Hamburg. Die Sängerin und Bassistin ging mit ihrer achtköpfigen Band in der ausverkauften Laeiszhalle auf eine ausgedehnte Zeitreise.

Suzi Quatro hat noch keinen Ton gespielt, da springen die ersten bereits vor Begeisterung auf. „All the way from Detroit, USA: Miss Suzi Q“ wird die Frau, die in den 70ern dem Glamrock ein weibliches Gesicht gab, angekündigt, und Jubel brandet auf in der ausverkauften Laeiszhalle.

Suzi Quatro in der Laeiszhalle: Begeisterung schon vor dem ersten Ton

Die Pailletten funkeln auf ihrer hautengen Jeans, dann legt sie los, als wolle sie den ehrwürdigen Saal mal kurz in Schutt und Asche legen: „The Wild One“, „I May Be Too Young“, „Daytona Demon“, „Tear Me Apart“ als atemloser Nonstop-Opener: Da drehen nicht nur die Hardcore-Fans durch, die sich an diesem Abend mit einem verblichenen Suzi-Quatro-T-Shirt aus lange vergangenen Tagen schmücken. Auch deutlich Jüngere im Wacken-Hoodie feiern eine Frau, deren kommerziell erfolgreichste Zeit schon 50 Jahre zurückliegt. Und die damals, wie sie lächelnd erzählt, das erste Mal in der Musikhalle auftrat.

Wenn man Suzi Quatro auf der Bühne erlebt, sieht, mit welcher Freude und Energie sie nicht nur alte Hits, sondern auch aktuelles Material spielt, wie sie ihren Bass beackert und dabei stets ein Lächeln im Gesicht trägt, mag man kaum glauben, dass sie in nur einem Monat ihren 74. Geburtstag feiert. Der Rock ‘n‘ Roll als Lebenselixier? Bestimmt, aber es kommen wohl auch gute Gene dazu.

Suzi Quatro: Mädchen wollten so sein wie sie, Jungs ein Date mit ihr haben

Wer heute 60 oder ein wenig älter ist, den hat Suzi Quatro in der Kindheit und Jugend begleitet. Damals, Mitte der Siebziger, war sie ein Superstar, hatte Tophit auf Tophit, gewann insgesamt sechs „Bravo“-Ottos und war dem Magazin sogar einen seiner legendären lebensgroßen Starschnitte wert, der dann in Zehntausenden Jugendzimmern hing. Im engen Lederoutfit und mit einer Stimme irgendwo zwischen Atemlosigkeit und Aggression war Suzi Quatro mehr als nur der weibliche Gegenpart zu Glamrock-Größen wie The Sweet und Slade: Mädchen wollten so sein wie sie, Jungs ein Date mit ihr haben.

Kracher wie „48 Crash“ und „Can The Can“ haben bis heute nichts von ihrer Wirkung verloren, auch wenn Suzi Quatro natürlich stimmlich gealtert ist – lässt sich ja nicht vermeiden. Aber sie entfaltet immer noch ordentlich Druck und ist, so scheint es, nicht wirklich angewiesen auf die zwei Background-Sängerinnen und die drei Bläser, die zu ihrer inzwischen achtköpfigen Band gehören. Da muss wenig kaschiert werden: Rockröhre bleibt in diesem Fall Rockröhre. Stark auch, wie sie nach der Pause minutenlang nur vom Schlagzeug begleitet ihren Bass bearbeitet. Einfach nur hübsche Frontfrau war Suzi Quatro eben nie, sie konnte immer auch verdammt gut spielen.

Suzi Quatro: Zum Finale gibt es noch einmal die geballte Ladung Hits

In der Laeiszhalle fächert sie an diesem Abend ihre lange Karriere auf und nimmt im Mittelteil damit etwas zu sehr das Tempo raus. Da gib es dann Songs aus den 2000er-Jahren, die musikalisch gut sind und ordentlich rocken, aber eben nicht den Ach-ja-damals-Effekt ihrer großen Hits haben. Und sie rekapituliert ausführlich die vergangenen Jahrzehnte, erzählt vom Aufwachsen in Detroit, vom Umzug nach Großbritannien, nachdem sie den Produzenten Mickie Most getroffen hatte, von Auftritten in TV-Serien und Musicals, von Büchern, die sie geschrieben hat und der Ehrendoktorwürde, die ihr unlängst zuteilwurde.

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Aber zum Finale – inzwischen trägt sie wie früher einen schwarzen Ledereinteiler – gibt es dann noch einmal die geballte Ladung Hits: „Can The Can“, „Devil Gate Drive“, „If You Can‘t Give Me Love“. Alles steht, alles singt, strahlende Gesichter rundum, als der „Sweet Little Rock ‘n‘ Roller“ zum rauschenden Finale bittet, das in eine gefühlvolle Version des Eagles-Hits „Desperado“ mündet. Ein mit zweieinhalb Stunden (inklusive Pause) langer Abend, eine schöne Zeitreise. Und wer diese fast 74-Jährige erlebt hat, weiß.: Das hier war noch lange nicht das Ende.