Hamburg. Die neunköpfige Band verband im Kleinen Saal Volkslieder mit Folk und Pop zu einem absolut begeisternden Abend und sorgte für regelrechten Rausch.

Wo zuerst hingucken? Und hinhören? Neun Menschen auf der Bühne im Kleinen Saal der Elbphilharmonie. Musiker Choi Byung Hwal etwa spielt mit Verve die Ajaeng, eine traditionelle Wölbbrettzither. Seine Linke zupft konzentriert, die Rechte streicht mit Verve einen Bogen über die Saiten. Und seine Kollegin Lee Man Wol ist wippend und euphorisch am Saenghwang zu erleben – ein Blasinstrument aus Bambuspfeifen, die wie bei einer tragbaren Miniaturorgel emporragen. Die südkoreanische Band ADG7 verknüpft schamanische Musik und Volkslieder mit Folk und Pop zu einem eingängigen psychedelischen Happening. Bis das Publikum so heftig mitgeht, dass der Saalboden bebt.

Mit ihrer Klangwelt bezieht sich ADG7 auch stark auf den Norden ihrer Heimat vor der Trennung. „Traditionelle Gesänge sind der Beweis dafür, dass Süd- und Nordkorea eine gemeinsame Sprache, dieselben Instrumente und Lieder verwendet haben – und dass wir eins sind‟, erklärt die Band im „Elbphilharmonie Magazin‟. Freiheit ist stets das Ziel. Daher hat sich ADG7 auch nach dem 70. „Gwangbokjeol“, dem Nationalen Tag der Befreiung Koreas von der Kolonialmacht Japan, benannt.

ADG7-Konzert in der Elbphilharmonie in Hamburg: „Wir sind die beste Band der Welt“

Die Geschichte schwingt immer mit bei diesem mitreißenden Auftritt im Rahmen des Internationalen Musikfests. Doch was unmittelbar wirkt, ist die entfesselte Energie der Band. Die Sängerinnen Hong Ok, Yoo Wol und Yeon Hong eilen auf die Bühne und proklamieren mit augenzwinkerndem Selbstverständnis: „Ladies and Gentlemen, we are the best band of the world.“ In ihren Gewändern verbinden sie höfische Insignien aus der koreanischen Joseon-Ära mit urbaner Mode. Mal minimalistisch, mal ausladend wiegen sie sich im Tanz. Eine eigensinnige Eleganz. Bunt und berauschend. Kraftvoll heben sich ihre Stimmen empor und verweben sich zugleich mit dem Sound des Kollektivs. Angetrieben vom knallend-krachenden Rhythmus, den Schlagzeugerin Sunwoo Barabarabarabam und Chun Gung Dal an der Trommel produzieren.

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Direkt zu Beginn animiert Hong Ok das Publikum aufzustehen und zu tanzen: „Show me what you got!‟ Ausgelassen hüpfen viele zwischen den Sitzreihen. Arme schwenken in der Luft. Der Saal schwingt. Nach dem furiosen Auftakt mit den Nummern „Whatever‟ und „Aucha‟ wird das Tempo etwas verschleppter, lässiger, auch hypnotischer. Das Vokal-Trio singt von Zaubersprüchen, die alle glücklich machen sollen. Zum Fächertanz von Yoo Wol lädt sich der Sound dann mit sattem Funk auf und driftet sogar kurz in akzentuierten Breakbeat.

Konzert in der Elbphilharmonie: Neben Musik gibt es auch einen Koreanischkursus

Die Gesänge der drei fließen melodisch, klingen mitunter aber auch wie Jubelausbrüche, wie Stimmengewirr in einer Straßenmenge, wie eindringliche Beschwörungen. Eine Art popkulturelles Ritual, das höchst unterhaltsam ist. Das Publikum wird lautmalerisch zum Mitsingen animiert. Einen kleinen Koreanischkursus („Hallo‟ – „Annyeonghaseyo‟) gibt es ebenso wie freejazzige Instrumentaleinlagen, bei denen unter anderem Musiker Meondongmaru an der Zither Gayageum brilliert.

Beim „Löwentanz‟ kommt das Spiel von Kim Yak Dae auf der Bambusflöte Daeguem besonders schön und eindringlich zur Geltung. Zum Finale baut ADG7 mit „Hello, Lonely‟ noch fiebrigen Swing mit in ihren Stilmix ein. Warum nicht? Alles geht, alles groovt. Mit Standing Ovations und viel Jubel verabschiedet Hamburg diese beeindruckende Band.