Hamburg. Zu wenig Profil: Der „Fast Lane“-Klavierabend mit dem japanischen Pianisten Mao Fujita im Kleinen Saal der Elbphilharmonie.

Manche Künstler-Karrieren passieren und wachsen musikalisch aus sich heraus, andere scheinen doch eher von außen, als kühl kalkulierte Vermarktungsmaßnahme entworfen. Im Dortmunder Konzerthaus, um ein aktuelles Beispiel zu nennen, ist der Pianist Mao Fujita gerade in die vermeintliche Aufreger-Reihe „Junge Wilde“ einsortiert worden, der 25-jährige Japaner gilt momentan bei manchen als Must-have-Name im Spielplan. An seinem „Fast Lane“-Soloabend im Kleinen Saal der Elbphilharmonie, die für Hoffnungsträger und die bestimmt bald Großen von morgen eingerichtet wurde, wollte dieses flotte Etikett allerdings so gar nicht haften, im Gegenteil. Funkensprühend und nachhaltig reibungsstark war da, erstaunlicherweise, eher wenig.

Elbphilharmonie: Mao Fujita, ein „Junger Wilder“ am Klavier? Eher nicht

Eines Großteils des weit aufgefächerten Programms – von einer Mozart-Sonate über Schumanns „Kreisleriana“ als Mittelpunkt und etwas Chopin bis zu frühem Prokofiew – entledigte sich Fujita mit leicht lethargischer Unfassbarkeit. Allzu harmlos, mitunter ziellos konturenblass vor sich hin brillierend, wo es das Notenmaterial hergab. Spielen kann er, ganz bestimmt kann er das – doch ihm schien nicht immer durchgängig klar, warum. Und wohin. Und wie. Und das ist dann doch zu wenig.

Mozarts lyrisch gehaltene B-Dur-Sonate KV 315 versank also tief in Watte, Fujita schien dort auf dem klangvernebelnden Una-corda-Pedal des Flügels dauerparken zu wollen. So verniedlichte er diese Sonate unnötig, überzuckerte sie, anstatt sich interessant mit den gestalterischen Möglichkeiten und ihrer Ästhetik auseinanderzusetzen.

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An sich reizend, hier aber eigenwillig exotisiert, war „Les fêtes“, eine der Ton-Postkarten aus den französischen Pyrenäen, die der Debussy-Zeitgenosse Déodat de Severac als impressionistische Landschaftsmalereien in seinen „Études pittoresques“ schrieb. Fujita arbeitete die warm flirrenden Farben fein heraus, doch der eigentliche Gefühligkeitsschleier wollte sich immer noch nicht verziehen.

Mao Fujita in der Elbphilharmonie: Schumanns „Arabeske“ blieb eine Mauerblümchen-Schönheit

Chopins Fis-Dur-Barcarolle als romantisches Träumereichen dazwischen, und dann Prokofiews op. 1, als die noch gelungenste und konkreteste Programm-Portion dieses Klavierabends. Denn hier zwang die aufbrausende Form zur mitunter explosiven Energieentladung, vollgriffig und energisch, hier gab es nichts zu vertändeln, keinen erleichternden Umweg um die Substanz und die Herausforderungen. So weit, so uneinheitlich.

Schumanns „Arabeske“ blieb bei Fujita eine kleine Mauerblümchen-Schönheit, die aus ihrer Gefälligkeitspose nicht herauskam, weil Fujita dafür nicht genügend Profil und Schärfe gab und zu wenig gesanglich Empathie hören ließ. Diese Charakterisierungsschwäche setzte sich im deutlich umfangreicheren „Kreisleriana“-Zyklus fort.

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Dort fehlten Fujita die Pranken, mit denen man heroisch und strahlend durch das erste Charakterstück kommt; das zweite, einer dieser kleinen Ohrwürmer von Schumann, hatte einigen Charme. Danach aber ging es zu undifferenziert weiter, bis das letzte Kurzporträt sein Leben aushauchte. Großer Jubel dennoch, zwei Zugaben. Aber für einen Freifahrtschein für die Überholspur Richtung Weltkarriere wäre es noch viel zu früh.

Aktuelle Aufnahme: Mozart „Sämtliche Klaviersonaten“ (Sony Classical, 5 CDs, ca. 34 Euro)