drehte sich bei einer überraschenden Generalpause gegen Ende sogar plötzlich zum verblüfften Publikum um, das nicht recht wusste, wie es reagieren sollte. Genauso schwungvoll und kontrastreich wie Kagel, spielte die Camerata dann auch Joseph Haydns Sinfonie G-Dur Hob. I:100 „Militärsinfonie“ mit ihren zerstörerischen Ausbrüchen ausgerechnet im Allegretto voller Schlagwerk und Bläsergetöse, die die Rückkehr des zarten liedhaften Themas vom Beginn dann aber doch nicht verhindern konnten.