Hamburg. In der Fabrik gab der inzwischen 70 Jahre alte Spätzünder ein großartiges Konzert, bei dem er Teile des Publikums charmant anflirtete.

Er ist ein Spätzünder. Erst vor acht Jahren erschien das Debütalbum von Robert Finley mit dem selbstironischen Titel „Age Don‘t Mean A Thing“. Da war der Sänger aus Louisiana bereits 63 Jahre alt. In seinem Beruf als Zimmermann konnte er nicht mehr arbeiten, weil er halb erblindet war. Aber er hatte den Blues. Bei einem Straßenauftritt in Arkansas wurde Finley entdeckt, Dan Auerbach von den Black Keys nahm ihn für sein Easy-Eye-Label unter Vertrag und hat alle vier Alben des Sängers veröffentlicht.

Robert Finley: Der Bluesrentner, der nicht nur „die schönen Frauen“ begeistert

Nun steht Finley auf der Bühne der Fabrik und erzählt dem begeisterten Publikum aus seinem Leben. In „Sharecropper‘s Son“ davon, dass seine Eltern ihn als Siebenjährigen nicht zur Schule geschickt haben, weil auf den gepachteten Feldern zu viel zu tun war und auch die Kinder mit anpacken mussten, oder in „Alligator Bait“ von einem Ausflug mit seinem Großvater in die Sümpfe Louisianas, wo es vor Alligatoren nur so wimmelt.

Finley hat harte Zeiten hinter sich, davon singt er in seinen Liedern. Und er geizt nicht mit den Weisheiten: Genieße jeden Tag, der dir vergönnt ist! Achte auf deine Familie und deine Freunde! Verschwende nicht deine Zeit! Finley, im glitzernden Jackett, mit Cowboyhut und Sonnenbrille, verfügt über eine warme Baritonstimme, aber er schafft es auch mühelos ins Falsett.

Er ist nicht nur ein formidabler Sänger, sondern auch ein charmanter Showman. „Ich kann euch zwar nicht sehen, aber ich kann euch hören. Und ich vermute, es sind eine Reihe schöner Frauen im Publikum“, schäkert er mit seinen Zuhörerinnen. Liebe und Sex sind ebenfalls beliebte Themen im Blues-Genre. „You Got It And I Need It“ ist eine dieser ziemlichen eindeutigen Nummern, die Finley mit ironischem Unterton anstimmt.

Robert Finley in der Fabrik: Ans Himmelreich scheint er nicht so recht zu glauben

Auch der Gospel hat seine Spuren in Finleys Songs hinterlassen. Sein „Gospel Blues“ vom aktuellen „Black Bayou“-Album ist jedoch kein Ausdruck von Gottgefälligkeit, sondern ein Schuldeingeständnis in Sachen Alkoholgenuss. Finley tröstet sich mit der Aussicht: „Wenn ich erst mal im Himmel bin, sind meine Sorgen vorbei.“ Doch so richtig ans Himmelreich glaubt der Bluesmann nicht, dafür lebt er zu sehr im Diesseits.

Begleitet wird der schwarze Künstler von einer dreiköpfigen Band um den exzellenten Gitarristen Josh Cournoyer, der zur Musikerszene von Nashville gehört, und von seiner ältesten Tochter Christy Johnson. Sie betreut den Vater und geleitet ihn von der Bühne in den Backstage-Bereich, sie singt im Background und bekommt auch Gelegenheit, sich bei zwei Nummern selbst zu präsentieren. Johnson hat eine umwerfende und kräftige Stimme und zeigt das bei den Klassikern „I‘d Rather Go Blind“ und „Take Me To The River“.

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90 Minuten lang entführen Robert Finley und seine Musiker das Publikum in den Süden der USA mit seinen Mangrovenwäldern und Sümpfen und dem harten Leben auf den Baumwollfeldern. Auch mit inzwischen 70 Jahren ist er immer noch ein „Country Boy“, Finley weiß, wovon er singt. Das macht seine Songs so mitreißend.